Der Engel Der Kurie
besucht.
Die peinliche Befragung, der Ennea unterzogen werden sollte, fand in einem kahlen Raum statt, in dem lediglich ein Stehpult für den Gerichtsschreiber sowie ein kleiner Tisch für den Richter und zwei Stühlen standen; Licht fiel durch drei schmale Schießscharten herein, neben dem Schreiber brannte eine in die Wand gesteckte Fackel.
Jakob traf Ernesto Teofani in der Vorhalle des Corte Savella, von da gingen sie gemeinsam zum Verhör; der Governatore hatte es sich nicht nehmen lassen, die Befragung selbst durchzuführen. Zu viele unliebsame Begegnungen hatte er wegen Ennea schon hinter sich gebracht; nicht nur Bischof Frangipane hatte mehrfach zugunsten seines Sekretärs vorgesprochen, auch von oberster Stelle des Vatikans waren Anweisungen gekommen, allerdings äußerst widersprüchlicher Natur. Einerseits verwendete sich Fabricio Casale persönlich für den Angeklagten, andererseits traf eine Anweisung des Kanzlers ein, wonach mit äußerster Strenge zu prozessieren sei, und jeder Seite hatte der Governatore Rede und Antwort stehen müssen. Nun wollte er die Sache zu Ende bringen, gleichgültig, mit welchem Ergebnis.
Jakob hoffte indes noch immer, Ennea würde aufhören zu leugnen und endlich gestehen, denn der Prozeß, der sich nun schon über neun Verhörtage hinzog, zerrte an seinen Nerven.
Als sie ihre Plätze eingenommen hatten, gab Teofani ein Zeichen, und der Scharfrichter trat ein, gefolgt von einem Wächter, der Ennea mit sich führte. Der Henker zögerte nicht; er nahm Enneas Hände, die auf den Rücken gefesselt waren, und schlang um Fessel und Handgelenke ein dünnes Hanfseil, das von der Decke hing. Dort oben lief das Seil durch einen kräftigen Eisenring, und das andere Ende war in Schulterhöhe um einen Haken gewickelt. Der Scharfrichter schob Ennea unmittelbar unter den Eisenring in der Decke, dann packte er das andere Ende des Seils und zog daran langsam an, bis sich Enneas Hände auf dem Rücken nach oben bogen. Der Sekretär beugte sich vor, ging leicht in die Knie und versuchte mit dieser Verrenkung seine Arme zu entlasten. Bei dieser unbequemen Stellung ließ es der Henker bewenden und schlang das Seil mehrfach um den Wandhaken.
»Nun frage ich dich ein letztes Mal, Ennea«, begann der Governatore die eigentliche Befragung, »ob du willens und in der Lage bist, die Wahrheit einzugestehen, oder ob deine Verstocktheit uns zwingt, dich mit Gewalt zur Besinnung zu bringen.«
»Stets habe ich die Wahrheit gesagt und nichts als die Wahrheit«, beteuerte Ennea. »Ich schwöre, daß ich unschuldig bin.«
»Dieses Seil, das dich nun in eine mißliche Haltung zwingt, wird bei der nächsten Frage angezogen werden, bis deine Arme aus den Gelenken springen und deine Füße den Boden nicht mehr berühren. Hast du diese territio verbalis verstanden?« Ernesto Teofani nahm es ernst mit der Regel, vor jeder Folter die Werkzeuge und ihre Wirkung eindringlich zu beschreiben.
»Wenn deine Arme aus den Gelenken springen, wird ein teuflischer Schmerz in deine Achseln fahren, und der dünne Strick wird dir an den Händen das Blut abschnüren, so daß du von zwei Seiten stechende Qual erfährst. Erspare dir solche Torturen und gestehe die Morde.«
»Niemals werde ich gestehen«, schrie Ennea voller Zorn und stieß im nächsten Moment einen schrillen Schmerzensschrei aus, denn der Henker hatte heftig an dem Seil gezogen und den Delinquenten mit einem Ruck in die Höhe gehoben.
»Hat die Stimme des Herrn zu dir gesprochen?« fragte Jakob nun eindringlich, doch Ennea schüttelte fluchend den Kopf.
»Wo warst du in jener Nacht, als Paola starb?«
»Ich weiß nicht, wann die Hure starb«, schrie der Angeklagte mit schmerzerfüllter Stimme.
»Wie kamst du in die Gemächer des Kardinal Orsini?«
»Ich kenne keinen Orsini.«
»Warum hast du immer nur die linke Brust deiner Opfer zerfetzt?«
»Weil sie über dem Herzen liegt, wo der lüsterne Dämon entschlüpfen muß«, schrie Ennea und erschrak. »Mein Gott«, rief er gequält und biß sich so heftig auf die Zunge, daß ihm Blut aus dem Mund trat.
Wie um den Angeklagten zu ermuntern, so rasch wie möglich weiter zu sprechen, riß der Henker einmal kräftig an dem Seil, so daß Enneas Körper hin- und hergeschüttelt wurde, um gleich darauf das Seil blitzschnell nachzulassen. Ennea stürzte auf den Boden und wimmerte.
»Wegen der Dämonen also«, sprach Jakob ganz sanft und machte dem Governatore ein Zeichen, ihn fortfahren zu lassen.
Der
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