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Der Eisplanet

Der Eisplanet

Titel: Der Eisplanet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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»Sie wollen das verhindern?«
    »Gewiß, wenn es sein muß, obwohl wir möglichst wenig in Ihre mentalen Prozesse einzugreifen wünschen.«
    »Sie sprechen mit einem Geist. Ich glaube nicht an Gott, ich glaube nicht an die Unsterblichkeit, ich glaube nicht an Geister. Aber Sie reden mit einem Geist. Wie wollen Sie einem Geist verbieten, sich für verrückt zu erklären?«
    »Sie sind kein Geist, Kapitän Hamilton.«
    »So? Ich starb an Bord der Dag Hammarskjöld. Sagen Sie, daß ich mich irre. Das wäre der beste Beweis, daß Sie einen verrückten Geist gerufen haben.«
    »Sie starben tatsächlich auf der Dag Hammarskjöld.« In ihrer Stimme klang eine Spur von Ärger mit. »Aber Sie sind nicht mehr tot ... Sie bereiten mir Schwierigkeiten, Kapitän Hamilton. Man hat mir Anweisung erteilt, Sie langsam und behutsam in die Realität zu holen, damit Sie Gelegenheit erhalten, sich allmählich auf sie einzustellen.«
    Wieder stieß er ein scheußliches Lachen aus. »Wie ich es verstehe, sind Sie nur ein Teil der Alpträume eines Toten. Beweisen Sie das Gegenteil. Ich weiß, oder glaube zu wissen, daß ich nicht in meinem Körper stecke, mich nicht der eigenen Augen und der eigenen Stimme bediene. Ich habe nur noch – oder glaube es – meine Erinnerungen. Wenn Sie, schönes Trugbild, mich vom Wahrheitsgehalt Ihrer Behauptungen nicht restlos zu überzeugen vermögen, ziehe ich mich zurück in das große Nichts, wo es keine Trugbilder, keine Alpträume und keine Erinnerungen gibt. Also reden Sie, aber schnell. Ich höre zu, doch nicht sehr lange.«
    »Gedulden Sie sich ein bißchen«, sagte sie. »Ihre Reaktionen werden registriert. Ich muß meine Kollegen konsultieren.«
    Ihren Worten folgten Dunkelheit und Schweigen. Es schien, als habe das Mädchen sich plötzlich aufgelöst.
    »Ich zähle bis zwanzig«, rief er, nunmehr außerstande, die Stimme zu hören, über die er verfügte, ohne zu wissen, ob das Mädchen ihn vernahm. »Sind Sie dann nicht mit beweiskräftigen Informationen zur Stelle, mache ich Schluß. Ich schwöre es.«
    Er begann zu zählen. Eins, zwei, drei, vier, fünf ...
    Bei siebzehn kam sie zurück. Er sah ihr schwarzes Haar, ihr blasses Gesicht, die goldene Tunika. »Man hat entschieden, daß Sie die relevanten Fakten erfahren sollen. Wir hoffen, daß Sie in der Lage sind, sie zu verkraften. Sie starben vor schätzungsweise fünftausenddreihundertundsiebzig Erdjahren auf jene Weise, an die Sie sich entsinnen. Ihr Raumschiff, die Dag Hammarskjöld, wurde durch drei Explosionen zerstört, die, wie wir vermuten, absichtlich verursacht wurden. Das Wrack trieb über die Marsbahn und sogar über die Plutobahn hinaus. Es geriet in eine exzentrische Umlaufbahn, etwa sechs Milliarden Erdmeilen von der Sonne entfernt. Wir bargen es. Durch eine ungewöhnliche Gunst des Schicksals blieb Ihre obere Körperhälfte in gefrorenem Zustand im Vakuum erhalten. Noch bemerkenswerter war die Tatsache, daß Ihr Hirn nur äußerst geringe Schäden erlitt. Sie begreifen also, daß ...«
    »... ich nur eine Zellkolonie in einem Versorgungssystem bin.« Er war erstaunt über den ruhigen Klang seiner synthetischen Stimme. Er wunderte sich, daß er nicht hysterisch wurde, nicht jammerte, daß er keinen langgezogenen Schrei des Entsetzens ausstieß.
    »Ist das nicht ein jedes lebende Geschöpf?« erwiderte sie.
    »Gut gekontert, Kindchen. Die Geschichte wird interessant. Sie gefällt mir. Fünf tausenddreihundertundsiebzig Jahre ... Das dürfte ein Rekord sein. Sagen Sie, daß es ein Rekord ist. Dann köpfen wir eine Flasche und feiern. Verzeihung, ich vergaß, daß ich keinen Mund habe ... Und jetzt zur Überraschung. Wo bin ich? Sie Schätzchen, dessen Lippen ich nie küssen werde, verraten Sie mir, wo Sie und Ihre unsichtbaren Freunde das Kunststück der Totenerweckung vollbracht haben.«
    »Sie befinden sich auf Minerva, dem zehnten Planeten des Solsystems. Kapitän Hamilton, seien Sie nicht zynisch. Zahlreiche mutige und zielstrebige Leute haben schwere Arbeit geleistet, um Sie zu restaurieren, Ihnen Möglichkeiten zur Kommunikation zu verschaffen. Hier ist eine dieser Personen.«
    Eine andere Gestalt trat in sein Blickfeld, ein alter Mann mit weißem Haar.
    »Ich grüße Sie, Idris Hamilton. Ich bin Ihr Psychochirurg, und Sie sind mein Lebenswerk. Als Sie auf Minerva eintrafen, war ich ein junger Mann. Ich träumte einen unerfüllbar scheinenden Traum. Ich träumte davon, Sie zu restaurieren, Ihr Bewußtsein wieder zu

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