Der Engel von Santa Marguerita
haben. — Man hat den Verbrecher also gefaßt?“
„Ja. Ich dachte, es würde Sie alle interessieren, und da wollte ich es nicht jedem einzelnen erzählen.“
„Zum Teufel“, rief Bill, „nun reden Sie schon! Wer hat’s denn getan?“
„Ich habe vorhin Ihren Chauffeur festnehmen lassen, Mrs. Dardington. Sie müssen sehen, daß Sie einen andern bekommen.“
„Manuel?“ riefen mehrere Stimmen zugleich.
„Ja“, sagte ich, „es war Manuel. Übrigens, Doktor Dardington: Sie müssen gelegentlich mal Inventur machen, um festzustellen, wieviel Morphium Manuel aus dem Labor gestohlen hat. Collins hatte das vermutlich schon gemerkt; — wenn Sie es gewesen wären, Doktor, dann hätte Manuel Sie umgebracht.“
Bill pfiff durch die Zähne, Andys Finger, die auf meinem Arm lagen, zuckten, und Davis starrte mich noch immer an. Stephen wischte sich den Mund ab, Mrs. Dardington und Onkel George waren ganz gespannte Aufmerksamkeit.
„Ihr Bruder Davis“, sagte ich zu Stephen, „hat es auch gemerkt. Ich konnte Manuel erwischen, als er Davis ebenfalls in ein besseres Jenseits befördern wollte.“
Ich sah, wie Davis das Blut ins Gesicht schoß, aber ich bekam einen dankbaren Blick von ihm. Sie wollten alle, daß er ihnen die Einzelheiten erzählen solle, aber Davis überließ das wohlweislich mir.
„Für diejenigen unter Ihnen“, fing ich an, „die es noch nicht wissen: ich heiße Chester Marlon und bin Detektiv. Lynn Collins kam zu mir, weil er der Meinung war, jemand wolle ihn umbringen. Leider war seine Meinung richtig. Ich konnte es nicht verhindern, daß er erschossen wurde, genauso wenig wie ich den Tod von Arlene Forjeon verhindern konnte.“
Bills Faust krachte auf den Tisch, Davis Kopf fuhr hoch, George Dardington schob den Teller zurück und beugte sich weit vor, und Mrs. Dardington saß hochaufgerichtet da; sie glich in ihrer starren Haltung dem Engel draußen.
„Manuel hat ganz geschickt gearbeitet“, sagte ich. „Er brachte Collins um, weil der ihn entdeckt hatte; und er brachte Miß Forjeon um, weil sie vermutlich von Collins unterrichtet war. Und als Davis zufällig auch noch dahinter kam, war er der nächste. Das, Gott sei Dank, ist Ihnen und mir erspart geblieben.“
Ich schaute nur Mrs. Dardington an. Ihr Gesicht hatte sich noch nicht verändert, aber ich sah, daß es ihr schwerfiel, diese Haltung zu bewahren.
„Manuel wußte“, fuhr ich fort, „daß Davis heute fortfahren wollte. Er wußte auch, daß Davis schnell fuhr. Er hatte den Schlauch zur Öldruckbremse an Davis’ Wagen angeschnitten. Davis wäre irgendwo damit zerschellt.“
Ein trockenes Schluchzen kam von dorther, wo Mrs. Dardington saß. Sie stand langsam auf.
„Entschuldigung“, sagte sie leise und ging an Davis’ Seite vorbei. Sie streichelte ihm mit der Hand leicht über den Kopf und verließ das Zimmer.
„Das hätten Sie nicht tun dürfen!“ fauchte mich Andy an und sprang auf, „das war gemein von Ihnen! Können Sie sich denn nicht vorstellen, wie so etwas auf meine Mutter wirken muß?“
Sie rannte ebenfalls hinaus.
„Sie können jetzt weiter servieren“, sagte ich zu dem Diener. Er schlich hinaus. Man sah, wie leid es ihm tat. Und dann sagte ich: „So, jetzt sind wir unter uns, und jetzt können wir offen miteinander reden. Vor allem müssen wir uns darüber einigen, was mit Davis geschehen soll.“
George Dardington, Stephen und Bill richteten ihre Augen auf Davis, der sehr blaß geworden war. Seine Finger spielten unablässig mit den Bestecken.
„Davis“, sagte ich, „ich möchte Sie ganz gern aus dieser dummen Geschichte heraushalten. Ihre Familie hat genug andere Sorgen am Bein. Aber das kann ich nur tun, wenn Sie uns jetzt die Wahrheit sagen. Wann fingen Sie an, das Morphium aus dem Labor zu holen?“
„Ungefähr im Mai“, sagte er, „ich war mit Manuel öfter im Midnight=Club gewesen und hatte beim Pokern eine Menge Geld verspielt. Papa lehnte es ab, meine Schulden zu bezahlen und setzte sogar mein Taschengeld herunter. Da kam Manuel auf die Idee mit dem Morphium. Ich wußte, daß es nicht gebraucht wurde, und ich gab ihm fünfzig Ampullen. Ich bekam Geld genug dafür, um meine Schulden bezahlen zu können. Aber bald hatte ich wieder welche, und da holte ich die nächsten fünfzig.“
„So fing das also an“, sagte ich.
„Ja. Und dann starb Papa, und ich bekam Geld. Ich wollte nun Manuel loswerden, aber das ging nicht mehr. Er drohte mir mit einer Anzeige. Und dann versprach er
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