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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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zögerte mit einem Augenzwinkern, »… im Fleische weniger dogmatisch als die meisten Deutschen.«
    Jakob verneigte sich vor dem Bischof und ergriff die hingestreckte Hand, um den funkelnden Smaragd zu küssen.
    »Dein Kuß«, ergänzte Trippa, zu Jakob gewandt, »galt dem Bischof von Rapolla, seiner Exzellenz Raimondo Senili.«
    Jakob zuckte unwillkürlich zusammen und hoffte, der Bischof möge seine Reaktion nicht wahrgenommen haben. Hatte nicht Claudia von einem Bischof Raimondo gesprochen, den Bibiana an ihrem letzten Abend besucht hatte?
    »Es ist mir ein Vergnügen.« Jakob lächelte den Bischof an, der seine scheinbare Freundlichkeit seinerseits mit einem Lächeln quittierte und sich erkundigte, welche Feste Jakob in letzter Zeit besucht hatte.
    Jakob wehrte bescheiden ab. »Ich bin sehr beschäftigt, da ich in Santa Maria dell'Anima die Messe lese. Nur bei Ambrogio Farnese befand ich mich vor zwei Wochen und gestern bei Giacomo Garilliati.«
    Bischof Senili nickte anerkennend. »Dann solltest du in zwei Wochen keinesfalls des Essen bei Agostino Chigi versäumen; er will einen Ausblick auf den Karneval geben.«
    »Wer wird dieses Fest schon versäumen?« mischte sich Trippa ein. »Dort werden wir uns alle treffen, die wir Rom unsere Heimat nennen. Doch nun, Exzellenz, erlaubt mir, daß ich Euch den Dominikaner entführe, denn wir wollen eine Disputado zur Frage des freien Willens vorbereiten.«
    »Ja«, der Bischof lachte, »neben das Vergnügen hat der Herr die Arbeit gesetzt. Ich empfehle mich, Trippa.« Er zog eine Augenbraue hoch, neigte leicht den Kopf und ging hinaus.
    »Nach dem Mittag habe ich gesagt«, knurrte Trippa ungehalten, als sie die Schreibstube verließen und in seine private Schreibkammer traten. »Ich habe heute viel zu tun.«
    »Wir müssen uns über die neuesten Vorkommnisse austauschen«, entgegnete Jakob gereizt.
    »Ja«, gab Trippa zu, »wir werden nicht mehr lange Gelegenheit haben, die Morde unter uns zu erörtern. Die Nachricht von Orsinis Tod scheint durchgesickert zu sein. Wir kommen an einem Verfahren beim Governatore kaum vorbei. Haben deine Befragungen etwas ergeben?«
    »Nein; niemand will etwas gesehen oder gehört haben, und auch das Mädchen mag keiner kennen.«
    »Du mußt tiefer in die Kreise der Lüstlinge eindringen, mein Freund. Halte dich an Senili, den habe ich in Verdacht, daß er über die jungen Frauen etwas wissen könnte. Allerdings paßt die tote Hure von Aldobrandino nicht ins Bild. Sie ist älter als die bisherigen Opfer und ein gänzlich anderer Typus Frau. Ich werde den Verdacht nicht los, daß es hier weniger um die Hure als um Orsini ging.«
    »Allerdings war die Art und Weise, wie die Tat ausgeführt wurde, identisch«, wandte Jakob ein.
    Trippa nickte. »Irgend jemand könnte sich die Taten unseres Verrückten zunutze machen, um sich und seine Motive mit dieser Methode zu tarnen. Wenn jemand aus dem Klerus mordet, stellt er es meistens sehr geschickt an.«
    Um nachzudenken, zog es Jakob wieder zur Engelsbrücke. Er blickte in das trübe grüne Wasser des Tiber hinab. Keine dreißig Schritt entfernt befand sich das Gebüsch, in dem sie Bibiana gefunden hatten. Lag das wirklich erst zwanzig Tage zurück?
    Jakob kam es wie eine Ewigkeit vor. Seit jenem Morgen hatte sich sein Leben verändert. Ihm war, als hätte er die Unschuld verloren. Er sah Rom nicht mehr mit den Augen des Pilgers, der sich an den vielen heiligen Stätten erfreute, sondern nüchtern wie ein Römer, wenngleich ohne jene Liebe zu der Stadt, die man nur aufbrachte, wenn man in ihr geboren war.
    Ihm schien, als könne er die Vergangenheit schauen, und er sah den Triumphzug des frisch gekrönten Giovanni Medici. Wer hätte gedacht, daß aus dem scheinbar todkranken Kirchenfürsten aus Florenz, der von seinem Wundarzt im Konklave an einer unheilbaren Fistel operiert worden war, Leo X. werden sollte, der den Prunk eines Julius auf die Spitze trieb? Aus dem Exil war er zurückgekehrt, und sein Freund Petrucci hatte ihm vor der Engelsbrücke einen Triumphbogen errichtet und die Brücke selbst mit kostbaren Teppichen ausgekleidet, über die der Krönungszug des Papstes in ehrwürdiger Reihe schritt. Fontänen von Wasser und Wein, als versinnbildliche sich die Hochzeit von Kanaan, ergossen sich aus den Kugeln der Medici, und hinter dem schwitzenden Papst warfen der Kammerherr und seine Diener Gold und Silbermünzen unter das Spalier stehende Volk. Erdrückt von der Last der Tiara und dem Brokat

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