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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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daß er ein Parteigänger des Pompeo Colonna war? Und was erhoffte er sich von einem Sieg der Colonna? Den Rang eines Kardinals? Arbeitete er auf eigene Rechnung, oder gab er den Wegbereiter für Casale?
    Seit der Entdeckung von Bibiana unter der Engelsburg begegnete Jakob dem Namen Fabricio Casale auf Schritt und Tritt, nie aber dem Menschen selbst. War Casale möglicherweise eine Erfindung oder ein Phantom, das sich eifersüchtige Gehirne einbildeten? Eine verrückte Vorstellung, aber wäre es nicht wunderbar, in der Kurie einen Mann zu haben, den man für alles verantwortlich machen konnte, das mißglückte? Erging irgendwo, und sei es durch den Heiligen Vater selbst, eine unangenehme Entscheidung, schob man sie Casale zu und durfte nun lauthals kritisieren und schimpfen, ja, sogar für den Fall, daß ein Würdenträger einen Vorgang abschlägig behandelte, dies aber gegenüber dem Bittsteller nicht einräumen wollte, mochte er die Verantwortung jenem Casale zuweisen, gegen dessen Macht man nichts unternehmen könne.
    Sollte es Fabricio Casale nicht geben als Mensch von Fleisch und Blut, so war es zwingend notwendig, ihn zu erfinden. Jakob lächelte bei diesem Gedanken. Er fühlte sich plötzlich besser, schlug ein Kreuzzeichen und trat auf den von einigen Fackeln spärlich erleuchteten Platz hinaus.
    Neben dem Mord an Antonia, dachte er, während er die wenigen Schritte zum Collegio Teutonico hinüberging, muß ich den Giftanschlag auf Frangipane aufklären, wenn ich Gewißheit erlangen will. Sein Verdacht gegen Ambrogio Farnese fand seine Rechtfertigung bisher einzig aus dem Umstand, daß Jakob glaubte, Farnese halte Frangipane für einen Verbündeten von Fabricio Casale, der einem weiteren Aufstieg der Familie Farnese im Weg stand. War Casale wirklich so schwer selbst zu treffen, daß es nötig war, einen seiner Verbündeten zu töten? Aber auch ein Dritter konnte ein lebhaftes Interesse daran haben, den Bischof aus dem Weg zu räumen. Möglicherweise standen die Hurenmorde und der Anschlag auf Frangipane in einem engen Zusammenhang; die beiden Verbrechen konnten aber auch überhaupt nichts miteinander zu tun haben.
    Während Jakob das Gästehaus für die deutschen Pilger in Rom betrat, grübelte er darüber, warum Frangipane dem Kardinal Orsini zugeflüstert hatte, Ambrogio Farnese stecke hinter dem Mordanschlag auf dessen Onkel. Hatte nicht andererseits Frangipane zu Ennea gesagt, er verdiene Dank einzig für seinen Mord an Orsini?
    Plötzlich kam Jakob ein ganz anderer Gedanke: Frangipane und Casale hatten es darauf angelegt, durch ihr Werkzeug Ennea den alten Orsini aus dem Weg zu schaffen und diesen Mord zugleich den Farnese in die Schuhe zu schieben, um Unfrieden zwischen diesen beiden Patriziergeschlechtern zu stiften; jeder in Rom wußte, daß die Orsini und die Farnese zu den Todfeinden der Colonna gehörten. Würden sich aber die Orsini mit den Farnese verfeinden, böte sich für die Orsini im Kampf der Familien an, sich mit den Colonna auszusöhnen und diese für die eigene Sache zu gewinnen. Bei den guten Aussichten, welche die Sache der Colonna durch den Vormarsch der kaiserlichen Truppen hatte, wäre eine solche Übereinkunft für die Orsini auf jeden Fall vielversprechend. Und Frangipane hätte mitgeholfen, für seine und der Colonna Sache neue Verbündete zu gewinnen.
    Jakob stand vor seiner Zellentür und kramte den Schlüssel aus seiner Tasche, als er hinter sich schnelle Schritte und heftiges Atmen vernahm; er drehte sich um, und vor ihm stand Monsignore Trippa.
    »Ich muß mit dir sprechen«, keuchte der Monsignore und rang nach Luft. »Sind wir in deiner Zelle ungestört?«
    Jakob nickte, sperrte die Tür auf und winkte Trippa hinein; aus der Mauernische nahm er eine Kerze und zündete sie an jener im Flur an, dann schloß er die Zellentür hinter sich und legte den Riegel vor.
    »Was führt Euch zu mir?«
    »Ennea – er ist aus dem Corte Savella entkommen.«
    »Nein!« entfuhr es Jakob erschrocken. »Wie ist das passiert?«
    »Er erhielt Besuch von Frangipane, den er sich zum Beichtvater erkoren hatte, und als der Wächter seine Abendrunde drehte, war Enneas Zelle leer.«
    »Dann hat ihm Frangipane die Flucht ermöglicht«, flüsterte Jakob.
    »Das müssen wir annehmen.« Trippa nickte müde und setzte sich auf Jakobs Pritsche. »Warum hast du das Verfahren beim Governatore eingeleitet? Ich hätte dir gleich sagen können, wohin das führt. Ernesto Teofani ist feige und korrupt; wenn der

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