Der Elfenhuegel
lesen. Mit einem Grinsen, das Gabbie erschauern ließ, legte er das glühende Hufeisen in die Kohlen und begann, den Blasebalg zu pumpen. Er sagte etwas zu ihr, aber sie konnte die Worte nicht verstehen. Sie nickte kaum merklich. Er pumpte rhythmisch hoch und runter, seine Augen sahen in dem brennenden Feuer, was nur er wissen konnte. Dann, gleich einem neuzeitlichen Vulkan, zog er das Eisen aus dem Feuer und drehte es entschlossen in Richtung des Amboß. Seine rechte Hand nahm seinen Hammer, hob ihn hoch und ließ ihn mit einem Knall, der Gabbie jedesmal etwas aufspringen ließ, auf das Hufeisen niederfallen. Der Hammer ging hoch und runter.
Gabbie war von dem Anblick und dem Geräusch wie hypnotisiert.
Während er hämmerte, rafften sich die Muskeln an Wayland Smith’
Armen und zogen sich wieder zusammen, und Gabbie fand diesen Anblick faszinierend. Bei jeder Anstrengung atmete er aus, beinah ein Grunzen, und Gabbie wurde an die Geräusche erinnert, die Jack machte, wenn sie sich innig küßten. Der Schmied grinste, als amüsierte er sich, und seine Zähne unterschieden sich hell und deutlich von seinem Bart. Er summte eine namenlose Melodie und schien den Takt zu einem unbekannten Tanz zu schlagen. Gabbie spürte, wie ihr Herz den Rhythmus aufsaugte, und sie wurde sich einer feuchten Hitze bewußt, die sich tief in ihrem Körper aufbaute. Die Augen halb geschlossen, wie im Traum, sah sie, daß der Schmied in seiner rohen Kraft schön war. Vorstellungen, wie sein Körper, die Haut bedeckt mit einem Schweißfilm, der das Licht des Feuers reflektierte, sich über sie beugte, durchfluteten ihren Geist, und unwillkürlich keuchte sie. Sie schüttelte ihren Kopf, und ein weit zurückliegender Gedanke erschien ihr: Was stimmt nicht mit mir? Der Gedanke verschwand ebenso schnell, wie er gekommen war. Sie beobachtete den Schmied.
Schweiß sammelte sich unter seiner Hutkrempe und rann seine Wangen hinunter. Sein Hemd wurde feucht und klebte an ihm. Gabbie konnte sich an keinen Mann erinnern, der so stark aussah. Sie war sicher, daß er stärker war als jeder der Football-Stars und Gewichtheber, die sie im Fernsehen gesehen hatte. Und dann war die Kraft dieses Mannes auch ursprünglicher, primitiver und naturhafter als die Muskelpower derjenigen, die Stunden in einem Fitneß-Studio verbrachten. Ein flüchtiges Bild von nautischen Maschinen und beweglichen Gewichten durchkreuzte ihre Gedanken. Sie stellte einen Vergleich an, über den sie kichern mußte. Stahl zu stemmen wirkte lächerlich im Vergleich zu der Fähigkeit, Stahl zu schmieden.
Bei ihrem kichernden Geräusch blickte der Mann auf und lächelte Gabbie an. Die Intensität seines Blickes war unwiderstehlich. Sie spürte, wie ihr ganzer Körper errötete und erschauerte. Ein prickelndes, heißes Bewußtwerden durchströmte sie, und es war schwer, einen zusammenhängenden Gedanken zu erfassen. Sie wurde aufgerüttelt, während sie Wayland Smith beobachtete, wie er den heißen Stahl auf den Amboß schlug. Ziemlich verwirrt überlegte sie, ob sie wohl verrückt werde. Es brauchte nur eine Minute, einen Huf zu bearbeiten; sie hatte Hufschmieden zugesehen, seit sie ein Kind war. Aber es kam ihr so vor, als ob sie diesen Mann seit Stunden beobachtet hätte. Und mit jedem Druck auf den Blasebalg, mit jedem Schlag des Hammers spürte Gabbie ihre Gedanken wegfließen, und ein primitives, dringendes Bedürfnis erhob sich in ihr.
Wayland tauchte das Hufeisen tief in das Wasserfaß, und Gabbie keuchte laut, ihre Augen waren mit den Tränen einer plötzlich heraufziehenden Traurigkeit gefüllt. Eine kühle Brise erfüllte die Lichtung, und die junge Frau erschauerte, fror plötzlich. Gott! Was stimmt nicht mit mir? wunderte sie sich. Smith trug das Hufeisen zu dem Pferd, paßte es an und begann es zu teilen. Das Reibeisen glättete den gebrochenen Huf, und der Schmied maß jeden Schlag sorgfältig ab, so daß der Winkel des Hufes paßte. Er nahm Nägel aus seiner Hemdtasche und begann, das Hufeisen am Huf zu befestigen.
Gabbie erhob sich in der Erwartung fortzugehen, doch ihre Knie waren ganz schwach. Sie machte einen Schritt und merkte, daß sie Gummi in ihren Beinen hatte. Irgend etwas stimmte hier nicht, und sie war durcheinander und ein bißchen ängstlich. Der Duft von Blumen wurde mit der Brise vorbeigetragen, und Gabbie fühlte, daß ihr Kopf anfing zu schwimmen. Die Brise hatte eine ungewöhnlich anregende Beschaffenheit, die ihr Blut hämmern ließ… wie der
Weitere Kostenlose Bücher