Der Engel Der Kurie
sah Jakob den Ausweg: Er schlug den Bischof auf den schwarzen Feldern.
Ungläubig starrte Farnese auf das Schachbrett, hielt wütend dagegen, sah Jakob die Damen tauschen und seinen Springer aus dem Feld schlagen. Die Partie war entschieden.
»Da seht Ihr es.« Jakob lächelte. »Ein geschlagener Bischof wirft alles um.«
Die Jungen von Pozzo bianco
Serena streckte sich auf ihrem Schlaflager aus und wühlte ihr Gesicht in das Strohkissen. Der Tag war lang gewesen, aufregend und voller Traurigkeit; nun, da sie es endgültig wußte, erfaßte sie eine unendliche Müdigkeit: Bibiana war tot. Ja, nur deshalb war sie nicht gekommen. Von einem Tag auf den anderen war sie mit Giovanni allein, niemand auf der Welt würde sich um sie kümmern, es sei denn, er zöge einen Vorteil daraus. Einige Tage mochte Serena Schonfrist genießen, dann würde Apollonia beginnen, sie in die Kunst der Dirnen einzuführen. Ich will nur dein Bestes, würde die alte Kupplerin sagen und über die Freier sprechen sowie über die Art, wie eine Hure den größten Gewinn aus der Lust der Männer ziehen konnte. In wenigen Tagen würde Serena ihre Unschuld verlieren und ihre Seele verkaufen müssen wie die arme Bibiana. Nein, nicht die Seele, dachte sie, nur den Körper, sonst nichts; meine Seele gehört mir, ich schenke sie dem lieben Gott. Aber ob der liebe Gott lieb ist? Würde er das Leid zulassen, das es gibt auf dieser Welt, wenn er lieb wäre? Was für eine dumme Frage, schalt sich Serena; ich kann sie nicht beantworten; wenn ich aber aufhöre zu glauben, wird mein Leben keinen Deut einfacher, sondern höchstens noch hoffnungsloser.
Sie ließ den Tag an ihrem inneren Auge vorüberziehen. Bitterkalt hatte er auf dem Campo de Fiori begonnen; sie hatte gefroren, während sie auf dem Schemel vor Giuseppes Schenke saß und vor sich hin döste. Die Marktweiber mit ihren Obst- und Gemüseständen hatten sie geweckt, und eine besonders derbe Händlerin hatte sie angestoßen und gefragt, ob sie sich einige Quattrini verdienen wolle; Serena half ihr dann beim Aufbau des Standes, beim Abladen von einem einfachen Ochsenkarren und beim Aufschichten der Äpfel und Birnen, sie schleppte und rannte wie eine willige Magd bis in die frühe Mittagsstunde. Bei der Arbeit wurde ihr warm, und sie vergaß für einige Zeit die Sorgen um Bibiana; außerdem hoffte sie immer noch, ihre Tante würde im nächsten Augenblick um die Ecke biegen, sie freudig in die Arme schließen und berichten, was sie alles für wieviel Scudi bei dem Bischof von Rapolla habe tun müssen. Gleichzeitig bekam sie lange Ohren, wenn sich in ihrer Nähe jemand über die toten Huren unterhielt, die man in den letzten Wochen gefunden hatte und über die niemand laut sprechen durfte.
»Stell dir vor«, raunte ein Marktweib einer Dirne zu, »sogar dem Governatore wurde verboten, in der Angelegenheit zu ermitteln.«
»Der mit seinen Sbirri tut eh nichts für uns Weiber«, erwiderte diese verächtlich.
»Trotzdem. Für was gibt's ein weltliches Gericht, wenn nicht für solche Morde.«
»Ich sage euch«, mischte sich eine andere Hure ein, »da stecken die geilen Böcke vom Vatikan dahinter; die saugen uns alle aus, erst nehmen sie Steuern, dann unser Blut.«
»Aber sie geben auch gut«, entgegnete die erste, »mein Kaplan zum Beispiel legt mir immer so viel Quattrini neben das Bett, wie ihm Haare wirr wegstehen.«
»Bestimmt ist er ein Glatzkopf«, stichelte das Marktweib, »denn bei mir feilschst du noch um das letzte Salatblatt.«
»Da sei Gott vor«, verteidigte die Dirne ihren Freier, »er hat dichte Locken. Manchmal stehen sie ihm ganz wirr ab, da muß ich immer lachen. Dann gibt er mir einen Giuli extra. Er ist ein guter Mann.«
»Daß ich nicht lache«, keifte die Verkäuferin nun und legte es darauf an, der Hure ihren Kunden madig zu machen. »Ein guter Priester zügelt seine Lust und hält seinen Pinsel versteckt. Lügner und Hurenböcke sind sie alle.«
»Nein«, schrie die Dirne empört, »mein Ennea ist grundanständig. Er entschuldigt sich jedes Mal bei mir, daß er mich entweiht hat, und tut Buße. Du bist bloß neidisch, weil deiner Potta keiner mehr einen Besuch abstattet!« Dann schnitt sie eine freche Grimasse und verließ den Stand mit aufreizendem Hüftschwung, um demonstrativ zwei Stände weiter einen Salatkopf zu kaufen.
»Da siehst du's wieder«, meckerte die Händlerin an Serena gewandt, »sie wollen nichts glauben und fallen auf jede Schmeichelei herein. Ich sage
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