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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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ich, „das war verdammt kindisch und billig, jedesmal unterzutauchen, wenn der Scheinwerfer kam!“
    „Haben Sie Angst gehabt?“ fragte sie, und ihre Stimme war ganz klein und zittrig.
    „Ja“, sagte ich, „um mich. Nicht um Sie. Ich hab’ schon manchen Kerl umgelegt, aber ich hab’ noch kein kleines Mädchen absaufen lassen, und das hätte mich mindestens meine Lizenz gekostet. Darum hatte ich Angst.“
    Sie stand auf.
    „Drehen Sie sich bitte um!“ sagte sie. „Ich möchte mich anziehen.“
    Sie stand ganz dicht vor mir. Gott weiß, daß ein Privatdetektiv aus dem gleichen Material gemacht ist wie jeder andere Mann, nur vielleicht ein ganz klein wenig besser. Und Lynn Collins, der vielleicht von irgendwoher zuschaute, wird mir auch nicht böse gewesen sein, daß ich die nächste Viertelstunde nicht mehr an ihn dachte.
    Als wir uns wieder angezogen hatten, trudelten wir ganz gemütlich nach Redondo Beach. Wir hatten beide einen Mordshunger, hockten nebeneinander, rauchten und schauten aufs Meer.
    „Was wollten Sie mir sagen, Andrea?“
    Sie fuhr mir mit ihrer Hand durch mein nasses Haar. Ihre Augen verschleierten sich einen Augenblick, und sie schüttelte den Kopf.
    „Später“, sagte sie, „bitte, später! Wir haben noch viel Zeit.“
    Ich erinnerte mich daran, was sie gerufen hatte, als sie ins Wasser gesprungen war, und ich fragte sie danach.
    „Ich weiß es nicht mehr, Chess. Ich glaube, ich rief, Sie sollen mich retten.“
    „Ja, — aber — aber Sie sagten nicht Mr. Manning.“
    „Nicht? Was soll ich denn sonst gesagt haben?“
    „Ich hab’s nicht genau verstanden. Aber Sie sagten einen andern Namen.“
    Sie Schüttelte wieder den Kopf und lächelte mich an.
    „Sie müssen was Falsches gehört haben. Ich kann aber jetzt überhaupt nur noch an ein Steak denken, an ein großes Steak mit viel Salat dazu.“
    Wir legten an der hufeisenförmigen Fischerpier an, brachten unsere nassen Haare in Ordnung, so gut es gehen wollte, und dann bummelten wir mit Mr. Smith durch den City Park und kamen an der Bank vorbei, auf der ich gestern abend gesessen und auf die Dunkelheit gewartet hatte,
    Wir schlenderten durch das Vergnügungsviertel, vorbei an den Ständen, wo man in Öl gebratene Seetiere bekam, und etwas später kaufte ich ihr einen besonders schönen Mondstein, wie man ihn an der Küste etwas weiter im Norden findet.
    Schließlich kamen wir auch noch bei „La Costa“ zu unserem Steak mit viel Salat. Nach dem Essen fing ich wieder an.
    „Wollen Sie mir jetzt nicht sagen, was
    Sie legte ihre Hand auf meinen Arm und blickte mich bittend an.
    „Gleich, — bestimmt gleich. Wenn wir heimfahren, ja?“
    „Meinetwegen.“
    Allmählich ging mir ein Licht auf.
    „Warum lachen Sie?“ hörte ich sie auf einmal fragen.
    „Nur über mich“, sagte ich, „ich hab’ nämlich gerade festgestellt, daß ich nicht halb so schlau bin, wie ich gedacht habe.“
    Sie beobachtete mich ernst und aufmerksam, sagte aber nichts. Ich fragte sie:
    „Von wem haben Sie eigentlich diese verdammt hellen Augen?“
    „Von meinem Vater.“ Es klang abweisend, wie sie das sagte.
    „Mochten Sie ihn nicht?“
    „O doch“, sagte sie, „er war ein sehr bedeutender Wissenschaftler.“
    „Aber Sie liebten ihn nicht?“
    Sie blies den Rauch ihrer Zigarette weit von sich,
    „Wissen Sie“, sagte sie, „man kann wahrscheinlich nur einen Menschen lieben, der einen wieder liebt. Mein Vater liebte nur seine Arbeit. Er kannte nichts anderes, und es gab für ihn nichts Wichtigeres.“
    „War die Ehe Ihrer Eltern glücklich?“
    Sie dachte eine Weile nach, dann sagte sie:
    „Meine Mutter würde sagen: ja. Sie haben jung geheiratet, und meine Mutter kannte nichts anderes. Sie ist eine Spanierin, auch wenn ihre Großeltern schon einen amerikanischen Paß hatten; sie ist Spanierin geblieben. Als Frau war sie nie Amerikanerin. Es gab für sie nur eine Instanz, die alles entschied: ihren Mann. Und wenn er sie geschlagen hätte, dann wäre das eben sein Recht gewesen.“
    Ich bekam rote Ohren.
    „Sind Sie mir böse, — wegen vorhin?“
    „Nein“, sagte sie und schaute mich ruhig an, „da waren Sie im Recht.“
    Ich glaubte zu verstehen, was sie meinte. Wer sie ungerecht behandelte, würde sie zum Todfeind haben.
    „Ihr Vater ist so früh gestorben“, sagte ich, „war er krank?“
    Sie nickte. „Leberkrebs, sagte der Arzt.“
    „Ist das, — ich meine nach seinem Tode, genau festgestellt worden?“
    „Lassen Sie das doch

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