Der eiserne Tiger
nichts
weiß?«
»Man weiß nie genau, was
in diesem Manne vorgeht, und der Pathane ist so stur, wie es für
diesen Stamm typisch ist.«
»Haben denn die üblichen Methoden, Leute zum Sprechen zu bringen, nichts ergeben?«
»Das braucht alles seine Zeit,
Herr General. Im übrigen müssen wir Drummond schonen; denn er
wird sich in Peking noch einem viel eingehenderen Verhör
unterziehen müssen.«
»Wie das?«
»Es steht fest, daß er für den britischen Geheimdienst tätig war.«
»Ich verstehe.«
Cheung zögerte. »Bevor ich mich auf den Weg mache, möchte
ich es gern noch ein letztes Mal versuchen, falls
sie doch über Informationen verfügen, die für uns von
Wert sein könnten. Es gibt da einen kleinen Trick, mit dessen
Hilfe man oft bemerkenswerte Ergebnisse erzielt. «
»Das klingt ja sehr
interessant«, bemerkte General Ho Tsen. »Ich werde Sie
begleiten, Oberst. Wir wollen hoffen, daß ich meine Zeit nicht
damit verschwende.«
Der Wind, der über den
Fluß fegte, stach wie ein Bajonett in den Rücken. Drummond
schauerte, als die scharfen Windstöße ihm zusetzten. Er
bewegte vorsichtig die Hände, um seine verkrampften Muskeln zu
lockern. Ein schneidender Schmerz durchfuhr ihn. Der Draht, mit dem
seine Handgelenke umwickelt und zusammengebunden waren, schnitt ihm
tief ins Fleisch.
Neben ihm war Hamid. Neben diesem
weinte einer von Sher Dils Soldaten in zerrissener Uniform leise vor
sich hin. Immer wieder wurde er von Hustenanfällen
geschüttelt. Dann lief ihm Blut aus dem Mund. Nach einer Weile
fiel er vornüber aufs Gesicht und rührte sich nicht mehr. Die
Wachtposten unterhielten sich ein paar Meter entfernt und nahmen das
gar nicht zur Kenntnis.
Die Ketten von zwei Halbraupenfahrzeugen gruben sich in den
Schlamm. Dreißig oder vierzig Meter von
ihnen entfernt kamen sie zum Stehen. Auf jedem befand sich etwa ein
Dutzend Männer. Jedes war mit einem schwenkbaren Maschinengewehr
ausgerüstet. Das schwere Geschütz wirkte furchterregend.
Drummond, der im Schlamm kniete,
lehnte sich auf die Fersen und sah die Reihe der anderen knienden
Männer entlang. Es waren mindestens dreißig, zumeist
Soldaten Sher Dils, aber auch einige Einheimische, bei denen man Waffen
gefunden hatte. Im Geiste sah er, wie einer nach dem anderen nach vorn
kippte, wie das Geschütz die Reihe niedermähte und ihm immer
näher kam. Ein
Schauer lief ihm über den Rücken.
Da kam ein Jeep angefahren und hielt
hinter den Truppentransportern. Hamid flüsterte rasch: »Wir
kriegen Gesellschaft, Jack.«
Cheung kam auf sie zu. An seiner
Seite schritt General Ho Tsen. Als sie bis auf ein paar Meter an sie
herangekommen waren, blieben sie stehen. Der General fragte ganz ruhig:
»Sind das die Männer?«
Cheung nickte. »Und beide sprechen chinesisch.«
»Ausgezeichnet.« Der
General trat zu ihnen. »Meine Herren, wir wollen keine Zeit mehr
verlieren. Ich empfinde diesen Regen als äußerst unangenehm.
Wir müssen wissen, wo sich der katholische Geistliche und der
junge Khan aufhalten. Wenn Sie vernünftig sind und uns helfen,
werde ich dafür Sorge tragen, daß man Sie gut behandelt.
Wenn nicht...«
Sprachlos sahen Drummond und Hamid zu
ihm auf. Cheung seufzte verärgert. »Sie sind ein verdammter
Narr, Jack«, sagte er auf englisch. »Aber das bin ich ja
von Ihnen gewöhnt. Wir haben Ihren Jeep in Quala gefunden. Das
bedeutet, daß sie den Fluß überquert haben. Aber ich
kann Ihnen versichern, daß sie nicht weit kommen werden.«
Damit wandten er und der General sich
ab und gingen zu den Truppentransportern zurück. Ho Tsen stieg
wieder in den Jeep, und Cheung blickte zu dem Feldwebel auf, der neben
dem schweren Geschütz des ersten Raupenfahrzeugs stand.
»Sie wissen ja, wie Ihre
Befehle lauten. Stellen Sie das Feuer ein, bevor es den Inder und den
Engländer erwischt. Wenn Sie einen von den beiden verletzen,
kostet Sie das den Kopf.«
Dann stieg er neben dem General ins
Fahrzeug. Ho Tsen lächelte und bot Cheung eine Zigarette an.
»Sie hatten recht, Oberst. Das wird seine Wirkung sicher nicht
verfehlen.«
Drummond senkte den Blick, starrte in
den Schlamm und war schon ganz gefühllos vor Kälte. Er harrte
der Dinge, die da kommen sollten. Er dachte an Father Kerrigan, Janet
und den Jungen auf der anderen Seite des Flusses. Sie befanden sich
irgendwo da drüben in dem undurchdringlichen Nebel.
Drummond hoffte inständig,
daß der alte Mann
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