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Der elektrische Kuss - Roman

Titel: Der elektrische Kuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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angeschwollen waren. Die Milch drängte aus ihnen heraus, sodass sich die feuchten Flecken auf ihrem Mieder von Minute zu Minute mehr ausdehnten.
    Charlotte hatte Lisbeth schon immer gemocht und setzte sich wortlos an den Tisch dazu. Auch ihr wurde Bier und Fleisch hingeschoben. Die Geschichte war schnell erzählt. Vor ein paar Tagen hatte der bärtige Ketzerpächter sehr zum Ärger Josefs wieder im Hof gestanden und seinen Hut auch dieses Mal nicht abgenommen, als der Herr ihn empfangen hatte. Er wollte Lisbeth als Amme. Denn sie hatte immer noch Milch, obwohl ihr Junge schon über zwei Jahre alt war. An dieser Stelle lächelten und seufzten die Frauen. Sie alle liebten den kleinen Fritz, den sich Elisabeth zwar von einem nichtsnutzigen Herumtreiber aus dem Badischen anhängen hatte lassen, der aber das liebste und herzigste Kind war, das je in dieser Küche das Laufen gelernt hatte. Lisbeth war bereits die zweite Amme, die sich dieser Hochstettler ins Haus holte. Von der Milch der ersten, einer aus der Ketzersippschaft, hatte sein Sohn nur schreckliche Bauchkrämpfe bekommen und alle Flüssigkeit erbrochen. Herr von Geispitzheim, der ja weiß Gott kein Unmensch war, ließ Lisbeth also gehen. Die hatte das kleine Geschöpf schreiend und mit gräulich verfärbter Haut in den Armen seiner Schwester angetroffen.
    »Die ist übrigens nicht verkehrt, die Sarah«, sagte Lisbeth, während sie traurig an einem großen Brocken Schweinefleisch kaute. Dann spülte sie kräftig mit Bier nach.
    »Ganz ausgemergelt schon, das Bübchen, Falten am Bauch und im Gesicht wie ein Greis«, berichtete sie und fing wieder zu weinen an.
    Das Schlimme war, dass das ungetaufte Kind, wofür, wie die Frauen einräumten, es ja nichts konnte, auch Lisbeths Milch nicht vertrug. Immer wieder hatte sie ihn angelegt, praktisch Tag und Nacht. Der Kleine, Jakob hieß er, hatte zwar getrunken, wurde aber stündlich schwächer, weil er nichts bei sich behielt. Er wimmerte eigentlich nur noch wie eine Katze beim Ertränken und zuckte mit seinen mageren Beinchen, dass es einem in der Seele weh tat. Lisbeth nickte und weinte noch mehr. Immer wieder hatte sie Hochstettler, der ihr übrigens wunderbar gesottenes Fleisch, fette Sahne und gebackene Pasteten zu essen gab, angefleht, den Kleinen doch taufen zu lassen. Und zwar sofort, egal ob in der lutherischen oder katholischen Kirche, Hauptsache, das Kind würde aus seinem unheilvollen Heidentum erlöst.
    Jetzt war Lisbeth also wieder zurück in der Geispitzheimer Küche und wusste nicht wohin mit all ihrer guten frischen Milch.
    Währenddessen hatte Charlotte ihr Bierglas geleert, das, was ihr sofort auffiel, demjenigen, das in ihrer Elektrisiermaschine als Reibekörper eingespannt war, täuschend ähnlich sah. Das lauwarme Getränk lief ihr zusammen mit einer schummrigen Traurigkeit die Kehle hinunter und sickerte überallhin, sodass sich inzwischen auch ihre Beine und Arme schwer anfühlten. Sarahs Mutter war gestorben. Dann konnte Sarah, so folgerte sie, nicht von zu Hause weg und heiraten. Die Verkettung war logisch. Charlotte ließ sich aus dem irdenen Krug noch mehr Bier nachschenken. Sie saß in der Küche, bis es dunkel wurde und die Diener und Stallburschen zum Essen kamen, und hörte zu, was die Mägde, von denen einige auch Kinder hatten, über die Ursachen der merkwürdigen Krankheit des kleinen Jakob Hochstettler munkelten.
    Gleich früh am nächsten Morgen, ihren Vater hatte sie immer noch nicht gesehen, beeilte sich Charlotte, dass sie wieder zurück nach Kirchheim kam. Die Prunkräume waren nach den ekstatischen Tagen sichtlich erschöpft, die Gäste verschwunden. Die Bewohner verschanzten sich wieder in weit auseinanderliegenden Apartments. Deshalb waren die meisten Fensterläden geschlossen. Auf Zehenspitzen huschte Charlotte ungesehen durch diese honigfarbene Dämmerung der Zimmerfluchten und schlang von hinten, als sie ihn schließlich fand, die Arme um Felix. Glücklicherweise trug er keine Perücke, so dass sie sein Ohr küssen konnte, während sie Entschuldigungen murmelte. Charlotte schämte sich, dass sie sein Gesicht gerade dann am schönsten fand, wenn Kummer oder Zorn es mit Linien versteifte. Dann näherte sich ihre Zuneigung für ihn sogar einem ernsthaften Gefühl. Zumindest hoffte sie, nahe an so etwas zu sein. Bevor es sich wieder verflüchtigte, zog sie ihn rasch in sein Mansardenzimmer. Dass er weich und fügsam wurde, gehörte trotzdem zu ihrem Plan.
    »Bitte, Felix, es

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