Der Elefanten-Tempel
andere schon gelb-orange angehaucht. Sie teilten ihre Hütte mit einem Mangobaum, wie cool! Und da vorne entdeckte Ricarda an hoch aufragenden Pflanzen, die mit ihren langen smaragdgrünen Blättern Palmen ähnlich sahen, Büschel von Bananen. Hier konnte man sich ja gut durchfressen …
Sofia klopfte auf einen roten Feuerlöscher, der gleich neben dem Eingang der Hütte hing. »Sag mal, brennt es hier so oft?«
»Noch nie«, sagte Kaeo stolz.
»Und wieso dann all diese Feuerlöscher?«
»Ist Idee von Por Ruang.« Kaeos Ton wurde vertraulich. »Er hat Angst vor Feuer. Als er war Kind, die Hütte der Familie ist abgebrannt. Seither seine Regel: überall Feuerlöscher, dann nichts passieren kann.«
Drinnen gab es zwei Betten mit geschickt zusammengeknoteten Moskitonetzen darüber und einen gekachelten Waschraum. Ricarda stellte fest, dass die Dusche nur aus einem Schlauch bestand, der aus der Wand ragte.
Ratlos schaute sich Sofia um. »Äh, aber wie soll das funktionieren – wenn man duscht, setzt man doch den Rest des Badezimmers unter Wasser?«
»Ach, dann bekommt man auch drinnen dieses gewisse Regenzeit-Feeling.« Ricarda zuckte die Schultern und beobachtete, wie ein paar große rotbraune Ameisen von unten nach oben den Stamm hochtrippelten. Zum Glück hielten sie nicht an, sondern marschierten Richtung Dach weiter und waren bald darauf außer Sicht. Als Ricarda nach unten schaute, stellte sie verblüfft fest, dass sie durch kleine Ritzen in den Brettern den Boden sehen konnte. Hoffentlich war das Dach nicht ähnlich gebaut, sonst würde es beim nächsten Regenguss ziemlich feucht hier drin werden.
Ricarda begann ihren Koffer auszupacken und ihre Sachen in den einfach gezimmerten Schrank einzuräumen. Doch was war denn das für ein hellbraunes Ding unter der zweiten Lage von T-Shirts? Da lag dieser verdammte Lederkoffer mit dem Fernglas! Nein! Dabei erinnerte sie sich genau daran, dass sie das Ding in den Schrank zurückgestellt hatte.
Weiß leuchtete ein Zettel zwischen ihren Sachen hervor. Das hier hättest du beinahe vergessen! Gruß und Kuss, Mami .
Ricarda stöhnte leise. Vielleicht war das Fernglas verflucht und sie konnte es einfach nicht loswerden, sosehr sie sich auch anstrengte.
»Was ist?«, fragte Sofia.
»Meine Mutter hat mir ein Fernglas eingepackt. Kein Wunder, dass der Koffer so schwer geworden ist«, antwortete Ricarda und stopfte den Lederkoffer in den Schrank.
Sofia kramte in ihrer Reisetasche herum und zog ihren Glücksbringer hervor, ein fettes rosafarbenes Plüschschwein. Es bekam einen Ehrenplatz auf dem Nachttisch.
»Dieses hässliche Vieh hast du den ganzen Weg aus Europa hergeschleppt?« Ricarda hob es hoch und schaute ihm in die Steckdosennase. »Das ist doch peinlich. Willst du wirklich, dass einer der Thais das sieht? Wahrscheinlich sind Schweine auch für Buddhisten unreine Tiere und du bist auf ewig unten durch. Besonders nach der Sache mit dem Vogelhäuschen.«
Gut gelaunt verschränkte Sofia die Arme hinter dem Kopf. »Ach Quatsch, es gibt unendlich viele Thai-Gerichte mit Schweinefleisch, die würden sie ja wohl nicht essen, wenn Schweine unrein sind. Komm, wir packen später aus und gehen noch ein bisschen erkunden!«
»Okay, gute Idee.« Sie warf noch eine Hose in den Schrank, dann klappte Ricarda den Koffer zu und folgte Sofia nach draußen. Dort lehnten sich die beiden einen Moment nebeneinander gegen die Veranda und genossen den Blick auf die grünen Hügel, die sich jenseits der Lichtung erhoben.
Das war der Moment, in dem Ricarda es spürte. Eine Art leises Vibrieren der Luft, wie ferner Donner. Doch der Himmel war klar und blau, ein Gewitter konnte es nicht sein.
»Merkst du das auch?«, fragte sie Sofia, doch die schüttelte den Kopf und schaute fragend.
»Nee. Was denn?«
Ein Schauder durchlief Ricarda. »Ich glaube, die Elefanten kommen!«, flüsterte sie.
Fast gleichzeitig sprangen sie und Sofia von der Veranda und liefen los.
Gross und grau
Hintereinander schritten die grauen Riesen aus dem Wald, noch nass und dunkel von ihrem Bad, während Ricarda und Sofia am Rand der Lichtung stehen blieben und staunten. Die Elefanten bewegten sich fast lautlos, bis auf das Knack-Woosh , als einer von ihnen mit dem Rüssel einen Ast packte, ihn abriss und sich ins Maul stopfte. Die Mahouts saßen entspannt und locker in ihrem Nacken, gleich hinter dem großen, gewölbten Kopf.
Jetzt spürte Ricarda das eigenartige Vibrieren in der Luft nicht mehr, obwohl sie
Weitere Kostenlose Bücher