Der Engel Der Kurie
Preis stimmt oder das angedrohte Übel schmerzlich genug ist, läßt er jeden laufen.«
»Ich konnte nicht anders und habe meine Entscheidung schon dem Kanzler erläutert«, erwiderte Jakob matt.
»Du mißtraust mir. Doch erkläre mir bitte, warum?«
Jakob hob die Hände in einer Geste der Ratlosigkeit.
»Ich bin selbst schuld«, fuhr Trippa fort, als hätte er von Jakob gar keine Antwort erwartet. »Ich hätte dich stärker ins Vertrauen ziehen und dich über die Hintergründe unterrichten sollen, die aus der Kurie zur Zeit einen gefährlichen Schwarm frei fliegender Bienen machen. Es war ein Fehler, dich über Fabricio Casale im unklaren zu lassen, diesen machtgierigen Medici-Bankert, und beinahe ein noch größeres Mißgeschick war es, dich Frangipane auszuliefern. Diese Natter hat dich gegen mich eingenommen, nicht wahr? Seinem Einfluß ist es zu verdanken, daß du mich seit Wochen meidest, er ist schuld an deinem Argwohn Ambrogio Farnese gegenüber. – Ja, ich weiß, daß du dem alten Farnese, obwohl du ihm zunächst dein Vertrauen schenktest, bald ebensowenig mitgeteilt hast wie mir, und hätte dich der Kanzler nicht an seinen Vetter verwiesen, würdest du vielleicht immer noch in die Irre gehen. – Ambrogio ist ein nobler Mann. Auf seinen Rat kannst du zählen.«
Er hielt inne und betrachtete Jakob nachdenklich. »Du überlegst, ob du mir vertrauen kannst«, setzte Trippa wieder an. »Wenn ich nicht auf deiner Seite stünde, käme ich dann, um dir mitzuteilen, daß Ennea entflohen ist? Ich wüßte Mittel und Wege, meine Ziele ohne dich zu erreichen; es geht mir um dich, denn du bist in Gefahr. Casale läßt sich von dir nicht in die Suppe spucken. Du hast ihm und seinem Kumpan Frangipane Schwierigkeiten bereitet; das verzeiht er dir nicht. Du mußt dein Werk zügig zu Ende bringen und Casale der Gerechtigkeit übergeben, ansonsten wird es dir schlecht ergehen. Ich will dir helfen, Jakobus, und es ist meine Pflicht, dies zu tun, denn ich war der Bote, der dir vor mehr als zwei Monaten den Auftrag übermittelt hat. Vertraue mir.«
Der Monsignore stand auf und legte Jakob seinen Arm um die Schulter.
»Hast du genug belastende Hinweise gesammelt? Kannst du gegen Casale in den Zeugenstand treten?« fragte er dann mit einer Stimme, die vor Anteilnahme triefte.
Jakob gefiel immer weniger, wie heftig Trippa ihn umschmeichelte. Unbewegt erwiderte er: »Ich bin mir wegen Casale nicht sicher. Morgen wollte ich Ennea noch zu Orsini befragen. Andererseits spricht vieles gegen den Vizedatar. – Verzeiht, wenn ich Euch mit meinem Mißtrauen verletzt habe, doch Ihr hättet mich wirklich mehr in Euer Vertrauen ziehen können. Das hätte mich vor diesem schlimmen Fehler mit dem Tribunale criminale del Governatore bewahrt.« Er trat zur Tür, schob den Riegel zurück und sagte mit fester Stimme: »Gehen wir zu Frangipane und befragen ihn über seinen Sekretär.«
Ein mürrischer Diener öffnete ihnen die Tür und geleitete sie hinauf in das Kaminzimmer, wo der Bischof vor dem Feuer lag und genüßlich Wein trank. Er zeigte sich von ihrem Besuch keineswegs überrascht und wies Trippa und Jakob mit einer herablassenden Geste ihre Plätze neben ihm an. Mit einem Fingerschnippen bedeutete er dem Diener, Becher für die Gäste zu bringen. Bei alledem veränderte er seine Haltung nicht und brachte damit deutlich zum Ausdruck, daß er die späte Störung als lästig empfand. Erst nachdem der Diener die Becher gebracht und Jakob und Trippa aus einem Tonkrug einen kühlen Grauburgunder eingeschenkt hatte, fragte Frangipane gelangweilt nach dem Grund ihres Kommens.
»Tut nicht so scheinheilig«, fauchte Trippa da, »Euer Kaplan ist verschwunden, wie Ihr genau wißt; schließlich wart Ihr noch vor zwei Stunden bei ihm im Corte Savella. – Warum habt Ihr den Hurenschlächter befreit?«
»Als ich ihn verließ, saß er noch in seiner Zelle. Der Wächter hat hinter mir abgeschlossen. Ennea ist schuldig und soll seine Strafe erhalten. Ich habe keine Veranlassung, ihn zu befreien; ich mache mich nicht mit meinen Lakaien gemein.«
»Ihr habt mehrfach zugunsten Eures Kaplans beim Governatore vorgesprochen«, erwiderte Trippa. »Wenn Ihr Ennea für unschuldig haltet, so sprecht es offen aus, aber haltet mich nicht zum Narren.«
»Einzig du machst dich selbst zum Narren, Trippa. Ennea ist schuldig und gehört bestraft; ich habe ihm lediglich die Beichte abgenommen, das ist meine Pflicht als Priester.«
»Du bist ein
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