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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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einhandeln«, sagte der kleinere der beiden Burschen. »Wenn es um die Schwarzröcke geht, gibt's keine Nachsicht; denen dürfen wir nicht in die Quere kommen.«
    »Für heute lassen wir es gut sein«, stimmte Cesare zu. Die drei schlugen sich wechselseitig in die offen hingestreckten Handflächen, dann nahmen sie Serena in ihre Mitte und liefen zurück zum Pozzo bianco.
    »Im Borgo hat mein Freund Luigi eine Bande von Straßenjungs; die treiben sich gern beim Castel Sant' Angelo herum und kommen an jede gewünschte Nachricht. Ihn werde ich später aufsuchen und bitten, sich wegen der Leiche umzuhören. Wir werden herausfinden, wo deine Tante hingebracht wurde. Ich schwöre es dir!« Feierlich legte er sich die rechte Hand aufs Herz und starrte Serena unverwandt an.
    Trotz ihrer Traurigkeit lächelte sie ein wenig.
    Serena hatte sich von Cesare nach Hause begleiten lassen; er hatte versprochen, morgen Mittag mit Nachrichten zu kommen. Als er ging, blickte sie ihm lange nach. Von hinten wirkte er noch untersetzter als von vorne, beinahe dick sah er aus; aber Serena spürte, daß sie ihn mochte. Doch der Trost, den sie bei Cesare gespürt hatte, verging sofort, als sie oben allein in ihrem kleinen Zimmer stand. Weder Apollonia noch der kleine Giovanni oder irgendeines der Mädchen war im Haus. Serena warf sich auf ihr Lager und weinte. Schließlich kam Apollonia; sie trug Giovanni in einem Stofftuch, das sie sich schräg über den Rücken gebunden hatte, und der Kleine spähte frech über die Schulter der alten Kupplerin.
    »Was weinst du?« krächzte Apollonia. »Ist Bibiana immer noch nicht zurück?«
    Stockend und schluchzend begann Serena von ihren Erlebnissen zu erzählen. Apollonia wurde blaß und sagte kein einziges Wort. Ohne jeden Trost warf Serena sich dann wieder auf ihr Lager. Wenn sich doch alles ungeschehen machen ließe, dachte sie und weinte leise. Wären sie doch in Olevano geblieben und hätten den Spott der anderen ertragen. Ihr Kopf fühlte sich unendlich leer an, und beinahe wünschte sie, sie wäre tot. Genau wie ihre Tante.

Die Freundin der Kurie
    Als Jakob am nächsten Morgen erwachte, dröhnte ihm der Kopf, und einige Zeit hielt er das Klopfen an seiner Tür für das Pochen seines Pulses. Schließlich begriff er und wälzte sich von seiner Pritsche.
    »Na endlich«, stöhnte Trippa und stürmte in die Zelle. »Mach dich fertig, wir müssen zum Aventin.«
    »Zum Aventin? Was ist passiert?«
    »Es geht um einen gefallenen Engel.«
    Rasch schlüpfte Jakob in sein Gewand, warf den Mantel um und folgte Trippa, der, ohne sich umzudrehen, zum Borgo San Spirito eilte, nach rechts abbog und zur Ponte Sublicio hastete, wo sie den kleinen Garten neben Santa Maria del Priorato betraten. Mehrere Sbirri standen um ein Gebüsch, und einer dieser römischen Wachleute zeigte Trippa, wo die Leiche lag. Jakob trat näher heran und beugte sich zu dem verkrümmten Frauenkörper. Beim Anblick des Gesichts mußte er vor Schreck husten.
    »Die Leiche ist wieder so schrecklich zugerichtet«, bemerkte der Monsignore sachlich.
    Jakob selbst brachte keinen Ton hervor und starrte nur voller Entsetzen auf die verstümmelte Frau.
    »Beim zweiten Mal ist es schlimmer«, flüsterte Trippa nach einer Weile. »Zum Glück ist dieser Engel ansonsten nicht so zerschunden.«
    Jakob nickte. Der Körper wies keine Schrammen oder blauen Flecken auf; er war bis auf die frischen Verwüstungen makellos.
    »Kein Ton über diesen Vorfall«, befahl Trippa den Wachleuten barsch und winkte dem Bestatter, der abseits mit seinem Leichenkarren wartete. »Du lädst die Leiche sofort auf und kommst mit uns«, gebot er ihm, und seine herrische Art duldete keinerlei Widerspruch.
    Innerhalb weniger Minuten war der Fundort geräumt, und ehe sich allzu viele Schaulustige einfinden konnten, befanden sie sich auf dem Weg zum Vatikan.
    »Ich werde den Medicus kommen lassen«, knurrte Trippa, »obwohl ich glaube, daß wir ihn nicht brauchen; er wird das gleiche sagen wie gestern.«
    »Wer hat heute den grausigen Fund gemacht«, fragte Jakob und hatte Mühe, seine Stimme unbeteiligt klingen zu lassen, denn die Ermordete, daran gab es nichts zu deuteln, war Antonia, seine Tischnachbarin vom gestrigen Abend. Seit er sie am Boden liegen gesehen hatte, zermarterte er sich den Kopf, was in der Nacht alles vorgefallen war, doch er konnte sich nur noch bruchstückhaft erinnern. Zunächst hatten sie bei Frangipane auf dem Diwan gesessen und über die zweideutigen

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