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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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Ende unserer Reise erwartete. Würde ich in diesem Wald wirklich meinen Vater finden? Und wäre er noch am Leben? Der alte Rasta hatte gesagt, Pa hätte noch Zeit bis zum Frühling. Und der Winter hatte gerade erst angefangen.
    Doch selbst wenn mein alter Herr dort war, was kam danach? Konnten wir uns ein Haus in den Baumkronen bauen? Oder waren diese Bäume bereits gefällt und verkauft worden? Lief es am Ende nur darauf hinaus? Den Wald zu verscherbeln wie einen Eimer voll Mais? Ein bisschen für die Piraten, ein bisschen für die Soljahs. Wer würde noch kommen? Die Bergungsinnung?
    Aber die Hauptsache war, dass GenTech leer ausging. Diese endlosen Felder um uns herum – genug Nahrung, um jeden Hungerleider satt zu kriegen. Oder aber man bereichert sich durch überhöhte Preise und sorgt dafür, dass die Leute klein gehalten werden und hungern.
    Es dauerte nicht lange, bis das Essen und die Diskussionen uns müde machten. Die Luft in dem verdammten Wagen war so dick, als wäre sie schon tausend Mal geatmet worden. Wir waren benommen, und zwar alle. Sogar der Wächter.
    »Bin jetzt seit Old Orleans wach«, murmelte Crow und zog sich den Sombrero von meinem alten Herrn ins Gesicht. »Da habe ich mir wohl ein Nickerchen verdient.«
    Einem nach dem anderen sank der Kopf auf die Brust, und wir schliefen ein. Ich war wohl der Letzte. Alpha saß neben mir, ihr Gesicht zuckte, und ihr Mund stand offen. Ihr Duft war einfach himmlisch. Ich weiß noch, dass dies mein letzter klarer Gedanke war, bevor ich wegsackte.
    Bevor mir die Augen zufielen und dann plötzlich wieder alles anders wurde.
    *
    Hina weckte mich. Sie piekte mich in den Rücken, bis ich mich aufsetzte und im Wagen umsah. Alle schliefen. Alle außer ihr und mir.
    Sie zeigte auf die Heckklappe, um mir zu signalisieren, dass sie rausgehen wollte. Inzwischen war der Mond aufgegangen und tauchte die Stauden in weißes Licht.
    »Das geht nicht«, flüsterte ich. Aber sie nickte entschieden. Ich fragte mich, ob sie mir vielleicht doch etwas zu sagen hatte. Über meinen Vater und die Bäume.
    Vorsichtig und verstohlen öffnete ich die Klappe. Mir schlug der frische Duft der Pflanzen entgegen, als ich den Kopf rausstreckte.
    Während ich hinauskletterte und für Hina die Klappe aufhielt, spitzte ich angestrengt die Ohren. Unruhig ließ ich den Blick schweifen, dachte an die Heuschrecken und den schrecklichen Lärm, den sie machten. Hina sollte sich besser beeilen. Doch dann brachte sie mich völlig aus dem Konzept, indem sie die Heckklappe einrasten ließ.
    »Komm mit«, flüsterte sie, nahm meine Hand und führte mich zwischen die Maisstauden.
    Unsere Schritte verursachten ein trockenes, raschelndes Geräusch. Wir quetschten uns zwischen den Pflanzen hindurch, bis wir eine Art Lichtung fanden, gerade genug Platz, damit sich zwei Menschen gegenüberstehen konnten. Jetzt hörte ich nur noch meinen dröhnenden Herzschlag. Es war einfach nur dumm, hier draußen zu sein. Ich wusste, dass es gefährlich war. Aber wenn Hina mir etwas zu sagen hatte, sollte ich mir das wohl anhören.
    »Was ist denn?«, flüsterte ich.
    »Mir ist wieder eingefallen, wo ich hergekommen bin«, sagte sie, zog ihr Oberteil hoch und zeigte mir die Blätter und Zweige dieses wunderschönen Baumes. Ich konnte sehen, wie ihr Herzschlag in ihrem Bauch pulsierte.
    »Ich dachte, du wärst tot«, fuhr sie fort. »Als ihr auf diese Maschine geklettert seid und der Schwarm kam. Aber du bist stark, genau wie dein Vater. Und da ist es mir wieder eingefallen. Wie sie mich losgeschickt haben, um ihn zu suchen. Um ihn wieder nach Hause zu bringen.«
    Ich wollte etwas sagen, aber sie sprach einfach weiter. Dabei streichelte sie die ganze Zeit die bunt eingefärbte Haut auf ihrem Bauch.
    »Er wollte es beenden«, sagte sie. Ihre Stimme klang abwesend, als wäre sie gerade erst aufgewacht. »Das alles. Und jetzt muss ich dich warnen.«
    »Was? Wovor denn?«
    Aber Hina schloss wortlos die Augen. Ihre Finger strichen noch immer über den tätowierten Baum, doch der Rest ihres Körpers schien zu schlafen – sie stand zwar aufrecht, war aber in einem Traum gefangen. Und einen Moment lang herrschte absolute Stille. Nichts regte sich. Doch dann hörte ich knirschende Schritte, die in unsere Richtung kamen. Näher, immer näher. Irgendjemand lief durch das Feld.

Kapitel 40
    D as Gesicht des Wilderers sah aus, als wäre es zerplatzt und dann falsch wieder zusammengesetzt worden. Er stand direkt vor uns. Ein

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