Der elektrische Mönch
können. Sagen Sie mir ... «
»Junges Fräulein«, unterbrach eine Stimme, heiser vor Erstaunen, »du bist zweifellos eine Zauberin und Taschenspielerin von verblüffenden Fähigkeiten!«
Alle Augen wandten sich Reg zu, dem alten Blender. Er hatte den Topf in der Hand und betrachtete ihn mit sprachloser Verwunderung. Langsam wanderte sein Blick zu dem kleinen Mädchen, als begreife er zum erstenmal die Macht eines gefürchteten Gegners.
»Ich verbeuge mich vor dir«, flüsterte er, »und bitte dich, so unwürdig ich auch bin, in Gegenwart solch einer Macht wie deiner das Wort zu ergreifen, um die Erlaubnis, dir zu einem der schönsten Meisterstücke der Zauberkunst zu gratulieren, deren Zeuge zu sein ich die Ehre hatte!«
Sarah starrte ihn mit aufgerissenen Augen an.
»Darf ich den Leuten hier zeigen, was du fertiggebracht hast?« fragte er ernst.
Sie nickte kaum merklich, und er nahm ihren zuvor kostbaren, jetzt leider völlig in Mißkredit gebrachten Topf und setzte ihn mit einem heftigen Schlag auf den Tisch.
Er zerbrach in zwei unregelmäßige Teile, und der festgebackene Ton, der ihn umhüllt hatte, fiel in gezackten Scherben auf die Tischplatte. Ein Teil des Topfes fiel zur Seite, während der Rest stehen blieb.
Sarahs Augen starrten auf den fleckigen und angelaufenen, aber deutlich wiederzuerkennenden silbernen College-Salzstreuer, der aufrecht in den Trümmern des Topfes klemmte.
»Dummer alter Narr«, murmelte Cawley.
Nachdem sich das allgemeine Gelästere und Geschimpfe über diesen billigen Wohnzimmertrick gelegt hatte - das den Respekt in Sarahs Augen nicht mildern konnte -, wandte sich Reg an Richard und sagte obenhin: »Wer war eigentlich damals dieser Freund von Ihnen, als Sie hier waren? Sehen Sie ihn noch manchmal? Bursche mit einem komischen osteuropäischen Namen. Svlad irgendwas. Svlad Cjelli. Erinnern Sie sich an den jungen?«
Richard sah ihn einen Moment lang ausdruckslos an.
»Svlad?« fragte er. »Ach, Sie meinen Dirk. Dirk Cjelli. Nein. Ich hatte nie Kontakt mit ihm. Ich bin ihm ein paarmal zufällig auf der Straße begegnet, aber das ist auch alles. Ich glaube, er legt sich hin und wieder einen anderen Namen zu. Warum fragen Sie?«
5. Kapitel
Hoch oben auf seinem felsigen Vorgebirge saß der Elektrische Mönch immer noch auf seinem Pferd, das still und ohne zu Klagen allmählich sauer wurde. Unter seiner groben Kutte hervor blickte er ungerührt in das Tal hinunter, mit dem er ein Problem hatte, aber das Problem war neu und abscheulich für den Mönch, denn es war dies: Zweifel.
Er litt nie lange daran, aber wenn er's tat, nagte der Zweifel an den Grundfesten seiner Existenz.
Der Tag war heiß; die Sonne stand an dem leeren, dunstigen Himmel und brannte auf die grauen Felsen und das kümmerliche verdorrte Gras herunter. Nichts rührte sich, nicht einmal der Mönch. Aber sonderbare Dinge begannen in seinem Hirn zu brodeln, wie sie es hin und wieder taten, wenn ein Datenteilchen fehlgelenkt wurde, während es den Input-Puffer passierte.
Aber dann begann der Mönch zu glauben, unruhig und nervös zunächst, doch dann mit der mächtigen, sengenden weißen Flamme des Glaubens, die alle seine früheren Glaubensbekenntnisse umstürzte, den dusseligen Glauben, daß das Tal rosa sei, inklusive - und er begann zu glauben, daß irgendwo da unten in dem Tal, etwa eine Meile von der Stelle entfernt, wo er saß, sich in Kürze eine mysteriöse Tür in eine seltsame, ferne Welt öffnen werde, eine Tür, durch die er hindurchreiten könne. Eine erstaunliche Vorstellung.
Erstaunlicherweise aber hatte er in diesem einen Fall absolut recht.
Das Pferd spürte, daß irgendwas in der Luft lag.
Es spitzte die Ohren und schüttelte leise den Kopf. Es war in eine Art Trance verfallen, weil es so lange immerfort auf denselben Felsklumpen gestarrt hatte, und war bald selber soweit, daß es der Vorstellung verfiel, alles sei rosa. Es schüttelte den Kopf etwas heftiger.
Ein leichtes Zucken an den Zügeln, ein Tritt des Mönchs mit den Hacken, und sie setzten sich in Bewegung und bahnten sich vorsichtig ihren Weg den felsigen Abhang hinunter. Der Weg war schwierig. Vieles war loser Schiefer - loser braungrauer Schiefer, auf dem sich hin und wieder eine braune oder grüne Pflanze an ihre unsichere Existenz klammerte. Der Mönch bemerkte das ohne jede Verwirrung. Er war jetzt ein älterer, weiserer Mönch und hatte allen Kinderkram hinter
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