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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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wirklich keine Träne nachweinen.«
    Zu früh ließ sie die Waffe sinken, denn die Tür zum Kontrollraum wurde aufgerissen, und mit dem Regen schlitterte ein Mann herein, der genauso aussah wie Harvest.
    Er war bis an die Zähne bewaffnet, und sofort flogen Kugeln. Eine volle Ladung durchlöcherte Jawbone, bis ihr kleiner Körper erst zitternd, dann leblos auf der Konsole landete. Erst dann war der Mann mit ihr fertig und drehte sich zu Zee um.
    Ich hechtete durch den Raum und hatte dabei das Gefühl, mich in zwei Hälften gespalten zu haben, denn die zweite blieb reglos stehen und beobachtete alles. Die erste Hälfte war allerdings verdammt schnell.
    Ich rammte den Mann genau in der Sekunde, als er den Abzug durchdrückte, und riss ihn von den Füßen. Seine Waffe richtete sich an die Decke und durchlöcherte sie. Plötzlich bekam ich Helfer – Zee und ihre Mutter. Wir vier wurden zu einem Menschenknäuel, in dem nur ein Gehirn die Oberhand behalten konnte.
    Ich schlug und kratzte nach der wächsernen Haut des Mannes, während ich gleichzeitig an seiner Waffe zerrte, bis ich sie in den Händen hielt, den Finger am Abzug. Mühsam stemmte ich mich auf die Knie hoch und bohrte ihm den Lauf ins Gesicht, wobei ich darauf achtete, dass er die Waffe schön deutlich vor sich sah.
    »Wo seid ihr hergekommen?«, schrie ich. Das erschreckte die Frauen so sehr, dass sie hastig Platz machten.
    Der Mann starrte mich ausdruckslos an. Sein Gesicht schien völlig blutleer zu sein. Er sah aus wie Harvest. Verdammt, er
war
Harvest. Und gleichzeitig auch nicht. Nicht ganz. Der Ausdruck in seinen Augen war anders.
    »Wo bringt ihr sie hin?«, versuchte ich es wieder, lehnte mich vor und drückte die Waffe noch fester gegen seine Wange.
    »Er kann es dir nicht sagen.«
    Überrascht wirbelte ich herum. Ich war so baff, dass mir die Kinnlade runterhing. Hina hatte gesprochen, dabei hatte ich bislang nie auch nur den kleinsten Ton von ihr gehört.
    »Was soll das heißen, er kann es mir nicht sagen?«
    »Den Körper können sie kopieren«, erklärte sie. »Aber nicht den Verstand.«
    Fassungslos starrte ich auf den Mann hinunter. Ich sah erst Zee an, dann wieder Hina. »Woher weißt du das?«
    Ihre grauen Augen fixierten mich durchdringend. »Weil dein Vater es mir erklärt hat.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Aber das war auch egal. Denn genau in diesem Moment knirschte und ächzte der Transporter unter unseren Füßen, und das Führerhaus bebte, als irgendwo tief unten im Rumpf nach und nach der Benzintank in die Luft flog.
    Die zweite Explosion schleuderte uns vier an die Decke, wo wir auch blieben, da sich uns gleichzeitig der Boden entgegenhob. Das Kontrollpult begann zu qualmen, und die Fenster platzten. Dabei verlor ich meinen Gefangenen aus den Augen. Und dann Zee. Und schließlich auch Hina.
    Die nächste Erschütterung riss mich von den Füßen, und ich wurde herumgeschleudert. Glassplitter bohrten sich in meine Haut, überall war Rauch. Stolpernd arbeitete ich mich voran, immer in die Richtung, aus der das Rauschen des Regens kam. Da war es wieder, ich konnte es hören. Schon näher. Vorsichtig streckte ich einen Arm aus. Dann spürte ich ihn, nass und warm fiel er auf meine Hand.
    Ich schob meinen Körper ins Tageslicht hinaus, dann ließ ich mich auf die wackelige, verbogene Plattform fallen. Die Planke, die vom Deck heruntergeführt hatte, war verschwunden. Doch als sich der Transporter zur Seite neigte, berührte der Rumpf die Stadtmauern, schabte daran entlang und brach ganze Betonbrocken heraus.
    Überall war Qualm, Funken sprühten. Als ich meinen Blick über den Schutt auf dem Deck gleiten ließ, registrierte ich eine Bewegung.
    »Hier«, rief ich. »Folge meiner Stimme.« Immer wieder rief ich, während ich mir einen Weg zurück zu den Überresten des Führerhauses suchte. Dabei stolperte ich über Hina und half ihr, sich zu befreien. »Wo bist du?« Schreiend suchte ich nach Zee. »Ich kann dich nicht sehen!«
    Keine Antwort.
    »Zee?«
    Es war sinnlos. Wieder rief ich nach ihr, aber uns lief die Zeit davon.
    Der Transporter kippte, und ich packte Hina stützend an der Taille. Sie schlang einen Arm um meine Schultern, dann rannte ich los und sprang.
    Es müssen bestimmt drei Meter gewesen sein, und es fühlte sich an, als wären es fünf. Wir prallten gegen die Mauer, aus der sich unter dieser Wucht dichter Staub löste. Aber sie hielt. Verzweifelt klammerten wir uns an der Oberkante fest und suchten mit den

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