Der Engel Esmeralda
dafür, dass die Leute in der Nähe des Schalters nach vorn drängten. Ich ging außen herum auf die Seite undnäherte mich von der Rückseite des Nebenschalters, wo noch ein paar Leute standen. Die rückbestätigten Passagiere bildeten eine Schlange vor der Passkontrolle.
Stimmen. Eine britische Frau sagte, der Flug am Spätnachmittag sei annulliert worden. Wir schoben uns allesamt näher heran. Zwei karibische Männer ganz vorn wedelten dem Angestellten mit ihren Tickets vor der Nase herum. Weitere Stimmen. Ich sprang mehrmals hoch, um über die Köpfe der versammelten Passagiere auf die unbefestigte Straße draußen zu schauen. Rupert war immer noch da.
Schnell nahmen die Dinge Gestalt an. Fracht und Gepäck durch eine Tür nach draußen, Passagiere durch die andere. Mir wurde klar, dass jetzt nur noch die Kandidaten von der Warteliste übrig waren. Die Leute, die den Schalter verließen, wirkten wie angetrieben von einer tiefen, rettenden Kraft. Als wäre eine primitive Taufe im Gange. Wir Restlichen drängten uns um den Angestellten. Er machte Häkchen hinter einige Namen und strich andere durch.
»Die Maschine ist voll«, sagte er. »Die Maschine ist voll.«
Acht oder zehn Gesichter waren übrig, mit dem matten Ausdruck des leidenden Reisenden. Diverse Arten Englisch wurden gesprochen. Jemand schlug vor, wir sollten uns zusammentun und ein Flugzeug chartern. Das sei hier ziemlich üblich. Jemand anders erwähnte einen Neunsitzer. Der Erste schrieb Namen auf und ging mit ein paar anderen auf die Suche nach dem Charterbüro. Ich fragte den Angestellten nach dem Spätnachmittagsflug. Er wusste nicht, warum der annulliert worden war. Ich bat ihn, Jill und mich auf den ersten Flug des nächsten Tages zu buchen. Er komme nicht an die Passagierliste heran, sagte er. Er könne uns nur auf die Warteliste setzen. Morgen früh wüssten wir alle mehr.
Jillund ich schoben unser Gepäck mit den Füßen zur Tür. Einer der Charterkandidaten kam noch mal, um uns zu sagen, dass später am Tage vielleicht ein Flugzeug zu organisieren sei – allerdings nur ein Sechssitzer. Das schien uns auszuschließen. Ich gab Rupert ein Zeichen, und wir trugen die Sachen zum Auto. Rupert hatte ein längliches Gesicht und eine Lücke zwischen den Schneidezähnen, über seiner Brusttasche trug er eine Silbermedaille – einen aufwendig gestalteten ovalen Orden an einem mehrfarbigen Stoffstreifen.
Jill setzte sich auf die Rückbank und las. Rupert, neben dem Kofferraum stehend, sagte, er kenne ein Hotel nicht weit vom Hafen. Sein Blick irrte ständig nach rechts. Eine Frau stand ein paar Schritte entfernt und wartete sehr ruhig ab, bis wir ausgeredet hatten. Ich meinte, sie am Rand der Menge im Terminal gesehen zu haben. Sie trug ein graues Kleid und hatte eine Handtasche dabei. Zu ihren Füßen stand ein kleiner Koffer.
»Bitte, mein Taxi ist schon zurückgefahren«, sagte sie zu mir.
Sie war blass, hatte ein weiches, unansehnliches Gesicht mit vollen Lippen und kurz geschnittene braune Haare. Sie hielt die Rechte vor die Stirn, um die Augen vor dem Sonnenlicht zu schützen. Wir verabredeten, uns die Taxikosten zum Hotel zu teilen und morgen früh auch wieder zusammen herzufahren. Sie sagte, sie sei Nummer sieben gewesen.
Auf dem ganzen Rückweg war es heiß und grell. Die Frau saß vorn neben Rupert. In Abständen drehte sie sich zu Jill und mir um und sagte: »Furchtbar, einfach furchtbar, was für ein System die hier haben«, oder »Ich begreife nicht, wie die ökonomisch überleben können«, oder »Die konnten mir nicht mal garantieren, dass ich morgen hier wegkomme«.
Alswir anhielten, um ein paar Ziegen über die Straße zu lassen, kam eine Frau zwischen den Bäumen hervor und wollte uns Muskatnüsse in kleinen Plastiktüten verkaufen.
»Wo stehen wir auf der Liste?«, fragte Jill.
»Zwei und drei diesmal.«
»Um wie viel Uhr geht der Flug?«
»Viertel vor sieben. Wir müssen um sechs dort sein. Rupert, wir müssen um sechs dort sein.«
»Ich fahre Sie.«
»Wo fahren wir jetzt hin?«, fragte Jill.
»Hotel.«
»Klar, Hotel. Was für ein Hotel?«
»Hast du mich da hinten springen sehen?«
»Das hab ich verpasst.«
»Ich bin hochgesprungen.«
»Barbados klappt nicht, oder?«, sagte sie.
»Lies dein Buch«, sagte ich zu ihr.
Die Ketsch ankerte immer noch im Hafen. Ich zeigte sie der Frau vorn und erklärte ihr, dass wir die letzten anderthalb Wochen an Bord verbracht hätten. Sie drehte sich um und lächelte
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