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Der Elbenschlaechter

Der Elbenschlaechter

Titel: Der Elbenschlaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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unten. »Eine Misssgeburt?«
    »Vielleicht.« Hippolit richtete sich auf und holte den noch immer vor sich hinkokelnden Dreifuß vom Nebentisch. »Vielleicht auch nicht. In letzterem Fall hätten wir möglicherweise endlich eine brauchbare Spur …«
    Er gab erneut ein paar Tropfen aus der kleinen Phiole zu den pulverisierten Blättern und fachte den Kohlebrocken mit vorsichtigem Pusten an, bis er wieder rötlich glühte. Inmitten der emporquellenden Rauchschwaden vollführte er erneut eine Abfolge von Gesten, gefolgt von einem neuerlichen Schwall unverständlicher, grollender Worte.
    Unvermittelt erstrahlte das Skrotum des Elbs in durchdringendem Blau. Der unnatürliche Schein pulsierte mehrmals rhythmisch, bevor er schließlich wieder erlosch.
    »Sechs«, stieß Hippolit hervor, der konzentriert mitgezählt hatte. »Das ändert die Sachlage.«
    Meister Zzwirr bedeckte seine Augäpfel wieder mit der trüben Schutzhaut und legte fragend den Kopf schief.
    »Diesem Elb wurden mittels einer thaumaturgischen Absorptionstechnik die Hoden nebst der kompletten Samenflüssigkeit entnommen, und zwar ohne dass dabei das Skrotum eröffnet werden musste.«
    Zzwirr stieß einen ungläubigen, zischenden Laut aus.
    »Der Inhalt der Hoden wurde vielmehr durch die Haut nach außen gesaugt! Dieser Vorgang muss schmerzhaft in einem Maße gewesen sein, das wir uns nicht einmal ansatzweise vorzustellen vermögen.« Hippolit bedachte den leblosen Körper des Elbs mit einem fast mitleidigen Blick. »Arme Kreatur.«
    Er verharrte kurz, dann griff er zu einer bereitstehenden Wasserkaraffe auf dem Nebentisch, löschte die Kohle auf dem Dreifuß und begann, seine Utensilien zurück in die Labortasche zu räumen. »Diese Erkenntnis bringt uns einen wichtigen Schritt weiter: Nur eine recht überschaubare Zahl thaumaturgisch ausgebildeter Mediziner, nämlich solche von der sechsten Stufe aufwärts, wären in der Lage, das für diesen Effekt notwendige Ritual durchzuführen – noch dazu unter solch undankbaren Arbeitsbedingungen wie auf dem feuchten Pflaster einer finsteren Gasse, in der ständigen Gefahr, entdeckt zu werden.«
    »Aissso sssind die Vampyre unschuldig?« Auch Meister Zzwirr waren die Unruhen zwischen Menschen und Blutsaugern in den vergangenen Tagen nicht verborgen geblieben. »Unter ihnen gibt es keine Versssierten.«
    Hippolit klappte sein Köfferchen zu und schüttelte den Kopf. »Ein abtrünniger Vampyr könnte sich zur illegalen Beschaffung von Blut mit einem menschlichen Thaumaturgen zusammengetan haben. Das würde die Verbindung physischer und thaumaturgischer Praktiken bei der Blutentnahme erklären. Was dagegen nicht ins Bild passt, ist die geraubte Samenflüssigkeit.« Nachdenklich starrte er zur kahlen Decke des Obduktionssaales empor. Schließlich straffte er sich mit einem Ruck. »Wie dem auch sei, wir sind heute einen bedeutenden Schritt weitergekommen: Unser Täter ist ein Mann mit medizinisch-thaumaturgischer Ausbildung.« Er ballte die Fäuste, während er sich langsam in Richtung Tür wandte. »Ein Kollege also, den wir hoffentlich bald gefunden haben werden. Und dann – Gnade ihm Lorgon!«

8
     
     
     
    Jorge griff nach dem Humpen Bier, setzte ihn an die Lippen und trank. Drei riesige Schlucke später knallte er das geleerte Gefäß auf die unebene Fläche des Kneipentisches, reckte sich seufzend und rülpste, wie nur ein Troll rülpsen konnte. Er spürte, wie die Flüssigkeit durch seine Speiseröhre hinabrann und wohltuend seinen Magen erreichte. Seine Hände fuhren suchend über die Tischplatte, fanden einen weiteren Tonkrug, und das Schauspiel wiederholte sich.
    »Hochverehrtes Publikum!«, erklang am anderen Ende des Raumes eine dröhnende Stimme. Jorge ließ seinen Blick über die Köpfe der dicht gedrängt stehenden Besucher gleiten, hin zur Bühne, wo die Musikkapelle Gny Flatulos einmal mehr nach ihren Instrumenten griff.
    »Hochverehrtes Publikum, in wenigen Minuten geht es weiter mit der Eisenmusik der vielleicht populärsten Musikkapelle im Pfuhl!«
    Verhaltener Applaus, den der allgemeine Stimmenwirrwarr rasch besiegte.
    Seit vier Stunden befand sich Jorge nun schon in der Schenke Zur wilden Meuchelmuse. Vier Stunden oder, nach Trollrechnung, zwölf Humpen Bier. Hippolit hatte ihm klare Anweisungen gegeben: »Hör dich ein bisschen in Foggats Pfuhl um«, hatte er gesagt. »Ein baumlanger Troll in Ledermontur erregt dort weniger Aufsehen als ein leichenblasser Halbwüchsiger. Aber halt dich aus

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