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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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lachte und es nach Urin roch. Jemand hielt eine Kerze in der Hand. Über ihm stand ein riesenhafter Kerl und hielt sein fleischiges Geschlecht in der Hand. Ein warmer Strahl traf Jakob mitten im Gesicht.
    »Wach auf, du Hund«, blaffte eine Kastratenstimme, die nicht zu dem Riesen paßte.
    »Gib ihm noch ein wenig zu trinken«, rief eine andere Stimme aus dem Hintergrund, und ein dritter Mann lachte grölend dazu. »Oder brauchst du mehr Wein?«
    »Ich hab noch«, triumphierte der Hüne und preßte sich den letzen Strahl ab. Jakob wandte angewidert den Kopf, doch da traf ihn ein Fußtritt in der Seite. Er stöhnte auf.
    »Was schnüffelst du hier herum?«
    »Ich wollte nur …«, versuchte Jakob zu antworten und rang nach Luft, »… ich suche Engel.«
    »Du wirst gleich die Engelein singen hören, du deutscher Schnüffler. Wenn du dich noch einmal hier blicken läßt, wird es dir noch schlechter ergehen.«
    Ein Stiefel trat ihn in die Seite, dann ließ sein Peiniger von ihm ab. Einer seiner Kumpane forderte ihn zum Gehen auf; alle drei lachten; die Kerze wurde ausgeblasen; es war stockdunkel und unheimlich still.
    Am anderen Tag zog Trippa eine bedenkliche Miene, als Jakob von dem Vorfall in der Gasse berichtete. Dann erwähnte der Monsignore, jemand sei in seinen Keller eingebrochen. Offensichtlich sei ein Unbekannter bei den Leichen gewesen, denn an einer Bahre hätte er das Leichentuch zurückgeschlagen vorgefunden. Seltsamerweise sei ansonsten nichts verändert, und verschwunden sei auch nichts.
    »Es wird Zeit, daß wir die Leichen verscharren.«
    »Wer könnte von meinen Ermittlungen wissen?« fragte Jakob ratlos und dachte dabei an Fabricio Casale und jene Schläger, die ihm letzte Nacht aufgelauert hatten.
    »Wenn der Täter in der Kurie sitzt, hat er Mittel und Wege, über den Stand unserer Ermittlungen auf dem laufenden zu bleiben. Ich schließe nicht aus, daß der Mörder etwas ganz anderes bezweckt, als Huren zu töten. Wir müssen nun besonders vorsichtig sein. – Vielleicht sollten wir die Angelegenheit erst einmal ruhen lassen. Wer weiß, wer sich für unsere Toten interessiert. Es kann zu unangenehmen Verwicklungen kommen.«
    Trippa wirkte fahrig und mit den Gedanken woanders. Zunehmend wiegelte er die Bedeutung der Ermittlungen ab und wies Jakob unverblümt an, sich nicht zu sehr in die Angelegenheit zu verbeißen.
    Ähnliche Worte benutzte sein Ordensgeneral, den Jakob nach dem Gespräch mit dem Kanzleinotar aufsuchte. Der Obere bat ihn, in einer Erbschaftsangelegenheit des Ordens ein Rechtsgutachten zu verfassen und dieser Aufgabe jede sonstige Unternehmung unterzuordnen.

Ein Anblick des Jammers
    Zwei Wochen gingen ins Land, und Jakob kam mit seinen Nachforschungen keinen Schritt voran. Fast schien es, als interessiere sich niemand mehr für die toten Engel, insbesondere Monsignore Trippa war nicht für Jakob zu sprechen, und der Ordensgeneral war nur an dem erbrechtlichen Gutachten interessiert. Weder von Frangipane, der ihn zu einem Fest einladen wollte, noch von Ambrogio hörte er etwas. Wahrscheinlich hatte die Kurie auf einmal andere Sorgen; die Politik lief gar nicht nach dem Plan des Heiligen Vaters, der seit dem Überfall der Colonna auf Rache sann, aber offensichtlich nicht wußte, wie er Pompeo Colonna, dem vermaledeiten Kardinal, der nach der Tiara trachtete, die erlittene Schmach heimzahlen konnte. Das Monitorium, das er am 7. November gegen Pompeo erlassen hatte, zeigte keine Wirkung, im Gegenteil: Der Colonna-Kardinal berief in Deutschland ein Konzil und redete da dem Kaiser nach dem Munde. Weil Pompeos dreister Konzilsaufruf in Rom an jeder zweiten Kirchentür angeschlagen war, verhängte Papst Clemens die Acht gegen den Aufrührer und alle seine Anhänger.
    Zu allem Überfluß hatte sich die Nachricht von Giovanni Medicis Tod wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet; der Verlust des letzten legitimen Medici beunruhigte die Römer, weil er als herausragender Kämpfer zur Verteidigung der Stadt vorgesehen war; nun war er im Kampf gegen die kaiserlichen Truppen gefallen, was nur heißen konnte, daß die Kaiserlichen besser waren, als man dachte. Papst Clemens hatte beschlossen, seinen Verwandten trotz etlicher Mißstimmigkeiten zwischen ihnen an den Vatikan zu rufen, und er sah sich nun einer wichtigen Unterstützung beraubt in dem zunehmend gefährlicher werdenden Kampf mit den Landsknechten des deutschen Frundsberg und den Truppen des in Mailand siegreichen Bourbon. Im Vatikan

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