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Der elektrische Mönch

Der elektrische Mönch

Titel: Der elektrische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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wenngleich schwachen Zutrauen hatte das Mädchen auch eine Stimme bekommen.
    »Später«, beharrte ihr Vater.
    »Jetzt ist doch schon später, ich hab's genau gecheckt.«
    »Nun ja ...« Er zögerte und war verloren.
    »Wir sind in Griechenland gewesen«, erzählte das Mäd­chen mit leiser, schüchterner Stimme.
    »Ach, wirklich«, sagte Watkin mit einem leichten Nicken. »So, so. Irgendwo besonderes, oder einfach Griechenland ganz allgemein?«
    »Patmos«, sagte sie entschlossen. »Es war schön. Ich glaube, Patmos ist der schönste Ort auf der ganzen Welt. Nur daß die Fähre nie kam, wenn es hieß, sie kommt. Nie, nie. Ich hab's genau gecheckt. Wir haben unseren Flug ver­paßt, aber das war mir egal.«
    »Ah, Patmos, ich verstehe«, sagte Watkin, den die Mittei­lung sichtlich wachrüttelte. »Nun ja, eines mußt du verste­hen, junge Dame, daß nämlich die Griechen, nicht zufrieden damit, daß sie die Kultur der Antike beherrscht haben, auch verantwortlich sind für das bedeutendste, manche würden sagen, das einzige Werk wahrer schöpferischer Phantasie, das in diesem Jahrhundert hervorgebracht wurde. Ich spre­che natürlich von den griechischen Schiffsfahrplänen. Ein Werk sublimster Dichtung. Jeder, der im Ägäischen Meer herumgereist ist, wird das bestätigen. Hmm, ja. Ich denke, ja. «
    Sie sah ihn mit gerunzelter Stim an.
    »Ich habe einen alten Topf gefunden«, sagte sie.
    »Wahrscheinlich nichts wert«, unterbrach ihr Vater hastig. »Sie wissen ja, wie das ist. Jeder, der zum erstenmal nach Griechenland fährt, meint, er hat einen alten Topf gefunden, stimmt's? Ha ha.«
    Es wurde allgemein genickt. Es stimmte. Es war irritie­rend, aber wahr.
    »Ich habe ihn im Hafen gefunden«, sagte sie, »im Wasser. Als wir auf die verdammte Fähre warteten.«
    »Sarah! Ich hab' dir doch gesagt ...«
    »Ich wiederhole ja nur, wie du sie genannt hast. Und schlimmer. Du hast sie mit Wörtern bezeichnet, von denen ich gar nicht wußte, daß du sie kennst. Jedenfalls dachte ich, wenn hier alle angeblich so klug sind, dann könnte mir auch jemand sagen, ob das Ding echt altgriechisch ist oder nicht. Ich glaube, es ist sehr alt. Zeigst du's ihnen bitte, Daddy?«
    Ihr Vater zuckte verzweifelt mit den Schultern und an­gelte unter seinem Stuhl herum.
    »Wußtest du, meine junge Dame«, sagte Watkin zu ihr, »daß die Apokalypse auf Patmos geschrieben wurde? Das wurde sie wirklich. Vom heiligen Johannes, wie man weiß. Für mich zeigt sie deutlich, daß sie geschrieben wurde, als der Verfasser auf eine Fähre wartete. Oh ja, ich denke doch. Sie beginnt, nicht wahr, in dieser Verträumtheit, in die man gerät, wenn man Zeit totschlägt, sich langweilt, nicht wahr, sich einfach Geschichten ausdenkt, und dann erhebt sie sich allmählich zu einer Art Siedepunkt halluzinatorischer Ver­zweiflung. Ich finde das sehr vielsagend. Vielleicht solltest du einen Aufsatz darüber schreiben.« Er nickte ihr zu.
    Sie sah ihn an, als sei er verrückt.
    »Also, hier ist er«, sagte ihr Vater und knallte das Ding auf den Tisch. »Bloß ein Töpfchen, wie Sie sehen. Sie ist erst sechs«, setzte er mit einem gereizten Lächeln hinzu, »stimmt's, Schätzchen?«
    »Sieben«, sagte Sarah.
    Der Topf war ziemlich klein, ungefähr fünfzehn Zentime­ter hoch und an seiner breitesten Stelle etwa zwölf Zenti­meter im Durchmesser. Sein Bauch war fast kugelrund, und ein enger Hals ragte ungefähr einen Zoll daraus hervor. Der Hals und etwa die Hälfte der Oberfläche waren mit festge­backenem Lehm verkrustet, aber die Partien des Topfes, die man sehen konnte, hatten eine grobe, rötliche Haut.
    Sarah nahm ihn und drückte ihn dem Professor in die Hand, der rechts von ihr saß.
    »Sie sehen so klug aus«, sagte sie. »Sagen Sie mir, was Sie denken.«
    Der Dozent nahm ihn und drehte ihn mit leicht hochnä­sigem Gesicht in seinen Händen. »Ich bin sicher, wenn du den Dreck am Boden wegkratzt«, ließ er verlauten, »dann stünde wahrscheinlich >Made in Birmingham< drauf.«
    »So alt, was?« sagte Sarahs Vater und lachte krampfhaft. »Lange her, seit da irgendwas hergestellt wurde.«
    »Jedenfalls«, sagte der Professor, »nicht mein Fachgebiet. Ich bin Molekularbiologe. Möchte noch jemand einen Blick drauf werfen?«
    Auf diese Frage erfolgte zwar nicht gerade ein wildes Begeisterungsgeschrei, aber der Topf wurde trotzdem am anderen Ende des Tisches flüchtig von Hand zu Hand wei­tergereicht. Er wurde durch dicke Linsen angeglotzt, durch

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