Der Elbenschlaechter
einzigartig. Was haben Sie getan, bei Lorgon? Was haben Sie getan?«
Aber Jorge hatte längst die Tür zum Thronsaal erreicht und das Weite gesucht.
Sozusagen.
7
»Ich fürchte, ich verstehe den Grund für diese nochmalige Untersuchung nicht, Meister Hippolit!« Meister Lurentz, der mit verschränkten Armen in der Tür des weiß gefliesten Obduktionsraumes stand, machte ein verdrossenes Gesicht. »Misstrauen Sie etwa meinen Fähigkeiten als Mediziner? Glauben Sie, ich wäre nicht fällig, eine Autopsie nach den Vorgaben des Norwien-Protokolls durchzuführen?« Er blies entrüstet die Backen auf. »Ich muss schon sagen – nachdem wir einst Seite an Seite für das Institut gearbeitet haben! Ihr Verhalten ist ein herber Schlag für meine fachliche …«
Hippolit stieß ein gedehntes Seufzen aus und richtete sich vor dem länglichen Tisch aus poliertem Stahl auf, über den er sich während der Rede des Heilers gebeugt hatte. Auf der spiegelglatten, mit diversen Ablauföffnungen versehenen Arbeitsplatte lag der vollständig entkleidete, bleiche Leib des Elbs Waiko. Auf seiner schmalen Brust sowie verschiedenen anderen Teilen seines Körpers prangten die Spuren von Meister Lurentz, erst einen halben Tag zurückliegender Untersuchung.
»Ich misstraue nicht Ihnen, werter Kollege«, erklärte Hippolit, ohne den Kopf zu drehen. »Ich misstraue allein den Norwienschen Richtlinien. Wie Sie wissen, schrieb Großmeister Norwien vor gut fünfhundert Jahren in seinem Protokoll, das bis heute jeder rechtsmedizinischen Untersuchung als Grundlage dient, so gut wie ausschließlich physische Analysen fest.« Er wischte sich die Hände an der weißen, bereits leicht verschmierten Kittelschürze aus lackbeschichtetem Leder ab. »In diesem Fall ist es damit jedoch nicht getan. Bei den Morden in Foggats Pfuhl war Thaumaturgie im Spiel. Meine Aufgabe – und die unseres geschätzten Kollegen Zzwirr hier – besteht darin, Art und Zweck dieser Praktiken zu analysieren, was im Rahmen einer standardisierten Norwien-Autopsie kaum möglich ist.«
Meister Zzwirr, der auf der anderen Seite des Obduktionstisches stand und mit seinen schlanken grünen Fingern im geöffneten Unterbauch des Elbs herumstocherte, neigte bei der Erwähnung seines Namens kurz den Kopf.
Zzwirr, Mitbegründer der Klinik, in deren Kellergeschoss sie sich befanden, war ein Echsenmensch vom Stamme der Xxamparr und stammte aus der wüstenheißen Provinz Rogozhink, tief im Süden Sdooms. Hippolit hatte auf dem Weg hierher kurz mit sich gerungen, ob er für die Nachuntersuchung des Leichnams die Hilfe von Meister Almudendus in Anspruch nehmen sollte, eines ausgebildeten Gerichtsthaumaturgen der fünften Stufe. Nach reiflicher Überlegung hatte er sich jedoch dagegen entschieden; Almudendus konnte ihm hinsichtlich thaumaturgischer Fragen nichts sagen, was er nicht bereits wusste, darüber hinaus war der gichtige alte Mann kaum eine Hilfe bei jenen Maßnahmen, die mit dem Körper des Elbs möglicherweise durchzuführen waren.
Stattdessen hatte Hippolit bei seinem Eintreffen in der Klinik nach Meister Zzwirr geschickt. Der fast sieben Fuß große, gertenschlanke Reptilier war zwar kein Thaumaturg, er war, wie nahezu alle Angehörigen seines Volkes, nicht einmal versiert. Dafür besaß er, auch dies ein typisches Charakteristikum der Xxamparr, taktile Fertigkeiten, die denen jedes Menschen haushoch überlegen waren. Sdoom verdankte diesem Umstand einige seiner fähigsten Chirurgen, Uhrmacher und bildenden Künstler.
Darüber hinaus verfügte Zzwirr über einen exzellent ausgebildeten Geruchssinn und, sofern er die schützenden Zweitlider über seinen Augäpfeln zurückschob, eine extrem scharfe optische Wahrnehmung. Hippolit baute darauf, dass der Reptilier, zumindest auf biologischer Ebene, alles bemerken würde, was ihm möglicherweise entging.
»Sie unterschätzen mich, Kollege«, ertönte Meister Lurentz’ nörgelnde Stimme von der Tür her. »Selbstverständlich habe ich unter anderem eine Signaturprüfung vorgenommen, kaum dass ich den Leichnam auf dem Tisch hatte!«
»Und was ist dabei herausgekommen?«, erkundigte sich Hippolit und versuchte, das beginnende Ticken an seiner linken Schläfe zu ignorieren. Um sich abzulenken, betrachtete er durch ein Vergrößerungsglas die beiden fingernagelgroßen, kreisrunden Öffnungen im Brustkorb der Leiche.
Die Frage schien Meister Lurentz zu verwirren. »Wie, herausgekommen? An diesem Elb wurde Thaumaturgie
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