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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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anderen die Besatzung der DUDLEY DOCKER , und Crean erhält das Kommando über das kleine Dingi, die STANCOMB WILLS . Die vier, die mit Tom Crean fahren, sind Vincent, Holness, Bakewell und ich.
    Bis zum frühen Abend sind wir so weit. Die Boote liegen kieloben in sicherer Entfernung zum Schollenrand. Wir warten, bis das Prasseln in Nieselregen übergeht, dann stellen wir die Boote eins nach dem anderen auf, schleppen sie zum Wasser und fieren sie hinunter. Auf Sir Ernests Kommando steigen Worsley, Crean und er selbst als Letzte ein. Die See in der Rinne ist schwarz, und der Regen nimmt wieder zu. Nach einem letzten Blick über die Scholle legen wir ab.
    Â»Bin mal als Hobo mit dem Zug durch Alaska«, sagt Bakewell neben mir an den Riemen. »Da, guck hin. Die verlassenen Goldgräberkäffer am Klondike, genau so sahen sie aus.«
    Mir ist nicht nach Reden zumute. Weil wir das kleinste Boot haben, sollen wir uns zwischen den beiden anderen halten, und die geben ein ordentliches Tempo vor. Rudern! Nicht meine Welt. Aber alles ist besser, als noch länger auf dem Eis zu sein und zu warten, dass es unter einem wegschmilzt. 30 Zentimeter, dicker war die Scholle am Ende nicht mehr. Über Creans Schultern hinweg spähe ich in den Vorhang aus Nebelschwaden, durch die der Regen strömt und in mein Gesicht peitscht. Wo ist die Scholle? Verschwunden. Und mit ihr das Lager, unser Lager der Geduld.
    Â»Ruhig«, sagt Tom Crean plötzlich. »Sie fahren mit Shackleton, nicht mit Scott. Ganz ruhig, Merce.«
    Es ist das erste Mal, dass ich Scotts Namen aus seinem Mund höre, und tatsächlich beruhigt es mich.
    Die tiefgraue, aufgewühlte See ist voller Eisbrocken. Schaukelnd in der Dünung ächzen und krachen die Schollen. Unsere kleine Flotte hat zu einem ruhigen, zügigen Tempo gefunden, und ein paar Stunden lang ziehen wir gleichmäßig durch den Abendregen über dem Eismeer. Kommando zur Langsamfahrt gibt der Sir nur, wenn die Rinne allzu eng wird und droht, einen der Kutter einzuklemmen, oder wenn von einem Eisberg, den wir nicht weit genug umfahren können, ein Schneebrett in die See rutscht und dann eine Woge anrauscht voller blauer, spitzer Schollendorne.
    Â»Hände in die Boote! Duckt euch!«
    Die Woge stürzt über uns hinweg, ergießt sich ins Boot und durchnässt alles und jeden. Brocken treffen Nacken und Rücken und bleiben auf dem Bootsboden liegen, als wir ihn leer geschöpft haben. Klatschnass weiter. Pullen und Eis lutschen. Und wieder Shackletons Stimme aus der vorneweg laufenden CAIRD .
    Â»Duckt euch! Hände in die Boote!«
    Ein Wunder, dass kein Riemen in die Brüche geht. Hinter mir flucht Vincent und schnappt Holie nach Luft. Bakewell sagt nichts mehr, und es ist so dunkel geworden, dass ich nicht einmal erkennen kann, welches Gesicht er macht.
    Shackleton lässt stoppen. Zunächst wir, dann auch Worsleys Boot gehen längsseits. Wir haben uns wieder. Über die dick zugefrorenen Schanzkleider hinweg werden Handschuhhände gedrückt, Gesichter gestreichelt, Witze gerissen.
    Eine Scholle für die Nacht. Wild lässt lospaddeln und kundschaftet eine ebene Platte von rund 50 Schritt Länge aus, die spitz zulaufend zur Dünung liegt. Green und der kleine Tranofen werden darauf abgesetzt, dann bringen meine Ruderer die STANCOMB WILLS an die Kante und hieven auch mich hinauf. Das Eis ist fest und wunderbar sauber.
    Â»Ã„ähh!« Green spuckt Kautabaksoße. »Steh nicht rum. Blubber rein und Feuer an.«
    Als die entladenen Boote kieloben auf der Scholle stehen und die Zelte aufgebaut sind, ist das Nachtessen fertig. Der Hundeeintopf wärmt den steifen Körper, und in zwei Zelten hört man Gesang und Gelächter. Während Uzbird Banjo spielt, gehen Bob Clark und ich den Nachthimmel ansehen, ein schwaches Südlicht und einen Sternschnuppenregen.
    Doch diese erste Nacht auf See wird ein Albtraum. Vom sanften Geschaukel der Dünung kaum in den Schlaf gewiegt, weckt uns ein lautes Krachen. Mit flackernden Sturmlaternen schwärmen wir aus und stellen fest, dass ein Eisberg die Scholle gerammt und so unglücklich gedreht hat, dass sie nun quer zur Brandung liegt. Zudem sind wir nicht allein. Eine Schwertwalfamilie hält ganz in der Nähe nach einem Mitternachtsmahl Ausschau; im Dunkel hört man die großen Orcas blasen, und brav geben die Kleinen ein Prusten zur Antwort.
    Mitten in der

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