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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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Stimme: »Jawohl, Euer Exzellenz.«
    Frangipane winkte Jakob mit dem Zeigefinger zu sich heran und bedeutete ihm, das Ohr seinem Mund nahe zu bringen. »Du kannst morgen nach Sonnenaufgang kommen, ich glaube, es ist gut, wenn wir uns unterhalten. Den Monsignore will ich so schnell nicht mehr sehen, er ist mir nicht geheuer.« Dabei packte der Bischof Jakobs Hand und drückte sie; dann bedeutete er allen drei, ihn nun in Ruhe schlafen zu lassen.
    Trippa, Moncada und Jakob verließen das Schlafgemach mit ratlosen Mienen. An der Tür stand Ennea, der Kaplan, und verabschiedete sie, indem er jedem einzelnen die Hand reichte. Sein Schatten aber, vom Vollmond gegen die weiße Wand geworfen, bot ein unheimliches Bild.
    Auf der Straße blickten sie hinunter zur Engelsburg, die trutzig im Mondlicht schimmerte; der Himmel war sternenklar, und es schien, als könne man in den Himmel hineinfallen, so dunkel und geheimnisvoll war es um die Sterne herum; und vom vollen Mond mochte man meinen, er sei eine riesige Silberkugel.
    Trippa bemerkte, die Cantarella stamme gewiß von Fabricio Casale. Seltsam, bisher hatte Trippa diesen Namen in Jakobs Gegenwart noch nie erwähnt.
    »Wer ist dieser Casale?« fragte Jakob und gab seiner Stimme einen erstaunten Klang.
    »Du kennst Casale nicht«, fragte Trippa zurück, und Jakob meinte, in Trippas Stimme eine Spur von Enttäuschung zu vernehmen.
    »Mir ist dieser Name nie begegnet«, log Jakob. »Habt Ihr mir wichtige Informationen verheimlicht? Auch Ihr nanntet den Namen nie.«
    Trippa blickte zu Boden; er trug feine, spitze Lederschuhe nach der neuesten Art, die so schwarz poliert waren, daß sie im Mondlicht glänzten. »Ich wollte dich nicht beeinflussen«, antwortete er, »wollte nicht, daß du voreingenommen bist. Wir müssen Fabricio Casale beobachten; er hat überall seine Finger im Spiel.«
    »Auch bei den Engeln?«
    Der Monsignore nickte. »Laß uns morgen nachmittag die Angelegenheit beraten. Jetzt bedarf ich der Nachtruhe.« Dann schritt er auf den Passetto zu und verschwand in seinem Haus. Moncada sah ihm nach und murmelte, er sei ebenfalls müde.
    Jakob blieb allein zurück. Der Tag hatte ihm so viel Aufregung gebracht, daß es ihm guttat, ohne Begleitung zum Camposanto zu schlendern, die Gedanken zu ordnen und sich dann niederzulegen. Seine Füße waren schwer wie Blei, und er konnte kaum noch die Augen aufhalten.
    Doch als er auf der einfachen Holzpritsche in seiner engen Zelle lag, schien der Vollmond durch die Fensterscharte genau in sein Gesicht. Jakob träumte mit offenen Augen, er träumte von Claudia. Die Tränen in ihren Augenwinkeln hatten ihn angerührt und sie für ihn weit über den Status einer Kupplerin und Kurtisane hinausgehoben. Ihr tiefempfundener Schmerz machte sie für Jakob zu einer ganz besonderen Frau, auch wenn er sich ihrer Koketterie bewußt war und nicht vergaß, daß sie stets mit ihrer Wirkung auf Männer spielte. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus, als litte er an einem sanften Fieber, und eine sanfte Stimme sang in seinem Kopf.
    Es dauerte lange, bis er endlich einschlafen konnte.
    Stunden später erwachte Jakob wie aus einer tiefen Ohnmacht. Erschrocken verließ er seine Zelle und ging hinab zum Brunnen, wo er seinen Kopf in kaltes Wasser tauchte. Ohne daran zu denken, daß ihn Frangipane für den Vormittag zu sich gebeten hatte, ging Jakob hinüber zu Trippa und traf den Kanzleinotar in seiner Schreibstube an.
    Wie gewöhnlich herrschte ein geschäftiges Treiben; an jedem Pult stand ein Schreiber und schrieb oder siegelte vor den Augen des Bittstellers; dann wurden die Giuli und Scudi in die Bastkörbe gezählt und die Urkunden in Empfang genommen. Stimmen schwirrten durch den Raum, weil dieser Petent sein Anliegen lang und breit erklärte, jener den Schreiber mit Nachfragen behelligte. Der Monsignore selbst stand in einer düsteren Ecke und beriet sich mit einem Bischof, den Jakob nicht kannte. Als Trippa seiner gewahr wurde, huschte ein Schatten über sein Gesicht, doch dann verzog er die dünnen Lippen sogar zu einem Lächeln; herrisch winkte er Jakob herbei.
    »Exzellenz«, sagte Trippa, und in seiner Stimme lag eine so ausgesuchte Freundlichkeit, daß Jakob vermeinte, deren Falschheit müsse der Dümmste erkennen. Doch der Bischof erkannte sie offensichtlich nicht. »Darf ich Euch«, fuhr Trippa fort, »einen deutschen Dominikaner vorstellen, der von dem bayerischen Nuntius Doktor Eck kommt? Er ist allerdings …«, der Monsignore

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