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Der Eisplanet

Der Eisplanet

Titel: Der Eisplanet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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aktivieren. Dieses Ziel zu erreichen, beanspruchte mein ganzes Leben. Es gab viele Enttäuschungen, viele Rückschläge. Ist es nicht seltsam, daß ein Mann sein Leben der Aufgabe weiht, das Leben eines anderen zu erneuern? Sollte ich falsch gehandelt haben, dann vergeben Sie mir. Zu meiner Rechtfertigung kann ich nur sagen, daß ich das Projekt für wertvoll hielt.«
    Idris schwieg für eine Weile. Er bemühte sich, die Bedeutung von nahezu vierundfünfzig Jahrhunderten zu erfassen. Er konnte es nicht. Er stellte sich einen jungen Mann vor, der die Bereitschaft hegte, Jahrzehnte seines Lebens dem Ziel zu widmen, mit dem fünftausend Jahre alten Gehirn eines toten Raumfahrers in Verbindung zu treten.
    »Sir«, sagte er schließlich, »ich bin dankbar. Außerdem bin ich verärgert, gedemütigt und entsetzt. Mein neues Dasein ist alptraumhaft, grotesk. Sicherlich verstehen Sie das.«
    Der alte Mann nickte. »Es wird nicht so bleiben. Haben Sie noch Geduld, lassen Sie uns etwas mehr Zeit. Falls Sie weiterhin glauben, daß wir nicht richtig taten, daß wir Ihre Ruhe gestört haben, kann das Projekt beendet werden.«
    Idris lachte. »Eine interessante Situation. Dem Hirn, dessen Reaktivierung Sie Ihr Leben verschrieben, wird das Recht auf Freitod zugestanden. Aber wäre ich nun zum Freitod moralisch unfähig? Was geschieht, wenn ich den Verstand verliere? Hätten Sie den Mut, mich zu töten?«
    Der Alte seufzte. »Wir haben alle diese Probleme erwogen, Idris Hamilton. Sie belasten uns. Es gibt keine einwandfreien Lösungen. Ich persönlich halte sehr viel von diesem Projekt. Doch ich kann mich irren ... Sie sind sehr strapaziert durch die gegebenen Informationen. Die Monitoren zeigen anomale neurophysiologische Aktivitäten an. Wir möchten kein Risiko eingehen. Deshalb werden Sie sich nun eine Zeitlang erholen.«
    Idris versuchte etwas zu sagen, aber die synthetische Stimme artikulierte seine Worte nicht mehr. Dann verschwamm sein Blickfeld. Verzweifelt strengte er sich an zu denken. Aber seine Gedanken schienen von einer zähen Masse überflutet zu werden. Rasch sank er in Bewußtlosigkeit, die er fast willkommen hieß.
     
    Es sah aus wie die Kapitänskabine der Dag Hammarskjöld, aber sie war es nicht. Doch es war eine gute Nachbildung. Dort standen die beiden Sessel, der Tisch, dort war die Koje, dort der Kommunikator, an der Wand hingen die Bilder, und den Boden bedeckte etwas dem Rauhfaserteppich Ähnliches.
    Der alte Mann und das Mädchen saßen in den beiden Sesseln.
    »Meine Grüße, Idris Hamilton«, sagte der Alte. »Während Sie ruhten, haben wir einige Veränderungen vorgenommen. Wir dachten, Sie würden eine vertraute Umgebung vorziehen. Außerdem haben wir Ihr Auge beweglich gemacht. Durch Ihre Willenskraft können Sie die Kamera in jede gewünschte Position bringen. Ich rate Ihnen zur Vorsicht, bis Sie den Umgang damit völlig beherrschen.«
    »Danke. Die Umgebung gefällt mir.« Idris ignorierte die Tatsache, daß er ein Gehirn in einem Nährflüssigkeitstank war und faßte die Absicht, den Kopf zu drehen. Das Auge reagierte etwas ruckartig, aber es gestattete ihm, sich in der Kabine umzuschauen. Er sah ein Kabel, das in einen schimmernden Metallbehälter führte. Ein solches Ding hatte es in seiner Kabine nicht gegeben. »Was ist das?«
    Der alte Mann lächelte. »Darin leben Sie. Das andere Kabelende führt zu Ihrem mobilen Auge.«
    »Ist es mir möglich, mein Gehirn zu sehen?«
    »Selbstverständlich. Es ist möglich, aber ich rate davon ab. Möchten Sie einen Klumpen grauer Materie sehen, in den man zahllose Elektroden implantiert hat? Es wäre keine wohltuende Erfahrung.«
    »Vielleicht haben Sie recht«, sagte Idris knapp. »Verdammt, meine Stimme mißfällt mir. Können Sie sie modifizieren?«
    »Mit Leichtigkeit. Wann immer Sie es wünschen.«
    »Ich möchte, daß sie meiner alten Stimme ähnlicher klingt. Aber das kann warten. Zunächst habe ich noch einige Fragen. Was ist mit Suzy Wu? Konnten Sie sie restaurieren?«
    »Leider nicht. Die Gewebezerstörung war zu umfangreich.«
    »Und die Fracht? Wir hatten zwanzig Kinder und zwei Lehrerinnen in unterkühltem Zustand an Bord.«
    Diesmal antwortete Zylonia. »Kapitän Hamilton, es gelang uns, elf Kinder und eine Lehrerin zu restaurieren. Fünf Kinder haben Hirnschäden erlitten, aber die anderen Überlebenden befinden sich in guter Verfassung. Sie werden sie in Kürze kennenlernen.«
    »Hoffentlich bald«, sagte Idris. »Hoffentlich sehr bald. Sie

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