Der Engel von Santa Marguerita
benutzte, um ihren Bürgern zu demonstrieren, wie sinnvoll die Steuergelder in Kanonen, Panzern und Flugzeugen angelegt wurden.
„Woher“, fragte ich ihn noch, „stammt eigentlich das Geld der Dardingtons?“
„Ein paar Meilen hinter San Fernando steht Bohrturm neben Bohrturm. Der Grund, auf dem sie stehen, hieß früher Dardington Cañón. Dort ist das Herz der kalifornischen Ölindustrie. Mein Großvater hat dort 1874 damit angefangen.“
„Aha!“ machte ich und fragte ihn dann nach seinem Onkel George.
„Er ist der jüngste der drei Brüder.“
„Alleininhaber der Dardington=Flugzeugwerke?“
„Nein, aber er hat die meisten Anteile.“
„Ein enorm tüchtiger Mann, was?“
Er verzog das Gesicht ein wenig.
„Wenn Sie ein Bankkonto mit Tüchtigkeit identifizieren, dann ist er einer der tüchtigsten Leute in Los Angeles.“
„Sie schätzen ihn offenbar nicht sehr?“
„O doch“, sagte er rasch, „Sie haben mich falsch verstanden. Er ist ein bewundernswerter Mann. Aber ich finde, man sollte nicht davon leben und reich werden, solche Flugzeuge zu bauen, die nichts als Tod und Verderben über die Menschheit bringen!“
Nun war ich derjenige, der grinste.
„Irgend jemand, Doktor, muß auch dafür sorgen, daß die Menschheit, die Sie unsterblich zu machen versuchen, in erträglichen Grenzen bleibt. Ein gewöhnlicher dummer kleiner Mord reicht dazu nicht aus, sowas muß staatlich organisiert sein, wenn’s ausgeben soll. Na, lassen wir das! Vielen Dank, Doktor, ich halte Sie auf dem laufenden.“
Als ich zum Haus weiterging, erinnerte ich mich daran, daß mir McGowan einen Hund hinterlassen hatte. Ich spurtete zu meinem Wagen, um den armen Kerl endlich heraus zu lassen, aber Andy hatte das schon getan. Sie tollte mit Mr. Smith auf der Wiese herum.
Eine Weile schaute ich ihnen zu, ohne daß sie mich bemerkten, aber dann bekam Mr. Smith die Witterung in die Nase. Mit lautem Freudengeheul kam er auf mich zugerast und sprang an mir hoch.
„Na“, sagte ich und gab Andy die Hand, „alles in Ordnung?“
Ihre hellen Augen strahlten mich an.
„Alles in Ordnung. Ich habe mit Mama gesprochen. Sie können bei uns wohnen, und den Lunch nehmen Sie auch mit uns zusammen.“
„Mit der ganzen Familie?“
Sie lachte.
„Das ist bei uns nicht so schlimm, weil meistens jeder kommt und geht, wie’s ihm paßt. Übrigens, ich habe Eduard gesagt, daß er Ihre Sachen herüberschafft. Einverstanden?“
„Und wie!“
Wir lachten, und sie hängte sich an meinen Arm.
„Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen Ihr Zimmer!“
Der monströse Cadillac stand blitzend vor der Tür. Gerade als wir ankamen, verließ Mrs. Dardington das Haus. Sie trug ein raffiniert einfaches schwarzes Kleid und einen recht drolligen schwarzen Hut, dem man jedoch ansah, daß er ein kleines Vermögen gekostet hatte.
Sie blieb abwartend stehen, als sie uns kommen sah. Da Andy keinerlei Anstalten machte, ihren Arm aus dem meinem zu ziehen, war’s mir auch egal, was sich die Alte dabei denken mochte. Sie dachte sich offenbar allerhand dabei, ihr Lächeln war so frostig, daß man es nur mit Handschuhen hätte anfassen können. Übrigens hatte sie wieder ihre schwarzen Handschuhe an, aber ohne den Brillant. Dafür hielt sie ein schmales, schwarzes, ledergebundenes Buch mit einem goldenen Kreuz darauf in der Hand. Man konnte es unmöglich übersehen.
„Andrea sagte mir, Sie würden unser Gast sein, Mr. Manning. Ich bin sehr erfreut darüber.“
Wenn Lügen töten würden, wäre sie auf der Stelle umgefallen.
„Ich auch“, sagte ich, „vielen Dank, gnädige Frau.“
„Keine Ursache. — Ich fahre jetzt zur Kirche.“
„Oh —“, sagte ich, weil mir absolut nichts anderes einfiel.
„Ich sehe Sie wohl später beim Lunch, Mr. Manning?“
Ich sah es ihr an, wie sehr sie wünschte, mich möchte bis dahin der Schlag treffen.
„Mit dem größten Vergnügen, Mrs. Dardington.“
Sie nickte mir nochmals zu und stieg in den Wagen. Ich schlug die Tür zu, und sie wandte sich nochmals an Andy:
„Vergiß nicht, daß ich Onkel George eingeladen habe — kümmere dich bitte um das Essen und daß der Wein richtig temperiert ist.“
„Ist gut, Mama“, sagte Andy.
Anscheinend fand Mrs. Dardington Gefallen daran, die Kupplung ihres Wagens zu ruinieren; sie brauste auch heute wieder hinaus wie zu einem Start der fünfhundert Meilen in Minneapolis.
Andy führte mich die Treppe hinauf in den linken Flügel des Hauses. Der Boden war, wie in
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