Der Engel Der Kurie
Governatore nickte. »War es nicht so, daß die erste, Paola, die Dirne deines Herren, eine Hexe war? Hat sie den Bischof verzaubert und mit teuflischen Mitteln davon abgehalten, seine und ihre Lust gleich nach der Erfüllung zu büßen? Daran hast du sie als Teufelsbuhle erkannt und mußtest Frangipane retten. Auf keinen Fall durfte geschehen, daß sie seine Konkubine wurde. Je länger das Hexengift wirkt, desto bedrohlicher wird es für die gute Seele. Daher mußtest du rasch handeln, noch in derselben Nacht, in welcher dein Herr auf die Bußübungen verzichtete. War es so?«
Der Kaplan hob zaghaft seinen Kopf und blickte Jakob mit blutunterlaufenen Augen an; blanker Haß sprach aus diesen Augen.
»War es so?«
Ennea spuckte aus, doch der Henker zog ihn wieder ein Stück in die Höhe, und er schrie wie ein waidwundes Tier.
»War es so?«
»Ja … um Gottes willen, ja!«
Der Henker ließ Ennea langsam zu Boden sinken.
»Du hörtest die Stimme des Herrn, der dich beauftragte, deinen Herrn zu retten, nicht wahr?«
»Ja.«
»Du bist der Hure hinterhergeschlichen, bis kurz vor den Tiber; da hast du sie in ein Gebüsch gezerrt und ihr die Kleider vom Leib gerissen. Dann hast du die Stimme gehört, die dich ermahnte, sie mit deinem Speer zu züchtigen. Dabei ekelt dich vor diesem Eindringen. Aber du bist in sie eingedrungen, nicht wahr?«
»Herrgott, ja«, fauchte Ennea. »Woher weißt du das alles?«
»Hast du Lust dabei empfunden?«
»Zu ihrer Strafe tat ich es. In den Staub mußte sie knien, nieder und gemein sollte sie ihre Geilheit büßen, ehe ich ihre Seele der Gnade des Herrn empfahl. Dann setzte ich ein Zeichen, auf daß eine jede es wahrnehme, wohin man mit Hurerei und Hexerei gerät.«
»Aber das Zeichen wurde nicht verstanden. – Da sprach die Stimme in dir, du sollest ein weiteres Zeichen setzen.«
Ennea nickte.
»Erzähle, was geschah. Erleichtere deine Seele und beichte.«
Der Widerstand des Sekretärs war gebrochen; zu peinigend und gemein war das Aufziehen, diese simple Art der Folter, die seit Jahrhunderten in Gebrauch war. Ennea redete und redete, um den Schmerzen zu entgehen, und gestand nacheinander die Morde an Dora, die man in den Ruinen unter dem Kapitol gefunden hatte, an Tullia, die im Park von San Pietro in Montorio entdeckt worden war, und an Bibiana, die unter Castel Sant' Angelo gelegen hatte.
Wie er zu seinen Opfern gelangt sei, wollte Jakob wissen, und die Erklärung überraschte ihn, weil sie so einfach war. Es war Fabricio Casale gewesen, der bei den Treffen mit Frangipane in dessen Haus genüßlich von den Vorzügen seiner Engel berichtet und sich dabei über die Wüstlinge lustig gemacht hatte, die ein Vermögen dafür ausgaben, mit einer besonders jungen Hure zu schlafen. Besonders erfreut hatte Casale dabei die Lüsternheit eines Bischofs aus Venedig, dem er für ein kleines Vermögen die unschuldige Dora schickte und den er fortan in der Hand hatte. Da Casale Wert darauf legte, verläßliche Berichte von neuen Kunden zu erhalten, war Ennea kurzerhand beauftragt worden, Dora zu beschatten und den Venezianer bei seinem Rendezvous zu belauschen. Danach konnte Ennea das Mädchen abpassen und an ihr sein tödliches Zeichen setzen; der erschrockene Bischof war fortan lammfromm, denn Casale nutzte nicht nur die Lüsternheit, sondern auch den Tod der Hure gegen den Gestrauchelten aus und preßte dem Venezianer neben einem kleinen Vermögen auch geheime Nachrichten aus der Lagunenstadt ab.
Auf ähnliche Weise hatte Ennea von den Treffen Tullias mit Ambrogio Farnese und Bibianas mit Raimondo Senili erfahren und die Nachtstunden für seine tödliche Mission benutzt. Bei jeder Bluttat hatte der Kaplan sich im reinen mit seinem Gott und seinem Herrn gewußt, denn Casale wendete jeden Mord zu seinen Gunsten.
Dann aber versiegte Enneas Redefluß abrupt. Als Jakob die Sprache auf Antonia brachte, stritt der Sekretär den Mord so hartnäckig ab, daß der Henker ihn viele Male aufziehen mußte.
»Haltet ein«, jammerte der Kaplan schließlich am Ende seiner Kräfte. »Ich gestehe euch alles, was ihr wollt. Ich habe diese Nutte getötet wie alle anderen, damit sie ihre gerechte Strafe erfährt und die verderbte Welt endlich meine Zeichen erkennt.«
Ohne genauer zu fragen, brachte Jakob die Rede auf Lydia und Aldobrandino Orsini. Hatte Ennea auch diese Morde begangen?
»Orsini war der schlimmste von allen«, keuchte der Kaplan und gestand auch diesen Mord.
»Wie bist du in
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