Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron
und magischen Installationen geschmückt gewesen war, die mit ihrer reinen und feinen Schönheit jedermann zutiefst zu ergreifen vermochten. Nun war all das verschwunden. Ausgerottet, um für nichtssagende, aber funktionstüchtige Korridore Platz zu machen, die einen alle zwanzig Meter einem automatischen Sicherheitscheck unterzogen. Er seufzte innerlich. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, die Revolution der Tafel zu finanzieren, auch wenn sie noch so erfolgreich gewesen war. Aber sobald die Invasion einmal abgeschlossen war und er die direkte Kontrolle sowohl über Haleklind
als auch
über das Elfenreich hatte, könnte er das vielleicht beheben. Die Sieben waren im Augenblick äußerst nützlich, aber letztendlich waren sie bloß kleine Fische und in ihrer Paranoia zu instabil, um ewig an der Macht zu bleiben. Wenn er erst einmal Oberster Herrscher war – wenn er erst einmal
offiziell
Oberster Herrscher war –, konnte er den ganzen Haufen exekutieren und sie durch Innenarchitekten ersetzen lassen. Das würde den Palast zumindest ein bisschen aufpeppen, auch wenn es sonst zu nichts führte.
Ein verborgener Sicherheitscheck ließ ein leises
Piep
ertönen zum Zeichen dafür, dass er unbewaffnet war (als ob er Waffen brauchte, wo er jetzt doch seinen Super-Körper hatte), und Ysabeau blieb vor einem Eingang stehen, der von zwei mürrischen Wächtern flankiert wurde. »Die Prinzessin ist da drinnen«, sagte sie. »Ich nehme an, Sie wünschen sie selbst zu verhören?«
Verhören.
Das war die Art, wie diese Leute dachten. In Wirklichkeit wollte er bloß sichergehen, dass es tatsächlich Prinzessin Mella war, die sie da drinnen festhielten, und sie dann aus dem Kreml holen, sodass er den Rest seiner Pläne in Gang setzen konnte. Aber er nickte nur. »Ja.«
Ysabeau sah ihn trocken an. »Allein? Oder ziehen Sie einen oder mehrere Wächter zu Ihrem Schutz vor?«
Hairstreak hätte beinahe laut aufgelacht. Selbst als er nichts als ein Kopf auf einem Kubus gewesen war, hätte er kaum desSchutzes vor einem fünfzehnjährigen Mädchen bedurft. Angestrengt behielt er sein Gesicht unter Kontrolle. »Allein.«
Ysabeau sah betroffen aus. »Sind Sie sicher, Lord Hairstreak? Ich meine …« Unter seinem wütenden Blick sprach sie den Satz nicht zu Ende. »Natürlich, Lord Hairstreak.«
Das Mädchen in dem Zimmer war Mella, so viel war sicher. Er wusste es schon, sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte: Er hatte mehr als genügend Zeit in ihrer Gesellschaft verbracht, um sich sicher zu sein. Sie sah fit und gesund aus, aber eine seltsame Leere lag in ihren Augen. Ysabeau hatte sie in einem kleinen Raum gefangen gesetzt. Es war zwar keine Zelle, aber doch eine nur karg möblierte Kammer mit einem einzigen Fenster, das zu hoch in der Wand eingelassen war, um als Fluchtweg zu taugen. Die Wächter draußen vor der Tür vervollständigten das Bild: Nicht länger Prinzessin Mella, sondern die Gefangene Mella. Na ja, den Schlamassel hatte sie sich selbst eingebrockt.
Sie saß auf einem unbequemen kleinen Stuhl und machte sich nicht die Mühe aufzustehen, als er hereinkam. »Wer sind Sie?«, fragte sie in diesem scharfen, temperamentvollen Ton, den er so bewunderte.
Es gab überhaupt keinen Grund, sie anzulügen. »Ich bin dein Onkel, Lord Hairstreak.«
»Ich kann mich nicht an Sie erinnern.«
Hairstreak lehnte sich an die Tür und sah auf sie herunter. »Das liegt daran, dass man dir dein Gedächtnis mithilfe eines
Lethe
zaubers ausgelöscht hat. Weißt du, wer du bist?«
An Stelle der Leere in ihren Augen trat nun ein Ausdruck der Unsicherheit. »Ich bin mir nicht sicher«, murmelte sie.
»Mach dir deshalb keine Sorgen.
Lethe
ist nur ein Problem, wenn man sich nicht damit auskennt. Sobald ich dich nach Hause gebracht habe, kann ich die Kristalle schnell wieder entfernen lassen. Danach wirst du dich wieder ganz genau an alles erinnern.« In Wirklichkeit war er sich da gar nicht so sicher. Gewöhnliche
Lethe
war sehr leicht zu entfernen, wenn man das Geld für einen Elementargeister-Arzthatte, aber die Zauberer konnten sehr wohl auch einen ihrer geheimen, militärischen Zauber eingesetzt haben, die sich als weitaus komplizierter entpuppen konnten. Wobei es überhaupt keine Rolle spielte.
Lethe
würde ihn kaum bei der Ausführung seiner Pläne stören.
»Wir fahren nach Hause?«, fragte sie schnell. Das war eine interessante Reaktion. Die meisten Leute hätten mehr Einzelheiten über die eigene Identität
Weitere Kostenlose Bücher