Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
mein Freund.
Erst als sie später in einem Imbiss namens Aunt Mary’s saßen, kam er wieder auf die Nachrichtensendung zu sprechen. „Ich mache mir Sorgen, weil du diesen Fall übernimmst, Kitt. Meinst du wirklich, du kannst das machen?“
„Oh Mann, wie oft muss ich mir denn eigentlich nochdiese Frage anhören?“
„Vielleicht solltest du einmal darüber nachdenken, dass die Leute einen guten Grund haben könnten, dich das zu fragen.“ Er beugte sich über den Tisch. „Du weißt, was es bei dir ausgelöst hat, Kitt. Bring dich nicht wieder in eine solche Situation.“
Der enorme Druck, Leistung zu erbringen. Ständig genauestens beobachtet zu werden. Stress. Verzweiflung. Hoffnungslosigkeit.
„Der Jahrestag von Sadies Tod steht kurz bevor“, sagte sie.
„Ich weiß, Kitt. Und genau das meine ich damit. Du bist noch nicht so weit.“
Einen Moment lang starrte sie in ihre Kaffeetasse. „Ich muss das machen, Danny. Ich kann nicht alle meine Gründe darlegen …“
Er griff über den Tisch und legte seine Hand auf ihre. „Das musst du auch nicht. Ich kenne deine Gründe.“
Ihr Blick ruhte auf seiner Hand. Auf einmal fühlte sich die Berührung unangenehm an, und sie zog behutsam ihren Arm zurück. „Es sind nicht nur persönliche Gründe. Ich kann nicht darüber reden, aber ich bin diejenige, die den Fall übernehmen muss.“
Nach kurzem Schweigen nickte Danny. „Okay. Aber du sollst wissen, dass ich für dich da bin.“
Das war er schon gewesen, als sie sich zum ersten Mal begegneten. Sie waren fast gleichzeitig zu den Anonymen Alkoholikern gekommen und hatten einiges gemeinsam durchgemacht. Sie mochte Danny, und sie konnte sich darauf verlassen, dass er als Freund für sie da war.
Er hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er ihre Beziehunggern einen Schritt weitergeführt hätte. Doch Kitt war diese Freundschaft zu wichtig, um sie für eine Romanze aufs Spiel zu setzen. Abgesehen davon war er zwölf Jahre jünger, und dieser Altersunterschied war ihrer Ansicht nach einfach zu groß.
„Joe wird wieder heiraten.“
Danny hielt mitten in der Bewegung inne, obwohl er eben ein Stück Apfelkuchen in den Mund hatte nehmen wollen. „Das tut mir leid.“
„Es war ein schwerer Schlag für mich. Aber ich sollte mich für ihn freuen, er hat es schließlich verdient, glücklich zu sein.“
„Ach, was soll’s denn.“ Danny legte die Gabel zurück auf den Teller. „Du hast ein Recht darauf, dich mies zu fühlen.“
Sie lächelte ihn an. „Ich sage mir, das Leben geht weiter. Das sollte es auch. Ich sollte nach vorn schauen.“
„Tu das“, meinte er leise. „Du verdienst es, auch wieder glücklich zu sein.“
„Mit einem jüngeren Mann, ich weiß“, sagte sie ein wenig ironisch.
Der Ausdruck in seinen Augen war dagegen todernst. „Du weißt, was ich für dich empfinde. Gib uns doch eine Chance.“ Wieder bekam er ihre Hände zu fassen. „Lass die Vergangenheit ruhen. Gönn dir deine eigene Zukunft.“
Sie hatte einen Kloß im Hals, ihre Augen brannten. Er hatte ja so verdammt recht. Warum hielt sie sich zurück? Sadie war seit fünf Jahren tot, und Joe hatte mit der Vergangenheit längst abgeschlossen.
„Du bist mir wichtig, Kitt. Ich weiß, wer du bist. Und ich mag dich, wie du bist. Eine starke und verwundbare Frau, starrsinnig und doch nachsichtig. Wir haben die gleichenKämpfe ausgetragen, wir verstehen uns. Wir beide wären ein gutes Team.“
„Du bist zu jung für mich.“
Seine Finger versteiften sich ein wenig. „Das biologische Alter besagt nichts, meine Seele ist alt.“
Als sie nicht sofort reagierte, legte er nach: „Wenn der Altersunterschied umgekehrt wäre, würdest du dir gar keine Gedanken darüber machen.“
Er hatte recht. Es war ein Thema, bei dem schon immer mit zweierlei Maß gemessen wurde.
„Ich will unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen“, erwiderte sie. „Sie ist mir zu wichtig.“
„Das würdest du auch nicht tun. Ich verspreche es dir. Denk doch wenigstens einmal in Ruhe darüber nach.“
„Ich will erst diesen Fall hinter mich bringen“, erklärte sie. „Danach werde ich darüber nachdenken.“
Als sie später in Slip und T-Shirt vor dem Badezimmerspiegel stand, musste sie an ihr Versprechen denken. Mit Danny auszugehen bedeutete auch, mit Danny ins Bett zu gehen. Das war schließlich der natürliche Lauf der Dinge, oder nicht?
Der Gedanke erschreckte sie. Sie war nie mit einem anderen Mann als Joe zusammen gewesen. An der
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