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Der Engel Esmeralda

Der Engel Esmeralda

Titel: Der Engel Esmeralda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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finde trotzdem, wir sollten zusammen reisen.«
    »Wir sind ein Team. Wir sind die ganze Zeit ein Team gewesen.«
    »Wie viele Flüge gibt es morgen nach Barbados?«
    »Nur zwei. Was ist am Mittwoch?«
    »Bernie Gladman kommt aus Buffalo runter.«
    »Und meilenweit verbrannte Erde.«
    »Es hat ja nur sechs Wochen gedauert, den Termin zustande zu kriegen.«
    »Wir kommen weg. Wenn nicht um sechs-fünfundvierzig, dann am Spätnachmittag. Wenn das passiert, verpassen wir natürlich unseren Anschlussflug in Barbados.«
    »Das will ich gar nicht hören«, sagte sie.
    »Es sei denn, wir fliegen stattdessen nach Martinique.«
    »Du bist der einzige Mann, der je begriffen hat, dass Langeweile und Angst für mich ein und dasselbe sind.«
    »Ichversuche, dieses Wissen nicht auszunutzen.«
    »Du bist wahnsinnig gern langweilig. Du suchst nach besonders langweiligen Situationen.«
    »Flughäfen.«
    »Stundenlange Taxifahrten«, sagte sie.
    Zuerst beugten sich die Palmwipfel. Dann schlug der Regen zu und klatschte in schweren Spritzern auf den Steinpfad. Als er nachließ, gingen wir über den Rasen zu unserer Suite.
    Jill beim Ausziehen zuschauen. Rum im Zahnputzglas. Klang und Kraft des Windes. Das Spannen der Haut um die Augen nach zehn Tagen Sonne und windigem Wetter.
    Ich konnte schlecht einschlafen. Nachdem sich der Wind endlich gelegt hatte, war das Erste, was ich hörte, das Krähen der Hähne, es schienen Hunderte zu sein, hinten in den Hügeln. Minuten später fingen die Hunde an zu bellen.
    Wir fuhren im ersten Tageslicht los. Neun Männer mit Macheten tappten im Gänsemarsch an der Straße entlang.
    Wir stellten fest, dass die andere Frau Christa hieß. Sie und Jill plauderten auf den ersten Kilometern ein wenig. Dann senkte Jill den Kopf und wandte sich ihrem aufgeschlagenen Buch zu.
    Kurz regnete es.
    Ich hatte um diese Zeit vielleicht mit einem halben Dutzend Leute im Flughafen gerechnet. Er war proppenvoll. Alle drängten sich um den Schalter. Vor lauter Gepäckstücken und Kisten und Vogelkäfigen und kleinen Kindern kam man kaum an ihn heran.
    »Wahnsinn«, sagte Jill. »Wo sind wir? Ich glaube es nicht.«
    »Wenn das Flugzeug hier ankommt, wird es leer sein oder beinahe leer. Darauf zähle ich. Und viele dieser Leute stehen aufder Warteliste. Wir sind Nummer zwei und drei, nicht vergessen.«
    »Gott, wenn es dich gibt, hol mich hier raus.«
    Sie war kurz vorm Weinen. Ich ließ sie an der Tür stehen und versuchte, zum Schalter durchzukommen. Ich hörte, wie das Flugzeug herankam und landete.
    In Minutenschnelle waren die regulären Passagiere fast alle abgefertigt und bildeten eine Schlange quer durch den Raum. Die Hitze war jetzt schon schweißtreibend. Unter uns, die wir im Pulk stehen blieben, gab es kleine Verzweiflungsausbrüche – ein Ungestüm von Bewegung, Gestik und Mimik.
    Ich hörte, wie der Angestellte unsere Namen aufrief. Ich ging zum Schalter und beugte mich weit hinüber. Sein Kopf und meiner berührten sich fast. Einer von uns würde fliegen, sagte ich zu ihm, und einer nicht. Ich gab ihm Jills Flugschein. Dann hetzte ich zurück, um ihr Gepäck zu holen und es zu der kleinen Plattform neben dem Schalter zu tragen. Ihr Mund klaffte auf, und ihre Arme schnellten zur Seite, eine Stummfilmpose der Überraschung. Sie kam mit einem meiner Gepäckstücke hinter mir her.
    »Du fliegst allein«, sagte ich. »Du musst an dem Schalter ein Formular ausfüllen. Wo ist dein Pass?«
    Als ich das Gepäck los war, begleitete ich sie zur Passkontrolle und hielt eine ihrer Tragetaschen, während sie das gelbe Formular ausfüllte. Zwischen den einzelnen Feldern warf sie mir immer wieder besorgte Blicke zu. Überall Verwirrung. Der Raum ringsum Glas, Licht.
    »Hier ist Geld für die Flughafensteuer. Sie konnten nur einen von uns unterbringen. Es wäre dumm, wenn du nicht fliegen würdest.«
    »Aberwir waren uns doch einig.«
    »Es wäre dumm, nicht zu fliegen.«
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Das schaffst du schon.«
    »Und du?«
    »Ich heirate eine Eingeborene und lerne malen.«
    »Wir können ein Flugzeug chartern. Komm, das versuchen wir, auch wenn wir nur zu zweit sind.«
    »Das ist hoffnungslos. Nichts funktioniert hier.«
    »Ich mag aber so nicht abreisen. Das ist so furchtbar. Ich will nicht weg.«
    »Jill, Schatz«, sagte ich.
    Ich sah ihr nach, wie sie am Heck auf die Gangway zuging. Bald drehten sich die Propeller. Ich ging hinein und sah Christa an der Tür stehen. Ich holte mein Gepäck und ging nach

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