Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
wollen, Detective?“
Sollte sie die Wahrheit sagen und damit paranoid oderschuldig wirken? Oder war es besser, die Ahnungslose zu spielen? Beides hatte seine Vor- und Nachteile.
Sie entschied sich für einen neutralen Mittelweg. „Vermutlich hat es etwas mit den Fällen zu tun, an denen ich zur Zeit arbeite.“
„Welche Fälle sind das?“
„Der Engelmörder beziehungsweise sein Nachahmer und der Mord an Lieutenant Spillare.“
„Das sind recht wenige Fälle.“
„Dafür umso aufwendiger.“
„Das stimmt.“ Der Mann legte die Fingerspitzen aneinander. „Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Lieutenant Spillare beurteilen?“
„Gut. Jedenfalls bis vor Kurzem.“
„Bis vor Kurzem“, wiederholte er. „Könnten Sie uns sagen, was vorgefallen ist, dass sich Ihre Beziehung verändert hat?“
„Der Lieutenant begann sich an mich heranzumachen. Als ich seine Annäherungsversuche abwies, stellte er mir nach.“
„Das könnte man doch als sexuelle Belästigung bezeichnen, oder?“
„Vermutlich ja.“
„Warum haben Sie sich nicht an einen Ihrer Vorgesetzten gewandt? Oder an uns?“
„Ich war der Ansicht, das schon im Griff zu haben.“
„Und? Hatten Sie es im Griff?“ Peters sah sie eindringlich an.
„Wenn Ihre Frage bedeuten soll, ob ich ihn erschossen habe, dann lautet die Antwort: Nein. Wir haben uns gestritten. Erst gestern noch, wenn Sie’s wissen wollen.“
Sal mischte sich ein. „Warum haben Sie mir das gestern Abend nicht gesagt? Sie mussten doch wissen, dass irgendjemand Ihren Streit mitbekommen könnte. Und Ihnen muss doch klar gewesen sein, wie das aussehen würde. Das war dumm von Ihnen, Riggio.“
So dumm, wie Kitt zu vertrauen, dass sie schon den Mund halten würde.
Peters stand auf und baute sich vor ihr auf. „Ich würde sagen, Detective Riggio hatte ihre Gründe, es nicht zu tun. Sehe ich das richtig, Detective?“
Anstatt den Kopf in den Nacken zu legen, um ihn ansehen zu können, erhob sich M.C. ebenfalls. Sie stand so dicht vor ihm, dass sich fast ihre Nasenspitzen berührten. „Das sehen Sie richtig, Detective Peters. Sie sind sehr scharfsinnig.“
Sollte er die Ironie in ihren Worten gespürt haben, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Sie wandte sich ihrem Vorgesetzten zu. „Brian und ich hatten vor vielen Jahren eine Affäre, als ich hier anfing und er noch Detective war. Das Ganze war ein Fehler, und es war schnell vorüber. Ich wollte darüber nicht reden, weil ich darauf nicht stolz bin. Deshalb habe ich nichts gesagt.“
Einen Augenblick herrschte Stille, schließlich sagte Sal: „Sie waren nicht die erste Neue hier, die Brian in seinen Bann schlagen konnte, und Sie waren auch nicht die Letzte.“
Sie nickte. „Bei allem Respekt, Sir, aber ich fühle mich nicht besser, wenn ich weiß, dass andere genauso dumm waren wie ich.“
Peters räusperte sich und meldete sich wieder zu Wort: „Stimmt es, dass Sie den Lieutenant bedroht haben?“
„Die Wahrheit ist, dass er mich bedrohte. Als ich ihn aufforderte, er solle mich in Ruhe lassen, andernfalls würde ichihn melden, erklärte er mir, er werde alle wissen lassen, ich hätte mich im Department nach oben geschlafen.“
„Und wie reagierten Sie darauf?“
„Ich sagte ihm, er solle es besser nicht tun.“
„Sonst nichts?“
„Sonst nichts“, bestätigte sie.
„Sie haben ihm also nicht damit gedroht, ihn andernfalls zu erschießen?“
„Ganz bestimmt nicht.“
„Wir brauchen aber dennoch Ihre Waffe für eine ballistische Untersuchung.“
Sie zog ihre Glock 45 aus dem Halfter und reichte sie ihm. Die Vorgehensweise war ihr bestens bekannt. Jeder Lauf einer Waffe wies winzige Unregelmäßigkeiten auf, die sich wie eine Art Fingerabdruck auf die Kugel und die Patronenhülsen übertrug und es möglich machte, sie voneinander zu unterscheiden.
Um eine vergleichbare Patrone zu erhalten, wurde die Waffe in ein Behältnis mit einem zähflüssigen Gel abgefeuert, danach ließ sich ein Vergleich mit am Tatort gefundenen Geschossen anstellen.
Sal nahm die Waffe entgegen. „Morgen früh haben Sie sie zurück.“
„Danke.“ Sie sah zwischen den Männern hin und her. „Ist sonst noch was?“
Beide verneinten, woraufhin sie das Büro verließ. Dass – und sicherlich auch, warum – sie von der Abteilung für interne Angelegenheiten befragt wurde, hatte sich schnell im Department herumgesprochen. Einige Officers lungerten vor Sals Büro herum, da sie hofften, irgendeine Bemerkung
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