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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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bitte“, sagte sie gequält, „ich möchte jetzt nicht darüber sprechen.“
    „Verzeihen Sie, Andrea, ich wollte Ihnen nicht weh tun.“
    Sie lachte unvermittelt hell auf.
    „Ein komisches Gesindel seid ihr Mannsbilder! Ihr bringt es fertig, einem Menschen eine glühende Nadel ins Fleisch zu pieken, und dann sagt ihr ganz erstaunt: ich wollte dir nicht weh tun. Übrigens wäre es mir lieber, wenn Sie Andy zu mir sagten.“
    „Gern, Andy.“
    Ich zahlte einen Preis, für den man woanders vier Steaks bekommen hätte, und dann gingen wir wieder zu unserem Boot. An der kleinen Windschutzscheibe saß ein großer Nachtschmetterling. Andy schrie auf, als sie ihn entdeckte.
    „Tun Sie ihn weg, Chess! Bitte!“
    „Der beißt doch nicht“, sagte ich und gab ihm einen kleinen Stups. Er schwirrte davon und Andy fragte ängstlich, ohne hinzuschauen:
    „Ist er weg?“
    „Ja.“
    „Komisch, ich hab’ mich als Kind schon vor allem gefürchtet, was flattert oder schwirrt. Alles, was nachts herumfliegt, erinnert mich an den Tod.“
    Ich warf den Motor an und gab Andy die Pinne in die Hand.
    „Los!“ sagte ich. „Drücken Sie drauf und fahren Sie ein paar scharfe Kurven, das bringt Sie auf nettere Gedanken.“
    Sie fuhr blendend und brachte das Boot haargenau richtig in die Kurven. Sie nutzte die großen Wellenberge vollendet aus.
    „Wenn wir unser großes Boot wieder haben“, rief sie mir zu, „müssen Sie einmal mit mir hinausfahren, weit hinaus, und dann angeln wir Schwertfische!“
    Wir waren ungefähr eine Meile von der Küste entfernt, als sie das Gas wegnahm und den Motor nur noch langsam tuckern ließ, so daß das Boot gerade noch auf Kurs zu halten war.
    „Geben Sie mir bitte eine Zigarette, Chess.“
    Ich gab ihr eine, und sie rauchte eine Weile schweigend. Dann sagte sie:
    „Sie haben vorhin schon richtig gehört. Ich hatte nicht Mr. Manning gesagt.“
    „So, — wie dann?“
    „Ich sagte Mr. Marlon.“
    Ich versuchte zu lachen.
    „Fängt beides mit M an. Wie kommen Sie auf Marlon?“
    Sie schaute mir offen in die Augen und sagte:
    „Lynn Collins hat mir alles erzählt. Er sagte mir gestern früh, daß er zu einem Privatdetektiv gehen wolle, der Chester Marlon heißt. Und als Sie kamen und sagten, Sie wären ein Freund von Lynn, da wußte ich gleich, wer Sie in Wirklichkeit waren. Sie sind doch Chester Marlon?“
    „Ja.“
    Sie lächelte zufrieden.
    „Es ist nicht leicht, Mr. Marlon, mich hinters Licht zu führen.“
    „Das scheint mir auch so. Sie sind ein schrecklich kluges Mädchen, — manchmal.“
    „Ja, manchmal“, lächelte sie, „das haben Sie also auch schon spitz gekriegt. Manchmal bin ich auch entsetzlich albern.“ Ihr Lächeln verschwand, und ein tiefer Ernst lag auf ihrem Gesicht, als sie sagte: „Würden Sie es auch als albern empfinden, wenn ich Ihnen sage, daß ich eine furchtbare Angst habe?“
    „Angst? Wovor denn?“
    „Das weiß ich eben nicht. Ich hab’ nur schrecklich Angst. Da ist doch jemand, der Lynn zuerst vergiften wollte, und dann hat er ihn erschossen. Ich möchte wissen, warum; und weil ich das nicht weiß, habe ich Angst. Es ist etwas so unheimliches, Chess.“
    „Hm —“, machte ich, „ich verstehe ganz gut, was Sie meinen, Andy. Ja, ich bin gekommen, um herauszubringen, wer ihn forthaben wollte. Ich bin aber zu spät gekommen.“
    Sie rückte noch näher zu mir und hielt sich an meinem Arm fest.
    „Werden Sie es herausfinden, Chess? Werden Sie den Mörder fassen? Chess! Bleiben Sie hier, bis — bis Sie den Mörder haben. Bleiben Sie in Santa Marguerita, bis der Mörder — unschädlich gemacht ist.“
    „Darauf können Sie Gift nehmen, Andy. Wollen Sie mir dabei helfen?“
    „O ja, gern! Ich bin froh, wenn ich etwas tun kann.“
    „Wie stand Collins denn mit Frauen?“
    „Er mochte Arlene Forjeon sehr gern, vielleicht liebte er sie sogar. Aber er war in dieser Beziehung zugeknöpft bis oben hin, — sogar mir gegenüber.“
    „Und sie? Liebte sie ihn?“
    „Sie war verrückt nach ihm, wenigstens anfangs. Es wird ein furchtbarer Schlag für sie sein. Ich hab’ heute schon ein paarmal bei ihr angerufen, aber sie scheint verreist zu sein. Sie fuhr öfter übers Wochenende fort. Ich möchte nicht, daß sie es durch die Polizei erfährt.“
    „Sie wird es nicht erfahren“, sagte ich.
    Andy schaute mich verständnislos an.
    „Wieso? Wenn’s Montag früh in der Zeitung steht, dann —“
    Ich nahm ihre Hände in meine und sagte:
    „Andy, —

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