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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Leuchtfeuer von Point Dume.
    Nach einer Weile drehte ich noch weiter nach Norden und steuerte die Lichter von Hermosa Beach an.
    Ich drehte wieder auf, soweit es ging, und der Johnson-Motor hob das Boot steil aus dem Wasser. Andrea stand neben mir, und der Fahrtwind zerrte an ihr. Sie schaute lachend zu mir herunter und ich schrie: „Wenn Sie mir jetzt nicht sofort sagen, was Sie Wichtiges wissen, schmeiße ich Sie ins Wasser!“
    Sie knöpfte sich blitzschnell die Bluse auf, warf sie irgendwohin ins Boot, schlüpfte aus ihrer Hose, wobei sie Bewegungen machte wie eine Schlange, die sich häutet, und dann zog sie noch die Schuhe und die Söckchen aus. Sie reckte die Arme hoch, stieg rückwärts auf die Bordkante, und während sie sich hintenüber ins Wasser fallen ließ, rief sie mir zu: „Retten Sie mich, Mr. Marlon!“
    Ich stoppte den Motor und sprang auf. Das Boot tauchte mit dem Bug ins Wasser wie ein müdes Tier, und ich stand darin und brachte eine Weile meinen Mund nicht zu. Ich sah ihr Gesicht wie einen kleinen, hellen Fleck weit hinter mir. Sie hatte ganz deutlich ,Marlon’ gesagt.
    Mit zwei Griffen hatte ich Schuhe und Strümpfe aus, und als ich die Badehose an hatte und gerade ins Wasser springen wollte, rief sie mir zu:
    „Nicht! Um Gottes willen nicht! Bleiben Sie im Boot!“
    Ich war mit einem Hechtsprung im Wasser und schwamm auf sie zu.
    „O Gott!“ rief sie, „was haben Sie da angestellt! Der Wind! Wir werden das Boot nicht mehr erwischen.“
    Ich kümmerte mich den Teufel um das Boot. Ich schwamm bis zu ihr, hielt sie fest und ließ mich mit ihr zusammen untergehen. Sie wehrte sich nicht.
    Als wir wieder schnaufend und Wasser spuckend hochkamen, war das Boot weit abgetrieben.
    „Das hätten Sie nicht tun dürfen“, sagte sie, „der Wind treibt es vor sich her, und wenn wir Pech haben, kriegen wir’s nicht mehr.“
    An den Lichtern schätzte ich, daß wir gute zwei Meilen vom Strand entfernt waren.
    „Kommen Sie langsam nach“, sagte ich, „ich will versuchen, das Boot zu erreichen.“
    Eine Weile blieb sie noch neben mir, dann fiel sie langsam mehr und mehr zurück.
    Ich konnte den dunklen Schatten des Bootes und das rote Backbordlicht etwa fünfzig Yards vor mir erkennen; vor allem aber brauchte ich nur dorthin zu schwimmen, wo Mr. Smith wie rasend bellte. Nach einer Weile merkte ich erst, wie ernst es wurde. Ich kam dem Boot kaum näher, aber mein Abstand zu Andrea wurde immer größer.
    „Können Sie noch?“ rief ich ihr zu.
    „Ja, — geht schon!“ rief sie zurück, und ich fing an, mir auszumalen, was geschehen würde, wenn sie nun plötzlich doch nicht mehr könnte. Ich kraulte bei diesem Gedanken nur noch verzweifelter voran.
    Endlich war ich dem Boot bis auf zehn Yards nahe gekommen.
    „Gleich!“ brüllte ich irgendwo hinein in die Dunkelheit, „gleich, Andrea! Nur noch ein paar Minuten!“
    Es kam keine Antwort. Ich schwamm um mein Leben. Und ich schaffte es. Mit meiner allerletzten Puste wälzte ich mich ins Boot, und während ich den Motor anwarf, zerkratzte mir Mr. Smith vor Freude die Beine.
    Ich raste mit Vollgas zurück und suchte mit dem Scheinwerfer das Wasser ab. Ich ließ den grellen Lichtkegel über das Wasser tanzen, hin und her, aber ich konnte Andrea nicht finden. Da stellte ich den Motor wieder ab und rief nach ihr.
    „Andrea! Andrea! — Hallo! Andy!“
    Nichts. Ich weiß heute nicht mehr, was ich dachte, oder was ich tat; vielleicht habe ich gebetet. Ich erinnere mich nur, daß ich immer wieder ihren Namen rief, und daß ich dem Hund, der unentwegt meine Füße ablecken wollte, einen Tritt gab, daß er sich auf jaulend verkroch.
    Und dann war da plötzlich eine Stimme, eine helle Mädchenstimme, die aus dem Jenseits zu kommen schien:
    „Jetzt sind Ihnen aber die Knie weich geworden, was?“
    Sie hielt sich hinten am Boot fest. Ihre Zähne schimmerten, und in ihrem blassen Gesicht leuchtete der Mund wie eine rote Blüte.
    Ich sprang auf, packte sie an den Handgelenken und zog sie ins Boot. Und dann knallte ich ihr eine links und eine rechts hinter die Ohren.
    Sie fuhr sich mit der Hand an den Mund, und ihre hellen Augen waren starr auf mich gerichtet.
    „Solche Scherze leisten sich nur ganz kleine, dumme Mädchen“, sagte ich, „und das muß man ihnen beizeiten austreiben.“
    Ich brachte den Motor wieder in Gang, wendete der Küste zu, und sie kauerte sich neben mich. Ich sah, daß sie eine Gänsehaut hatte und zitterte.
    „Wirklich“, sagte

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