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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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tue ich Trippa Unrecht. Allerdings könnte es sein, daß er sich zu den alten Freunden neue gewonnen hat, deren Sinnen und Trachten in eine andere Richtung geht. – Doch vergeßt dies; wüßte ich mehr, ginge ich zum Kanzler.«
    »Hat dir mein Brief geholfen?« wechselte Ambrogio das Thema.
    »Über die Maßen«, entgegnete Jakob erfreut. »Ich werde heute am Glücksspiel teilnehmen können.«
    Ambrogio Farnese suchte offensichtlich nach tadelnden Worten, als sich sein Gesicht unwillkürlich zu einem Lächeln verzog, das seiner mit rauschenden Gewändern dahinschreitenden Tochter Margherita galt. Die junge Dame hob leicht ihre Augenbrauen an, als sie Jakob erkannte, hauchte ihrem Vater einen Kuß auf die Wange und reichte Jakob die Hand, damit er sie der spanischen Gewohnheit gemäß küßte. Im Gegensatz zu ihrer letzten Begegnung trug sie ein sehr enges, züchtiges Kleid.
    »Ich wollte«, spottete Margherita, der Jakobs aufmerksamer Blick nicht entgangen war, »ich hätte etwas von der Art angelegt, was ich neulich trug, denn ich bin sicher, dann hättet Ihr begonnen, mir aus dem Hohelied des Salomo zu zitieren.«
    Jakob lächelte. »Ich komme in meinen Garten, Schwester Braut; ich pflücke meine Myrrhe, den Balsam; esse meine Wabe samt dem Honig, trinke meinen Wein und die Milch. Freunde, eßt und trinkt, berauscht euch an der Liebe.«
    Sie war ganz nah an ihn herangetreten und hauchte ihm, als er den Vers beendet hatte, ein Bravo ins Ohr; dann legte sie ihm lässig ihre Hand auf die Schulter und zwinkerte ihrem Vater zu. Ambrogio Farnese räusperte sich und bemerkte, zu Jakob gewandt, er möge sich doch morgen im Laufe des Nachmittags zu einem Schachspiel einfinden, damit sie das Problem der Alphini ausgiebig erörtern könnten.
    »Mit dem größten Vergnügen.« Jakob verabschiedete Ambrogio mit einem besonders aufgesetzten Lächeln.
    »Ihr solltet meinen Vater nicht verärgern«, tadelte Margherita ihn. »Ihr müßt Euch einen besonders üblen Scherz erlaubt haben, selten sah ich ihn so wütend.«
    Jakob entschuldigte sich bei Margherita, daß er ihrem Vater nicht jeden Wunsch von den Augen abgelesen habe, jedoch werde er morgen die Gelegenheit nutzen, am Schachbrett alles Versäumte nachzuholen.
    »Nehmt es nicht auf die leichte Schulter«, hauchte ihm Margherita ins Ohr und biß unversehens in sein fleischiges Ohrläppchen. »Es wäre schade, wenn Ihr vor die Hunde gehen würdet.«
    Dann ließ sie ihn stehen und verschwand in der Menge, die sich durch eine weit geöffnete Tür in die Speisesäle drängte.
    Jakob schlenderte in den Saal der Perspektiven zurück; er konnte sich kaum satt sehen an den gemalten Wundern des Peruzzi und versuchte zu ergründen, wie Baldassare es bewerkstelligt hatte, diesen überwältigend natürlichen Eindruck herzustellen. Jakobs Bemühen blieb jedoch vergeblich, denn seine Talente lagen keinesfalls auf dem Feld der bildnerischen Kunst, sondern beschränkten sich auf die Welt der Worte, seien es die Codices des weltlichen und kirchlichen Rechts, Altes und Neues Testament oder auch die Schriften der Kirchenväter. Auch in manchem philosophischen Traktat fühlte er sich zu Hause, und er spielte insgeheim mit dem Gedanken, sich selbst literarisch zu betätigen, denn seit langem beschäftigte ihn eine Idee, rechtliche Fragen mit theologischen zu verknüpfen, vor allem im Hinblick auf den von Luther zur Diskussion gestellten freien Willen. Sein Lehrer zu Ingolstadt jedenfalls hätte seine helle Freude daran, würde Jakob unter solcherlei Gesichtspunkten zu einer hieb- und stichfesten Schlußfolgerung gelangen. Ihm war beinahe, als sähe er in der Weite jener Landschaft, die Peruzzi an die Wand gezaubert hatte, den tapferen Streiter wider die Häresie, Johannes Eck, stehen und ihm zuwinken. Heftig und ungestüm packte ihn sogleich die Sehnsucht nach der hügeligen Landschaft Bayerns und seinen beschaulichen kleinen Städten, in denen es sich so friedlich und gottesfürchtig leben ließ. Er lehnte sich gegen die Wand, nippte an seinem Rotwein und fühlte, daß er tatsächlich Heimweh hatte.
    »Beglückt dich das Fest noch nicht?« drang eine ihm wohlbekannte Stimme in sein Ohr.
    Jakob wandte Frangipane den Kopf zu. Der Bischof schien aufgeregt zu sein; seine Augen irrten unstet umher. »Ihr kennt mich und wißt, wie wenig ich von dem Prunk halte.«
    »Den anderen gegenüber solltest du trotzdem deine Tarnung aufrecht erhalten. – Ennea sagte mir, du hättest ein Bürschchen

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