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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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ersetzen.
Er stieß die Tür auf und schlenderte lässig in den Laden, als
gäbe es überhaupt keine Sorgen in der Welt. Innen war es
finster. Jemand hatte die Schaufenster polarisiert, um die
Sonne draußen zu halten. Valentin ließ die Tür hinter sich ins
Schloß gleiten und blieb bewegungslos stehen. Er konzentrierte sich auf eine bestimmte Art und Weise, und auf seinen
mentalen Befehl hin öffneten sich tief in seinem Kreislauf
gehorsam Drogenspeicher und entließen ihren Inhalt in seinen
Körper. Frisches, sauerstoffangereichertes Blut strömte in
seine Muskeln und ließ sie leicht anschwellen, bereit zum
Handeln. Seine Sinne schärften sich, und die Schatten vor ihm
begannen, ihre Geheimnisse zu enthüllen. Sie waren zu
zwölft. Regungslos verharrten sie im hinteren Teil des Ladens. Zwei hatten Georgios gepackt und hielten ihm den
Mund zu. Valentin roch Georgios’ Furcht und die Anspannung der anderen. Er konnte die leisen, unbewußten Bewegungen der anderen hören, die sich in der Finsternis sicher
fühlten. Valentins Lächeln wurde ein wenig breiter. Es gab
keine Sicherheit für seine Gegner. Sie waren schon tot. Alle.
Sie wußten es nur bis jetzt noch nicht. Er räusperte sich höflich.
»Hallo? Kann vielleicht jemand das Licht einschalten? Hier
ist ein Freund. Wir können uns im Dunkeln nicht unterhalten.«
»Wie kommt Ihr darauf, daß wir uns mit Euch unterhalten
wollen?« fragte eine Stimme, die sich – vergeblich – um kultivierten Klang bemühte.
»Wenn Ihr Assassinen wärt«, erwiderte Valentin ruhig,
»dann hättet Ihr mich in dem Augenblick ermordet, als ich
den Laden betrat. Daher nehme ich an, Ihr habt etwas mit mir
zu besprechen. Fangt also an. Ich bin in Eile. Ich habe eine
Verabredung.«
Plötzlich flutete Licht durch den Laden, als eine der düsteren Gestalten die Fensterpolarisation abschaltete. Die hellen
Sonnenstrahlen enthüllten ein Dutzend Ganoven, die Valentin
aus dem hinteren Bereich des Ladens arrogant angrinsten. Ihre
Oberkörper waren nackt, damit sie ihre schwellenden Muskeln und andere Aufrüstungen besser zur Schau stellen konnten, die sie in billigen Läden der dunklen Seitengassen der
Stadt erstanden hatten. Sie hatten ihr Haut alle in dem gleichen, überwältigenden elektrischen Blau gefärbt, und um zu
demonstrieren, zu welcher Bande sie gehörten, war auf jeder
Brust ein leuchtend silberner Totenschädel eintätowiert. Es
gab ein Dutzend weniger schmerzvoller Methoden, um sich
die Brust zu verzieren, aber genau der Schmerz war es, worauf es ankam – eine Art Initiierungsritual, eine Demonstration
von Mut und Hingabe. Tätowierungen hielten ein ganzes Leben. Genau wie die Zugehörigkeit zu einer Bande.
Valentin erkannte sie auf der Stelle. Es war, wie er vermutet
hatte. Die Dämonen. Eine der größeren Straßenbanden, die in
den dunkleren Bezirken der Stadt ihr Unwesen trieb. Es gab
Tausende von Burschen in Hunderten von Banden; zu jung,
zu ängstlich oder zu schlau, um sich von den Verlockungen
der Arena verführen zu lassen, verdienten sie sich ihren Lebensunterhalt damit, daß sie sich an jeden verkauften, der Bedarf an Schlägern hatte. Wenn man genügend zahlte, machten
sie auch andere Dinge. Die Banden kämpften ständig untereinander um Territorien, Frauen oder Ehre – was auch immer
sie für Ehre hielten; wie oben, so auch unten: die niedrigeren
Stände äfften die Noblen nach. Sie befaßten sich auch mit
Schutzgelderpressungen und Taschenspielereien, wenn die
Dinge ruhig waren, aber im allgemeinen hatten sie genug
Verstand, um sich nicht mit den Familien anzulegen. Woraus
Valentin schloß, daß jemand ein kleines Vermögen gezahlt
hatte, um ihm diesen Hinterhalt zu legen. Was, wenn es schon
zu nichts anderem gut war, wenigstens den Kreis der möglichen Urheber einengte.
Valentin ließ sich Zeit, die Dämonen zu studieren. Es schien
ihm unangebracht, so zu tun, als wäre er auch nur eine Spur
nervös oder unsicher. Manche der Schläger schienen genetisch verändert worden zu sein. Sie hatten ihre Körper wohl
skrupellosen Medizinern geliehen, die immer Versuchskaninchen für ihre Experimente gebrauchen konnten. Mißgestaltete
Gesichter und Körper waren die Narben derer, die Glück gehabt hatten. Sie lebten wenigstens noch. Manche besaßen verkrüppelte Hände oder nadelspitze Zähne, andere bewegten
sich zuckend und unkontrolliert, was auf hochgezüchtete Adrenalindrüsen schließen ließ. Alle trugen ihre kleinen

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