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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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Giovanni spielte; der Kleine krähte vor Vergnügen. Als Serena Jakob sah, sprang sie auf, und die Huren ermunterten sie, mit Jakob zu Giuseppe zu gehen, sie würden sich um Giovanni kümmern. Jakob begann noch im Treppenhaus zu erzählen, und Serena lauschte seinem Bericht atemlos, bis sie Giuseppes Schenke erreichten.
    »Dann haben wir tatsächlich den Richtigen gefangen.« In ihrer Stimme schwangen Erleichterung und Stolz.
    »Ohne euch liefe er immer noch frei herum, und vermutlich hätten wir dann weitere Opfer zu beklagen, aber ihr dürft euch in Zukunft nicht mehr auf so eine Gefahr einlassen. Versprichst du mir das?«
    Serena versprach es, und Giuseppe brachte ihnen eine kräftige Eierspeise, Wasser und Wein; das Mädchen verspürte einen herzhaften Appetit, Jakob dagegen brachte kaum einen Bissen hinunter.
    »Was ist mit dir?« fragte Serena besorgt. »Ist dir das Verhör auf den Magen geschlagen?«
    »Ich bezweifle, daß solche Torturen das geeignete Mittel sind, die Wahrheit herauszufinden. Wenn ich mir vorstelle, ich selbst hinge an dem Strick, würde ich wahrscheinlich alles gestehen, um die Schmerzen abzukürzen. Besonders bedrückt mich aber, daß Ennea den Mord an einer Hure leugnete, dann gestand und später wieder leugnete. Qualen können die Wahrheit zerstören. Ennea wollte, nachdem er sein Gewissen erst einmal erleichtert hatte, durchaus die Wahrheit sagen, und es war ihm wichtig, nur die Taten zuzugestehen, die er auch begangen hatte. Ich glaube nicht, daß er der Mörder von Antonia ist.«
    »Aber wer ist es dann?«
    »Das muß ich herausfinden, Serena. Solange dieser Mörder frei herumläuft, können wir uns alle nicht sicher fühlen.«

Die Verschwörung
    Am Abend ging Jakob in die vordere Seitenkapelle von Sankt Peter und kniete vor dem Marienaltar, während im Hintergrund wie mahnende Zeigefinger die riesigen Pfeiler des Bramante in den Himmel wuchsen, die dereinst eine gigantische Kuppel tragen sollten. Kalt blies der Abendwind durch die Baustelle. Wenig war erhalten von der alten Basilika, die meisten Mosaiken und antiken Säulen waren von der Hast, mit der Bramante an die Ausführung gegangen war, zerstört worden, und Raffael brachte mit seiner eigenen Idee, die von Bramante geplante Form des griechischen Kreuzes in ein lateinisches zu wandeln, weitere Unordnung in die Kirche. Trotzdem empfand Jakob ein erhabenes Gefühl vor dem Marienaltar und konnte sich auf den Spuren der Apostel Petrus und Paulus wähnen, die in diesem Teil der altehrwürdigen Basilika selbst schon gebetet haben sollten.
    Hier, in der alten Kapelle, spürte Jakob einen besonderen Zugang zu Gott, und nachdem er einige Psalmen gebetet hatte, sprach er von seinen Sorgen wegen der Verbrechen und von den Dingen, die ihm beim peinlichen Verhör besonders nahegegangen waren; es tat ihm gut, sich das Erlebte von der Seele zu reden und darauf zu vertrauen, daß sein Herr ihm zuhörte. Vielleicht konnte er danach eher vergessen, was er erlebt hatte.
    Weißt Du, sagte Jakob in Gedanken zu Gott und lächelte dabei Maria an, niemand ahnt, was in dem Kopf Deines Stellvertreters auf Erden vorgeht. Nimmt man erst seine Berater, den Giberti und den Schomberg, und seine wichtigen Amtsträger, den Kanzler Farnese und einige Kardinäle, dann wird die Kurie verworren, undurchschaubar und geheimnisvoll; und ich, der ich auf wundersame Weise in ihre Fänge geraten bin, fühle mich vollkommen ausgeliefert und im Zustand vollendeter Ohnmacht. Ein Mann sollte aber seinen Gegner kennen und um seine Freunde wissen, doch im Vatikan ist man von Zerrspiegeln und Masken umgeben. Was soll ich etwa von den Farnese halten? Der Kanzler gibt mir den Auftrag, den Mörder der Huren zu suchen, und billigt meine Tat, den Governatore einzuschalten. Sein Vetter Ambrogio mimt mir den väterlichen Berater und versucht, mich gegen Casale zu hetzen; und der Unterhosenkardinal hält sich im Hintergrund, obwohl die Kurialen munkeln, Alessandro sei papabile. Verfolgt Ambrogio, der einzig von den Zinsen seiner Güter lebt, eigensüchtige Ziele, oder will er lediglich das Feld bestellen für seine Verwandten? Kann ich Ambrogio gar nicht trauen oder nur bedingt? Geht es ihm um Trippa, möchte er wissen, ob der Monsignore noch ein verläßlicher Vasall ist?
    Fragen über Fragen, die Jakob sich und seinem Gott stellte und die er nicht zu beantworten wußte. Waren die Farnese ein Rätsel, war es Frangipane nicht minder. Ließ sich sein Verhalten wirklich damit erklären,

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