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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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Obwohl ich nur eine ungefähre Ahnung hatte, wo ich gerade war, schätzte ich, dass sich die Treibstoffleitungen an diesem Ende des Transporters befinden mussten. Und wenn ich so dachte, dann würde Jawbone wohl ebenfalls so etwas vermuten.
    Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, wenn ich sie einholte. Keinen Plan. Keine Alternativen mehr. Aber es musste einen Ausweg geben. Eine bessere Lösung, als all diese verlorenen Seelen in den Tiefen dieses schrecklichen Schiffes krepieren zu lassen.
    Immer wieder streckten sich mir Hände durch die Gitter entgegen, tasteten nach mir, klammerten sich an mich. Stimmen flehten mich an, stehen zu bleiben.
    »Jawbone«, schrie ich so laut, als käme dieser Name aus meinem tiefsten Inneren. Und einen kurzen Moment lang sah ich sie. Aber dann rannte sie mich einfach um und hetzte durch den Korridor zurück, während ich auf meinem Hintern landete.
    Ohne ihr Tempo zu verlangsamen, drehte sie sich um und rief: »Zu spät! Ich habe eine perfekte Stelle gefunden. Lauf!«
    »Du solltest besser tun, was die Lady sagt, kleiner Mann.«
    Beim Klang dieser Stimme wirbelte ich herum. Es war Crow.
    Er schob eine Hand durch die Gitterstäbe, packte mich am Hals, hob mich hoch und zog mich dicht zu sich heran. Hilflos starrte ich in die Zelle und direkt in Crows Augen. Flüchtig bemerkte ich, dass sein Bart und seine jetzt schlaffen Dreadlocks völlig mit Dreck verklebt waren.
    Crow grinste, und seine Zähne blitzten in der Dunkelheit auf. »Verschwinde, kleiner Mann. Und wenn du Frost einholst, sag ihm einen schönen Gruß von mir.«
    Ich nickte. Die warme, rauhe Hand des Wächters drückte mir die Luftröhre ab. Dann ließ er los, und meine Füße berührten wieder den Boden.
    »Wir sehen uns, Alter«, sagte Crow. »Im nächsten Leben.«
    Stolpernd hastete ich durch den Korridor, nur weg von ihm. Ich sah kein einziges Mal zurück.
    *
    Als die erste Ladung hochging, klang es, als würde sie ziemlichen Schaden anrichten. Erst knirschte, dann knallte es. Ich war schon fast bei der verdammten Leiter, um ein Haar hätte ich es geschafft. Während ich mich nach vorne warf, spürte ich die Hitze im Rücken, dann sah ich, wie hinter mir ein Feuerball durch den Korridor raste, als würde er durch einen Strohhalm gesaugt. Die Flammen ballten sich zusammen wie eine glühende Sonne. Ich umklammerte die unterste Sprosse der Leiter und zog mich hoch, während die Luft um mich herum förmlich zu schmelzen schien.
    Das Feuer brauste heran, dann schob mich die Druckwelle nach oben, trieb mich in die Höhe und verbrannte die Sohlen meiner Schuhe.
    Am oberen Ende der Leiter angekommen ließ ich mich in den Korridor fallen – schwarz und qualmend. Flammen züngelten durch die Dunkelheit, während ich auf die Füße sprang. Hastig streifte ich die verbrannten Schuhe ab, dann rannte ich zurück in das Führerhaus. Ein Blick durchs Fenster verriet mir, warum auf diesem Schiff bisher noch niemand von der Mannschaft aufgetaucht war.
    Sie waren da draußen. Und zwar alle. Jawbone hatte etwas von einer Armee gesagt – es war eine Armee aus grauen Männern in grauen Kunststoffjacken. Und sie sahen alle vollkommen gleich aus. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich das erkennen. Ihre Gesichter waren ebenso identisch wie ihre Kleidung. Immer derselbe haarlose Schädel. Eine Armee aus dem Kopierer. Tausend Mal King Harvest.
    Sie hatten sich überall in Old Orleans verteilt, trieben die Piraten zusammen oder mähten sie nieder. Da draußen herrschte Krieg. Das nackte Chaos. Im Führerhaus entdeckte ich Zee und Hina, sie warteten auf mich. Aber auch Jawbone, die rittlings auf dem Steuerungspult saß und eine Waffe gezogen hatte. Unter ihr eingeklemmt hing Harvest persönlich. Der eine Mann, der vielleicht die Antworten kannte. Der eine Mann, der wusste, welches Ziel dieses Sklavenschiff ansteuerte.

Kapitel 28
    B evor ich auch nur einen Schrei ausstoßen konnte, drückte Jawbone ab. Ohne dass ich irgendetwas tun konnte. Sie hatte Harvest die Pistole unter das Kinn gerammt, so dass die Kugel sein Gehirn über das makellose Kontrollpult verteilte und sein Blut auf die Monitore, Hebel und Knöpfe spritzte.
    Irgendjemand schrie. Ich erkannte, dass es meine eigene Stimme war. Der Schrei hatte sich ohne jede Vorwarnung aus meiner Kehle gelöst.
    Jawbone starrte mich an und wischte sich ein paar Hautfetzen aus den Haaren. Dann sprang sie von der Konsole. »Entspann dich, Banyan«, murmelte sie. »Dem Mann muss man nun

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