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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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Aber Apollonia meint, du kannst helfen, weil du nach dem Mörder suchst.«
    »Wie hieß deine Tante?«
    »Ihr Name war Bibiana. Ich heiße Serena.«
    »Kannst du mich zu Apollonia bringen?«
    »Ja«, antwortete sie erleichtert und ging los; ehe ihr Jakob folgte, warf er schnell eine Kupfermünze auf den Tisch und winkte Giuseppe. Der Wirt grinste und machte zu einem vollbärtigen Kutscher eine Bemerkung, woraufhin alle Männer lachten. Das klang wie Hohn in Jakobs Ohren, aber er kümmerte sich nicht mehr darum, weil seine Führerin so eilig vorauslief, daß er Mühe hatte mitzukommen. Schließlich brachte sie ihn ganz in der Nähe von Claudias Haus in ein düsteres Treppenhaus und wies auf eine kleine Kammer, die ihr schummriges Licht von einer einzigen Kerze erhielt. Während Jakob eintrat, huschte Serena wie ein Schatten davon. Der Mönch nahm nicht wahr, daß sich das Mädchen in einer Nische schräg hinter der Tür versteckte, von wo aus sie das folgende Gespräch ungehindert belauschen konnte. Jakob sah nach vorn und war nicht überrascht: Auf einem Stuhl saß die Alte, der er gestern begegnet war.
    »Warst du bei Claudia?« fragte Apollonia.
    »Ja, aber ich habe dort nichts von Belang erfahren.«
    »Das habe ich befürchtet. Sie hat Angst. Sie hat vier Dirnen verloren, jede schrecklich verstümmelt. Gute Mädchen.«
    »Etwas habe ich doch entdeckt: In dem Haus gibt es eine Lydia. Kennst du sie?«
    Apollonia sah ihn mit fragenden Augen an und nickte langsam.
    »Woher weißt du«, fragte Jakob die Alte, »daß es vier Dirnen sein sollen?«
    »Das ist eine gute Frage, Mönch. – Die Huren auf dem Campo de Fiori wissen nur von drei Toten und ängstigen sich sehr. Deshalb haben uns die Sbirri von der vierten Ermordeten nichts mehr erzählt, nicht wahr?«
    Jakob schwieg, ohne den Blick von der Alten abzuwenden.
    »Du willst es mir nicht sagen, Mönch, doch du schnüffelst seit zwei Tagen rund um den Campo de Fiori und weißt mehr, als du sagen willst. – Ihr Pfaffen glaubt, wir Huren seien dumm. Dabei springt ein Kuttenböckchen nach dem anderen über unsere Röcke und steckt seinen Pinsel in unseren Farbtopf. Du ahnst gar nicht, was ein Kleriker alles spricht, bevor ihn die Reue packt.«
    Die Alte lachte heiser. »Gestern am frühen Morgen habt ihr die vierte ganz nah bei Castel Sant' Angelo gefunden; vom Hochufer an den vatikanischen Weinbergen ist sie heruntergeworfen worden. Ihr habt sie aus dem Gebüsch gezogen; ein junges Ding von neunzehn Jahren, anzusehen wie ein Engel: blaue Augen und rotblondes Haar, das sie geschnitten trug wie ein Knabe. Das war unsere Bibiana. Wer soll nun ihren Sohn versorgen, wer ihre Nichte? Giovanni ist eineinhalb Jahre alt, und die vierzehnjährige Serena wird arbeiten müssen, um sein Maul zu stopfen.«
    »Wir haben die Hure gefunden«, gab Jakob leise zu. »Wir wußten nicht, wer sie ist, wir wissen es von keiner der Toten, die so übel zugerichtet wurden.«
    »Es sind alles Mädchen von Claudia. Deshalb hat sie Angst. Aber du mußt in sie dringen, sie kennt die Heuchler, die hundert Scudi für eine jungfräuliche Dirne bezahlen.«
    »Claudia scheint ein Geheimnis um ihr Gewerbe zu weben.«
    »Das ist wahr und in normalen Zeiten auch gut so. Aber seit die Colonna die Stadt überfallen haben, ist unser Gewerbe in Aufruhr, und jeder beargwöhnt jeden. – Trotzdem weiß kaum jemand über Claudia Bescheid, denn sie versteht es, bescheiden zu sein. Und wenn es nicht so schwierig geworden wäre, neue Mädchen zu bekommen, die unschuldige Engel sind und trotzdem das Gewerbe verstehen, wäre vielleicht alles geheim geblieben. Doch so habe ich der Claudia einen Gefallen getan, als sie für ihre Purpurhüte einen Engel brauchte, und habe ihr meine Bibiana geschickt.«
    »Du bist sicher, daß alle bisherigen Opfer Huren von Claudia waren?«
    »Ja. Sie ist die beste Ruffiana zwischen Kapitol und Vatikan, wenn nicht gar die beste in ganz Rom. Sie betreibt ihr Geschäft nicht in prahlerischer Offenheit. Das überläßt sie geschickt den Mezzani. Eigentlich ist sie aber selbst eine Mezzana, wenn du weißt, was ich meine.«
    Jakob schüttelte den Kopf.
    »Du kennst dich nicht gut aus in unserem Geschäft, Mönch. Und ausgerechnet dich haben sie geschickt, einen Mörder zu finden?«
    Apollonia brach in ein krächzendes Lachen aus; unheimlich anzuhören, steckte es voller Verzweiflung und Anklage, wie es Jakob bisher nur einmal zu Ohren gekommen war; damals, als sie in einem Ingolstädter

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