Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
Valeries Plan war.“
„Plan? Was denn für ein Plan?“
„Der Plan, die anderen Mädchen zu töten, um dann ihre eigene Tochter zu ermorden, ohne in Verdacht zu geraten.“
Joe starrte ihn mit einer Mischung aus Schock und Unglauben an. Als Kitt ihn so sah, hielt sie es für unmöglich, dass er das vortäuschen konnte.
Oder konnte er es doch?
„Das ist doch verrückt! Valerie ist keine Mörderin, sie ist eine gute Mutter. Sie liebt ihre Tochter. Das ist … das ist eine skandalöse Unterstellung!“
„Vielleicht hat sie Sie ja nur benutzt, Joe. Haben Sie daran schon mal gedacht? Vielleicht war das von Anfang ihr Plan, dass Sie für Valerie den Sündenbock spielen?“
Joe warf einen gequälten Blick genau in die Kamera. Kittkonnte fast seine Gedanken hören: Kitt, wie konntest du nur?
Kitt sah ihn an, während ihr ganzes gemeinsames Leben vor ihrem geistigen Auge vorbeijagte. Alles, was zwischen ihnen gewesen war – und alles, was hätte sein können.
Was hatte sie nur getan?
„Also, Joe? Was halten Sie davon? Wollen Sie den Sündenbock spielen?“
Joe sah Sal unumwunden an. „Ich will meinen Anwalt sprechen.“
„Selbstverständlich.“ Er schob seinen Stuhl nach hinten und stand auf. „Ach, übrigens, Joe. Haben Sie das von Brian Spillare gehört?“ Als Joe knapp nickte, fügte Sal hinzu: „Ich würde zu gern wissen, warum er Sie gestern noch anrief.“
„Er hat mich nicht angerufen.“
Sal schlug die Mappe auf, die vor ihm auf dem Tisch lag und holte die Anrufliste heraus, dann schob er sie Joe zu. „Hier steht etwas anderes.“
Sekundenlang überflog er die Liste. Dass er die Nummer entdeckte, sah Kitt daran, wie er auf einmal kreidebleich wurde. „Ich will meinen Anwalt sprechen“, wiederholte er. „Vorher werde ich kein Wort mehr sagen.“
„Brauchen Sie ein Telefonbuch?“, fragte Sal und hielt ihm sein Mobiltelefon hin.
„Nein, ich kenne die Nummer.“
Kitt sah ihm zu, wie er wählte. Er rief Kurt Petroski an, seinen Anwalt, der normalerweise für alles Rechtliche rund um sein Bauunternehmen zuständig war. Er war auch bei der Durchsuchung anwesend gewesen. Sie hoffte nur, dass Kurt vernünftig genug war, Joe einen Anwalt für Strafrecht zu empfehlen – einen verdammt guten.
Nachdem er telefoniert und Sal den Raum verlassen hatte, beobachtete sie ihn weiter, wie er im Verhörraum saß und auf seinen Anwalt wartete.
Im Geist ging sie die Fragen und Antworten durch.
Nur bevor sie die Gebärdensprache gelernt hatte …
Sie beherrscht die Gebärdensprache …
Was hatte Peanut bei seinem letzten Anruf gesagt?
„Die Opfer sagen es Ihnen.“
„Mein Gott“, flüsterte Kitt.
Der Sergeant warf ihr einen wachsamen Blick zu. „Was ist?“
Kitt stand auf. „Das ist es! Die Hände der Opfer! Sie sagen etwas in Gebärdensprache!“
66. KAPITEL
Dienstag, 21. März 2006
17:05 Uhr
Im Department gab es nur einen Mitarbeiter, der die Gebärdensprache beherrschte – Officer Jimmy Ye.
Er war einverstanden gewesen, sich die Fotos von den Tatorten des Nachahmungstäters anzusehen, um die Haltung der Hände zu begutachten. Die Spurensicherung hatte die Hände der toten Mädchen aus allen Perspektiven fotografiert, und Kitt breitete die Fotos nun vor Ye auf dem Tisch aus, während Sergeant Haas den beiden zusah. „Was denken Sie, Jimmy? Könnte das Gebärdensprache sein?“
„Ja, das könnte sein“, sagte er, nachdem er die Motive eine Weile betrachtet hatte.
„Können Sie erkennen, was er uns sagen will?“
„Das ist schon etwas schwieriger.“ Er nahm eine der Nahaufnahmen und sah sie sich genauer an. „Die Gebärdensprache besteht nicht nur aus den Gesten, sondern dazu gehört auch, auf welche Art jemand diese Geste macht und wie sich seine Mimik gestaltet.“
„Und das heißt?“
„Das heißt, dass dieses Foto nur einen Teil eines Wortes ausdrückt, da die Bewegung und die Mimik fehlen. Es wird schwierig sein, die Aussage des Mörders zu bestimmen. Ich kann nur raten.“
„Ihr Vorbehalt ist hiermit vermerkt. Geben Sie einfach Ihr Bestes.“
Er zeigte auf das Foto von Julie Entzel. „Dieses Mädchen zeigt mit der rechten Hand auf seine Brust, die linke weistnach außen. Sehr vereinfacht betrachtet könnte das Mädchen mit der rechten Hand ‚ich‘ oder ‚mir‘ sagen und …“
„ Das Mädchen sagt überhaupt nichts, Jimmy“, fiel Kitt ihm ins Wort. „Es ist der Mörder, der uns etwas sagt. Das tote Mädchen ist für ihn nur Mittel zum Zweck.“
Jimmy
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