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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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Süße?«, fragte er plötzlich. Ich war gerade auf meiner vierten Runde um den Wagen, als Crow sich auf die Seite rollte und mich anstarrte. »Da hast du dir ja ’ne echte Granate geangelt, kleiner Mann.«
    »Immer locker bleiben.«
    »Meinst du, du kannst ihr trauen?«
    »Mehr als dir auf jeden Fall.«
    »Das ist alles?«
    »So habe ich das nicht gemeint.«
    »Klar doch. Ich gebe dir jetzt mal einen Rat, kleiner Mann: Traue niemandem außer dir selbst.«
    »Schätze, genau das tue ich.«
    »Ich traue nur denen, bei denen ich schon im Voraus weiß, was sie tun werden. So wie du, kleiner Mann. Dir kann ich schon trauen. Doch, dir traue ich echt.«
    Ich wollte etwas erwidern, aber er schnitt mir das Wort ab.
    »Wo sind die Bilder?«
    »Welche Bilder?«
    »Die Bilder von dem Baum, die Zahlen für das Navi. Die Bilder, von denen Sal behauptet, ihr hättet sie aus dem Haus mitgenommen. Hab nicht gesehen, dass du sie ausgebuddelt hättest. Was mich zu der Frage bringt, was du wohl noch so alles vergraben hast.«
    »Ich besitze ein Buch«, flüsterte ich verschwörerisch. »War es das, was du wissen wolltest?«
    »Ein Buch?«
    »Ja.«
    »Gut. Nachts wird es ganz schön kalt, wir können es verbrennen.«
    »Wir werden gar nichts verbrennen. Ich sage hier, wo’s langgeht.«
    »Echt jetzt?«, fragte Crow belustigt. »Da wären einmal ich und dann noch deine Granate … Ich schätze, du schießt hier nur mit Platzpatronen.«
    *
    Ich schob mich neben Alpha und grub Zees Tasche aus.
    »Was machst du da?«, fragte sie. Von jetzt auf gleich war sie wach geworden.
    »Nichts«, erwiderte ich. »Schlaf weiter.«
    Sie rollte sich herum, während ich den Reißverschluss der Tasche aufzog und die Bilder der tätowierten Blätter durchzählte. Dann breitete ich sie im Staub aus, damit ich den Baum im Ganzen sehen konnte, bevor ich sie wieder einsammelte und die Fotos in Alphas Westentasche schob.
    Während ich den Rest der Tasche durchwühlte, fand ich ein Bild von Zee. Das könnte ich ja Hina geben. Aufmerksam musterte ich Zees Gesicht auf dem Foto. Dann starrte ich auf den vom Mond beschienenen, brüchigen Asphalt, jene Straße, die man gebaut hatte, als die Welt noch wuchs, bevor die Erde zu kümmerlichem Schutt wurde, bevor alles löchrig und leer war.
    Ich ließ Zees Foto im Staub liegen. Mir fiel einfach kein Grund ein, warum es Hina guttun sollte, wenn ich es ihr gab. Manche Dinge sollte man in Erinnerung behalten. Aber andere sollte man besser vergessen.
    Mit einem Plastikband schnürte ich mir das Borkenstück um den Bauch, wobei ich darauf achtete, den anderen den Rücken zuzuwenden, damit keiner von ihnen sehen konnte, was ich dort hatte. Dann ging ich mit dem Buch und Zees Kamera zurück zum Wagen und schob beides unter den Fahrersitz.
    Anschließend drückte ich auf die Hupe – viel länger, als nötig gewesen wäre.
    Sal und Hina krochen unter dem Wagen hervor und hielten sich die Ohren zu. Crow starrte vom Dach herunter. Der riesige Mond strahlte ihn von hinten an. Und Alpha warf mir einen irritierten Blick zu, während sie aufstand und sich den Sand von der Hose klopfte.
    »Mein Wagen und ich fahren jetzt los«, rief ich so laut, dass mich jeder hören konnte, der es wollte. Meine Stimme hallte durch die Nacht. »Wer Zion finden will, sollte jetzt einsteigen. Wer was anderes vorhat, auch gut. Dann bleibt sein Hintern eben hier im Staub hocken.«

Kapitel 35
    F ünf Insassen, aber der Wagen war trotzdem flott unterwegs. Ich hatte keine Lust zu reden und war nur froh, wieder hinter dem Steuer zu sitzen. So konnte ich mich auf etwas konzentrieren – durch die Staubwolken pflügen, den Druck der Windböen ausgleichen. Sandgruben und Schlaglöchern ausweichen. Diese Straße führte nach Vega. Sie würde uns durch die Maisplantagen bringen, direkt an der Stelle vorbei, wo sie mir meinen Vater gestohlen hatten.
    Es dauerte den ganzen Tag, bis der Mais in Sicht kam, so dass die Sonne bereits rot hinter den Feldern schimmerte, als wir sie erreichten. Der Wind hatte sich weitestgehend gelegt, und wir beobachteten, wie die Pflanzen am Horizont erschienen – ein schmaler gelber Streifen vor den leuchtenden Farben des Abendhimmels.
    Niemand sagte etwas. Wir starrten nur.
    Die hohen Pflanzen standen in dichten, ordentlichen, von Nord nach Süd ausgerichteten Reihen, die sich so weit erstreckten, wie das Auge reichte. Sie schienen sich trotz des Windes kaum zu bewegen.
    Als mein Vater mich mit nach Westen genommen hatte, hatten

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