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Der Elfenpakt

Titel: Der Elfenpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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streckte die Hand aus, um gegen die Tür zu drücken, und augenblicklich schnellten Metallklauen aus dem Holz hervor, die ihre Hand packten. Blue erstarrte, ihr Herz begann plötzlich zu pochen, und sie zwang sich, nicht in Panik zu geraten. Wenn sie die Hand zurückzog, würden die Krallen ihr das Fleisch von den Knochen reißen. Tatsächlich hatte eine von ihnen die Haut bereits durchbohrt, sodass ein winziger Blutstropfen heraustrat. Blue beobachtete es fasziniert.
    Etwas anderes kam nun aus der Tür hervorgeschossen, diesmal nichts Mechanisches, sondern ein sich schlängelndes Band, das seltsam organisch wirkte. Es glitt über die Oberfläche ihrer Hand und leckte das Blut auf wie eine Zunge. Blue wartete ab und begriff plötzlich, was hier geschah. Offenbar war das Testergebnis zufrieden stellend ausgefallen, denn die Klauen zogen sich abrupt zurück, die Tür brach auseinander und zerfiel vor ihren Füßen zu Staub. Blue trat geziert über das Häufchen hinweg.
    Sie stand in einem riesigen schwarz lackierten Kasten. Seine polierten Wände warfen das Licht einer kleinen Flamme zurück, die in der Mitte des Bodens aus einer Steinschale aufleuchtete. Die Wirkung war bedrückend, aber offenbar war dies nicht mehr als das Vorzimmer zu einem anderen Raum. Blue eilte auf einen offenen Bogengang zu, dann hielt sie, einer Eingebung folgend, inne. Neben der Schale stand auf dem Boden eine erloschene Laterne, ihrem Aussehen nach aus Urzeiten. Der Bogengang wirkte dunkel – er schien jeden noch so kleinen Lichtschein zu absorbieren –, und sie würde eine Lichtquelle brauchen, wenn sie hindurchwollte. Ein lächerlicher Gedanke, sich vorzustellen, dass die Laterne nach all den Jahren noch funktionstüchtig sein würde, doch sie griff trotzdem nach ihr.
    Blue brauchte eine Weile, um herauszufinden, wie die Laterne funktionierte, aber schließlich gelang es ihr, sie an der offenen Flamme zu entzünden. Sie vor sich her tragend, steuerte Blue auf den Bogengang zu.
    Das Zimmer dahinter war anders als alles, was sie je gesehen hatte. Blue kam sich vor, als würde sie unter freiem Himmel in die Nacht hinaustreten, nur dass dieser Nachthimmel mit fremdartigen Sternen übersät war. Ein gemächlich am Boden dahinströmender Fluss aus Mosaiksteinen blitzte im Schein ihrer Laterne auf. An seinen Ufern hockten lebendige Wesen, insektenartig und gepanzert, doch eine innere Stimme sagte ihr, dass sie harmlos waren, solange man sie in Ruhe ließ.
    Blue trat auf den Fluss selbst, der offenbar so etwas wie einen sicheren Weg darstellte. Nach drei Schritten begann ihre Laterne zu flackern, und vor ihr tauchte die Gottgestalt auf.
    Auch die Figur wirkte im Vergleich zu allem, was ihr bekannt war, so fremdartig, dass Blue nicht anders konnte, als sich instinktiv und unterwürfig zu Boden zu werfen.
    Hoch über ihr wölbte sich das blutrot lackierte Bildnis des Gottes über dem Sternenhimmel, abstoßend nackt und deformiert. Seine ausgestreckten Arme bildeten den Bogengang, durch den Blue soeben eingetreten war, und seine mächtigen Beine begrenzten einen offenen Durchgang, der weiter vorn lag. Doch das eigentlich Erschreckende war sein Gesicht, das aus der Düsternis hoch über Blues Kopf widerlich hinuntergrinste, mit weit aufgerissenem Schlund, der wie dazu geschaffen schien, sie bei lebendigem Leibe zu verschlingen.
    Blue riss sich von dem Anblick los und konzentrierte sich auf ihren Atem. Sie durfte nicht vergessen, weshalb sie hier war. Wenn dies hier eine Prüfung sein sollte, musste sie sie bestehen. Ihr Vorhaben war weitaus wichtiger als irgend so eine alberne Reliefschnitzerei einer archaischen Gottheit, ganz gleich, wie viel urtümliche Macht sie auch immer ausstrahlte.
    Nach einer Weile hatte sie sich wieder gut genug im Griff, um den Durchgang zwischen den gespreizten Beinen des Gottes zu passieren.
    Die dritte und letzte Kammer war die seltsamste von allen. Sie hatte ungeheure Ausmaße, als wäre sie dazu geschaffen worden, einen Riesen zu beherbergen. Die Wände und die Decke waren vollständig mit Messingplatten ausgekleidet, die aufgrund ihres Alters zwar grün angelaufen waren, aber dennoch den Schein ihrer Laterne reflektierten. Im Boden aus poliertem Granit war ein Kreis aus Messing eingelegt, der ein riesiges Pentagramm umschloss, ebenfalls aus Messing. Genau in der Mitte des fünf zackigen Messingsterns ragte ein kastenförmiger Altar aus Vulkangestein empor, auf dem ein aufgeschlagenes uraltes Buch lag.
    Blues Blick

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