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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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getragen, aber
niemand erinnerte sich mehr daran. In den letzten dreihundert
Jahren war sie im gesamten Reich unter dem Namen Parade
der Endlosen bekannt geworden, die Stadt der Arena und der
Spiele. Es war keine besonders große Stadt, wenn man die
Maßstäbe von Golgatha zugrunde legte, aber sie wuchs in
jedem Jahr ein wenig, weil neue Bürger sich von ihr angezogen fühlten wie Fliegen von verrottendem Fleisch. Es gab dort
Spielhallen und Vergnügungspaläste, künstliche Realitäten
und PSI-Trips, Wunder, Schauspiele und Kuriositäten, die die
Vorstellungskraft bei weitem übertrafen, aber niemand kam
nur deswegen nach Parade der Endlosen . Das waren nur die
Appetitanreger, die Vorspeisen, etwas, um den Gaumen anzuregen und die Sinne zu wecken, bevor man zu etwas Stärkerem überging.
    Im Zentrum der Stadt, tief in ihrem blutigen, dunklen Herzen, lag die Arena: ein weites, offenes Rund aus sorgfältig
geglättetem Sand, umrandet von nach außen ansteigenden
Sitzreihen. Die Arena wurde durch eine Reihe von Kraftfeldern sorgfältig vom Rest der Stadt abgeschirmt. Sie wurden
immer nur eines nach dem anderen gesenkt und gleich darauf
wieder hochgefahren. Es war schwierig, in die Arena zu gelangen, aber noch schwieriger war es, sie wieder zu verlassen.
Wer hier lebte, verließ sie niemals. Wer hier lebte, der hatte
seine eigenen Plätze in den Zellen, Kammern und verwinkelten Korridoren tief unterhalb der Arena. Die Gladiatoren
schwelgten in relativem Luxus, während sie ihre Kampfkünste trainierten und von Ruhm und Ehre träumten. Trainer und
Stab wohnten in einfacheren Räumlichkeiten, von wo aus sie
für den glatten Ablauf der Veranstaltungen sorgten. Gefangene warteten in den dunklen Zellen des untersten Geschosses
auf ihr Schicksal. Sie wußten, daß sie das Tageslicht nicht
wieder erblicken würden, bis man sie stolpernd hinaus auf den
blutigen Sand der Arena stieß. Gefangene gab es immer.
Menschen, Klone, Esper und Fremdrassige. Futter für den
unersättlichen Appetit der Massen.
    Von überall im Reich reisten die Menschen nach Parade
der Endlosen , um in der Arena Blut und Leid zu sehen und
wie die Karten von Leben und Tod nach den antiken Regeln
der Vorväter ausgespielt wurden. Weitere Milliarden verfolgten die Spiele jede Nacht zu Hause auf ihren Holoschirmen.
Aber für die wahren Freunde der Schauspiele, die Kenner,
war bloßes Sehen nicht genug. Sie mußten persönlich anwesend sein, mußten mit eigenen Augen sehen, die Atmosphäre
in sich aufnehmen und die Lust auf Blut riechen, wenn die
Menge ihren Lieblingen zujubelte, die Unfähigen niederschrie
und einen weiteren Tod forderte. Die Massen hatten immer
ihre Lieblinge, aber es war ein ehernes Gesetz, daß sie das
nicht lange blieben. Das war auch der Grund, aus dem die
Stadt ihren Namen hatte: Parade der Endlosen . Helden kamen
und gingen, aber die Spiele überdauerten.
    Die Stadt war auch in anderer Hinsicht einzigartig. Sie war
die einzige Stadt auf Golgatha, die nicht von einem Clan beherrscht wurde. Die Imperatorin sorgte durch subtile Drohungen und weniger subtile Säuberungsaktionen dafür, daß die
Spiele fair und unvoreingenommen blieben. Jedermann erhielt
die gleiche Chance, auf dem blutgetränkten Sand der Arena
zu sterben. Sonst hätte die Arena auch kein Vergnügen bereitet. Die Parade der Endlosen war auf diese Weise zu einem
neutralen Gebiet geworden, einem Ort, an dem sich verfeindete Familien ehrenhaft treffen und miteinander reden konnten.
Die Clans ließen ihre Differenzen durch Stellvertreter in der
Arena austragen. Man bewahrte das Gesicht, und der Ehre
wurde Genüge getan. Wenn es dann für die Stellvertreter hart
wurde … nun, niemanden kümmerte es. Jedenfalls niemanden, der wichtig war.
    Als Gegenleistung für dieses Ventil entrichteten die Familien großzügige Beiträge zur Aufrechterhaltung des Arenabetriebes und seines Stabes. Noch mehr Geld floß allerdings in
die Schatullen der Arena aufgrund der nie versiegenden Spielleidenschaft der Clans. Täglich wurden Vermögen gewonnen
und verloren, wenn die Familien hohe Wetten zugunsten ihrer
Gladiatoren und wegen der Ehre abschlossen. Die Kämpfer
waren immer bezahlte Leute. Familienmitglieder würden
nicht im Traum daran denken, in der Arena zu kämpfen. Es
war eine Sache, in einem formellen Duell sein Leben zu riskieren; sich vor den Massen und zu ihrem Vergnügen zu erniedrigen, das war etwas ganz anderes. Außerdem war es

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