Der eiserne Tiger
Fahrzeuge konnten auf ihr nicht aneinander vorbei. Je mehr sie sich der Brücke näherten, desto ebener wurde die Straße. Die Lastwagen vor ihnen verlangsamten die Fahrt und hielten schließlich an. Auch Achmed trat auf die Bremse.
»Ich werde mal nachsehen, was da los ist«, sagte Drummond und sprang aus dem Lastwagen.
Sher Dil beugte sich über das Brückengeländer und untersuchte die rostigen Stahlträger. Dann wandte er sich an Drummond.
»Der Traum eines Sprengmeisters. Die Chinesen würden sehr lange brauchen, um eine neue Brücke zu bauen.«
»Haben Sie vor, die Brücke selbst in die Luft zu sprengen?«
»Ja, warum nicht? Das dauert nicht lange. Natürlich müssen wir erst hinüber.«
Als Drummond zu dem Lastwagen zurückging, beugte sich Hamid aus dem Führerhaus des Versorgungslasters. »Was führt er denn im Schilde?«
»Er will die Brücke hochgehen lassen. Was hältst du davon?«
»Ich halte das für eine glänzende Idee. Dadurch wäre die Straße monatelang blockiert.«
»Andererseits lenken wir dadurch aber auch die Aufmerksamkeit auf uns.«
»Was macht das schon? Wer vor uns ist, dem laufen wir sowieso früher oder später in die Arme - ganz gleich, ob wir nun die Brücke in die Luft jagen oder nicht.«
Drummond ging zu dem ihm zugeteilten Laster zurück und stieg wieder zu Achmed ins Führerhaus. Sie fuhren vorsichtig über die Brücke und am anderen Ufer langsam den Hügel hinauf. Sobald sie über die Hügelkuppe waren, sahen sie, daß Sher Dil ein Stück weiter hielt. Sie folgten seinem Beispiel. Amal und Brackenhurst hielten hinter ihnen.
Völlig verschreckt und mit angespanntem Gesicht trat Brackenhurst zu ihnen. »Warum halten wir denn hier?«
»Ich habe beschlossen, die Brücke in die Luft zu sprengen, bevor wir weiterfahren«, erklärte Sher Dil, der sich auch zu ihnen gesellt hatte.
Auch Father Kerrigan war zu ihnen getreten. Janet blieb im Führerhaus sitzen. Sie hatte den Arm um den kleinen Kerim gelegt, der neben ihr saß.
»Aber um Himmels willen!« fuhr Brackenhurst auf. »Haben wir denn noch nicht genug Zeit verloren?«
»Die Chinesen werden noch viel mehr Zeit verlieren, wenn wir die Brücke sprengen«, erklärte Sher Dil geduldig. »Wir nehmen den Sprengstoff aus meinem Lastwagen - die Granaten und Sprengsätze. Sie können mir alle dabei helfen. Zuerst müssen wir das Zeug schnell abladen.«
Er wandte sich an Father Kerrigan. »Sie bleiben bei Miß Tate
und dem jungen Khan. Es wird nicht lange dauern.«
Er setzte sich selbst ans Steuer, wendete und fuhr den Hügel wieder hinab. Als sie die Brücke erreicht hatten, wendete er wieder und fuhr dann rückwärts bis zur Mitte. Drummond und Hamid stiegen über die Ladeklappe hinten hinein und reichten den anderen die Kisten und Schachteln hinab. Sie arbeiteten schnell. Immer wenn Drummond Brackenhurst eine Schachtel hinunterreichte, fiel ihm auf, wie dieser schwitzte.
»So, das war's«, sagte Sher Dil schließlich und begutachtete die Kisten, die sich auf der Brücke stapelten. »Wenn das alles detoniert, hört man es bis Sadar.«
»Und was nun?« fragte Hamid.
»Ich werde die Zünder selbst anbringen und die Zündschnur verlegen. Unteroffizier Nadin und Amal können bleiben und mir dabei helfen. Die anderen gehen besser wieder den Hügel hinauf. Aber Sie müssen laufen. Den Lastwagen brauchen wir, um schnell genug wegzukommen, wenn alles in die Luft fliegt.«
Brackenhurst ließ sich das nicht zweimal sagen und rannte gleich über die Brücke davon. Nadin rührte sich nicht von der Stelle. Mit angstverzerrtem Gesicht sah er Sher Dil an. Dieser warf ihm eine Rolle Zündschnur zu, die der Inder vor Aufregung fast fallen ließ.
»Reißen Sie sich doch zusammen!« fuhr Sher Dil ihn an. »Je eher wir hier fertig sind, desto eher können wir weiter.«
Oben auf dem Hügel angekommen, wandte sich Drummond um und sah hinunter. Die Brücke und der Lastwagen sahen aus dieser Entfernung so winzig wie Spielzeug aus. Alles schien so unwirklich, daß Drummond zu träumen glaubte.
Hamid kam mit Sher Dils Feldstecher den Hügel hinauf. Er setzte sich auf einen Baumstumpf, stellte den Feldstecher scharf ein und suchte, bis er die Brücke und den Lastwagen vor Augen hatte.
»Wie steht's da unten?« fragte Drummond.
»Er bringt die Sprengsätze an. Nadin macht einen völlig verängstigten Eindruck. Und Amal erscheint mir
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