Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
Vom Netzwerk:
einem stummen Schrei, während ich die Arme nach ihr ausstreckte. Ich wollte ihr noch etwas sagen.
    Aber sie war bereits tot.
    *
    Als ich aufwachte, leuchteten die Sterne so hell, dass es genauso gut ihr Licht hätte sein können, das mich geweckt hatte. Aber nicht der nächtliche Himmel hatte mich aus dem Schlaf gerissen. Alpha hatte sich über mir aufgebaut und spähte angestrengt in die Ferne. Und Crow stand direkt neben ihr. Er wirkte so konzentriert, dass ich unruhig wurde.
    »Was ist los?«, flüsterte ich.
    »Weiß nicht«, antwortete Alpha. Plötzlich hörte ich ein Geräusch, leise, aber zunehmend. Ein Motorengeräusch, irgendetwas bewegte sich. Draußen auf der Ebene befand sich ein Fahrzeug.
    »Die Vierzig?«, fragte ich und stellte mich zu den beiden.
    »Nein.« Alpha griff nach ihrem Gewehr und deutete mit dem Kinn in die andere Richtung. »Die Vierzig ist da drüben. Das kommt aus Süden.«
    »Aus Süden?«
    »Ganz genau, Freundchen. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, direkt aus Old Orleans.«
    *
    Sobald wir es sahen, wussten wir, dass es zu groß war, um sich damit anzulegen. Es war hoch und schmal und trudelte unsicher herum. Vorne durchdrang ein breiter Lichtstrahl die Dunkelheit und ließ die schlammige Ebene glühen.
    »Wir sollten uns verstecken«, schlug ich vor. »In Deckung gehen.«
    »Welche Deckung denn?«, fragte Alpha.
    »Im Boden.«
    Wir weckten Sal und Hina und sorgten dafür, dass sie sich flach auf den Bauch legten, so dass wir sie mit Schlamm bedecken konnten. Anschließend gruben wir flache Mulden in den Dreck, legten uns hinein, beschmierten unsere Gesichter und wälzten uns so lange hin und her, bis wir quasi mit dem Boden verschmolzen.
    Alpha legte ihr Gewehr bereit und richtete es direkt auf das Fahrzeug, das inzwischen nur noch ungefähr hundert Meter entfernt war. Es rollte schlingernd heran, bog dann nach rechts ab, Richtung Nordwesten. Ich hoffte inständig, dass es einfach an uns vorbeifahren würde.
    »Hast du schon mal geschossen?« Alpha drückte mir eine der Pistolen in die Hand. »Also, mit etwas anderem als Nägeln.«
    Ich schüttelte den Kopf, woraufhin sie die Pistole nahm und mir zeigte, wie ich sie entsichern und schussbereit machen konnte.
    »Wir haben doch noch so eine«, meldete sich Crow. »Die sollte wohl besser an jemanden gehen, der auch damit umgehen kann.«
    »Vergiss es, Rasta«, murmelte Alpha, und dann lagen wir still da und lauschten, während das Motorengeräusch immer lauter wurde und das Fahrzeug sich taumelnd näherte.
    Einen Moment lang sah es so aus, als würde der große, schwankende Schatten seine Richtung ändern und auf uns zusteuern. Und auch wenn mir das unglaublich erschien: Genau so war es. Wir hatten uns nicht bewegt, keinen Laut von uns gegeben, und hier draußen war es verflucht dunkel, aber ich schwöre, es sah so aus, als bewegte es sich direkt auf uns zu. Gleich würde es uns überrollen.
    »Gib ihm die Pistole«, sagte ich zu Alpha, als mir die Angst die Kehle zuschnürte.
    »Was?«
    »Gib ihm die Pistole. Sie nützt uns nichts mehr, wenn wir tot sind.«
    Ich hörte, wie sie nach der letzten Pistole griff, dann warf sie die Waffe zu Crow rüber. Jetzt waren wir alle drei bewaffnet.
    Crow löste die Sicherung der Pistole. Doch dann änderte das Fahrzeug erneut seine Richtung und bog nach Westen ab. Mit heulendem, knirschendem Motor schoss es an uns vorbei.
    Es war ein Rad. Ein gigantisches Rad. Der mächtige Reifen wirbelte den Schlamm auf, als es durch die Nacht rollte. Und in diesem Rad befand sich eine Art Führerhaus, das so aufgehängt war, dass es sich nicht mitdrehte. Darin fanden bestimmt mehrere Dutzend Leute Platz.
    Es gab nur eine Maschine, die groß genug gewesen wäre, um solche Räder zu haben. Oder zumindest hatte ich erst eine gesehen – den Transporter von Harvest. Die Arche. Und genau daher stammte das verdammte Ding. Daran hatte ich keinen Zweifel. Eine Art Fluchtkapsel. Der letzte Ausweg. Zwar war der Transporter in die Luft geflogen, aber dieses Rad funktionierte noch und schoss nun in der Nacht davon.
    »Heilige Scheiße.« Ich stemmte mich aus dem Schlamm hoch und sah Harvests Rad hinterher, das in der Ferne immer leiser wurde. Sein Scheinwerfer verblasste zu einem kleinen Punkt.
    »Gib sie her, Rasta«, befahl Alpha, und als ich mich umdrehte, sah ich, wie Crow die Pistole in die Überreste seiner Hose schob.
    »Ich bin kein Rasta, Süße«, erwiderte er. »Zumindest technisch gesehen nicht. Aber ich

Weitere Kostenlose Bücher