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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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Anekdoten gelacht, die ein gelöster Bischof zum besten gegeben hatte. Nach einiger Zeit waren Frangipane und ein vorlauter Künstler, den Jakob zuvor niemals gesehen hatte, sowie der prahlerische Bankier und Jakob selbst mit ihren Tischdamen in ein Haus außerhalb der Mauer gezogen und dort von mehreren leicht bekleideten Damen empfangen worden. In einem eigens für Frangipane eingerichteten Saal tanzten Mädchen und Knaben zu einschmeichelnder Musik; in ihren Bewegungen deuteten sie immer eindeutiger Rituale und Motive von Fruchtbarkeit und Fortpflanzung an. Jakob meinte sich zu erinnern, in dem Augenblick den Saal verlassen zu haben, als zwei Knaben und zwei Mädchen, gänzlich ihrer Hüllen ledig, begannen, einander handgreiflich zu liebkosen. Er glaubte, er sei allein gewesen, als er ging; doch er war sich seiner Erinnerung nicht mehr sicher, zumal er nicht mehr wußte, was dann noch geschehen und wie er letztlich nach Hause gekommen war.
    »Ein Kaplan von Priorato hat die Tote entdeckt«, beantwortete Trippa Jakobs Frage. »Er kam sogleich in meine Kanzlei; das dürfte helfen, diesen Fall zunächst unter der Decke halten zu können.«
    »Soll der Governatore unterrichtet werden?«
    »Weder der Governatore noch der zuständige Caporiono; wenn erst die Stadtverwaltung Wind von der Sache bekommt, wird die Stimmung in der Stadt noch schlechter, außerdem traue ich Ernesto Teofani nicht über den Weg.«
    »Wenn sich die Morde häufen, wird sich die Heimlichkeit kaum aufrechterhalten lassen.«
    »Gewiß. Aber solange es geht, sollten wir zu den neuen Fällen schweigen. Es ist genug Unruhe in der Stadt, und auch in der Kurie gärt es.«
    »Meine Ermittlungen stehen ganz am Anfang«, sagte Jakob. »Ich glaube nicht, daß ich so rasch etwas herausfinden kann.«
    »Der Kanzler fordert keine Wunder. – Gibt es wenigstens einen ersten Anhaltspunkt?«
    Jakob schüttelte den Kopf. Trippa hatte offensichtlich nichts anderes erwartet, denn er stürmte im Laufschritt weiter. Zeit genug für Jakob, sein Gedächtnis zu durchforsten, ob wenigstens Spuren vom Verlauf der letzten Nacht auftauchten. Aber je mehr er sein Gehirn zermarterte, um so weniger meinte er, eine Erinnerung zu besitzen.
    Frangipane war auf eine beinahe unnatürliche Art und Weise heiter und ausgelassen gewesen; der Bankier – wie hieß er gleich noch? – hatte sich lächerlich in seinem andauernden Bemühen verhalten, den Bischof und die Dirnen zu beeindrucken; der Künstler hatte sich im hintersten Winkel mit seiner blonden Gespielin eingerichtet und nur Augen für deren Reize gehabt. Antonia war zurückhaltend geblieben, wenngleich sie, wie es Ambrogio Farnese empfohlen hatte, durchaus den Eindruck erweckt hatte, mit Jakob innige Zärtlichkeiten getauscht zu haben. Er jedoch hätte schwören können, daß er sie zu keiner Zeit unsittlich berührt hatte. Und er hätte auch darauf einen Eid geleistet – wenngleich mit leichtem Zweifel –, das Freudenhaus ohne Antonia verlassen zu haben.
    Aber vielleicht war ihm jemand gefolgt, vielleicht sogar Antonia? Jakob wußte es beim besten Willen nicht, und in seinem Herzen begann ein Zweifel zu nagen, der ihn besonders schmerzte, denn es war der Zweifel an sich selbst. War er nicht drauf und dran gewesen, mit Antonia in das private Gemach zu gehen, wo sich Frangipane und die anderen vergnügt hatten? Hatte ihn nicht allein die Anwesenheit Margherita Farneses auf eine Art und Weise als Mann angesprochen, die einem Mönch nicht geziemte? Die Nähe Antonias war angenehm gewesen, die Tanzdarbietung aufregend; ja, Jakob mußte sich eingestehen, daß es ihm, soweit er sich erinnerte, durchaus mehrfach nach Art freier Männer ergangen war – nicht nur einmal bewaffnete sich sein Fleisch mit einem harten Dorn, und er hatte Zuflucht nehmen müssen zu leise gemurmelten Paternostern, um die Erregung zu verscheuchen. Viel Wein war geflossen. Sein Brummschädel kam nicht von ungefähr, mußte Jakob sich eingestehen und atmete heftig, als ob er dadurch seine Sinne klären und den Alpdruck, der auf ihm lastete, beseitigen könnte.
    Kaum bei der Engelsburg in Trippas Haus angekommen, schickte Monsignore Trippa nach dem Medicus Moncada. Die Leiche wurde in den Keller gebracht. Diesmal setzten sie sich nicht in Trippas Schreibstube vor den offenen Kamin; die milden Temperaturen machten kein Feuer nötig. Eine innere Unruhe trieb sie um, und sie gingen im Passetto vor Trippas Haustür auf und ab.
    »Du mußt in die

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