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Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder

Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder

Titel: Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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Highschool verliebten sie sich, mit zwanzig heirateten sie, und als sie fünfundvierzig war, ließ er sich von ihr scheiden.
    Es war das erste Mal seit ihrer Scheidung, dass sie überhaupt darüber nachdachte. Ihr hatte es stets an der nötigen Zeit und Kraft gefehlt, und das letzte Jahr war sie darum bemüht gewesen, einfach zu überleben.
    Sie führte ein Tagebuch, weil ihr Therapeut sie dazu gedrängt hatte, es wenigstens zu versuchen. Mehrere widerwilligeAnläufe waren nötig gewesen, doch mit der Zeit entwickelten sich die Einträge zu einem Ventil, um Zorn, Angst und Trauer – und schließlich auch Hoffnung – in Worte zu fassen.
    Würde es irgendwann einen Eintrag geben, der in etwa so lautete: „War mit Danny zum Abendessen, er hat anschließend die Nacht bei mir verbracht.“?
    Oh Gott.
    Sie bemühte sich, die Gefühle zu verdrängen, die der Gedanke auslöste. Zweifellos waren Joe und seine Verlobte auch … intim.
    War Valerie jünger als Joe? Vermutlich. Zehn Jahre jünger? Es schien nicht zu Joe zu passen, aber viele Männer suchten sich eine deutlich jüngere Frau. Warum also nicht auch er?
    Warum nicht? Einige der Frauen aus der Gruppe scherzten ständig, sie wollten sich einen „jungen Liebhaber“ zulegen. Mit seinen sechsunddreißig Jahren würde Danny wohl auch in diese Kategorie fallen.
    Kitt starrte in den Spiegel und begann sich vorzustellen, wie sie sich vor Danny auszog. Der Gedanke machte ihr Angst. Sie hatte ein Baby bekommen, sie war nicht nur über vierzig, sie ging stramm auf die fünfzig zu. Sie hob das T-Shirt an und betrachtete ihren alternden Körper. Übergewicht hatte sie nicht, doch sie war aus den Fugen gegangen. Gewebe, das straff sein sollte, war längst schlaff geworden. Mein Gott, was war nur mit diesen Knien geschehen? Und wann war es geschehen?
    Sie ließ das T-Shirt sinken und wandte sich vom Spiegel ab. Wann hatte sie das letzte Mal trainiert? Nur schwach konnte sie sich daran erinnern. Es war sicher vor Sadies Todgewesen. Seitdem war sie auch nicht mehr joggen gegangen.
    Wie bemitleidenswert. Sie war Polizistin? Wie wollte sie einen Verdächtigen aufhalten, wenn der davonrannte? Und wie wollte sie sich eigentlich zur Wehr setzen, wenn jemand sie angriff?
    Nennen Sie mich Peanut.
    Sie kniff die Augen ein wenig zusammen. Dieser Kerl meinte es wirklich ernst. Er behauptete, ein Mörder zu sein, und er hatte sie ausgesucht, um mit ihr sein gestörtes Spiel zu treiben.
    Aus dem Schrank holte sie ihre Laufschuhe, dann nahm sie Socken und eine Jogginghose aus der Kommode. Die Zeit, weich und verwundbar zu sein, war vorüber, ab jetzt meinte sie es ebenfalls ernst.
    Nachdem sie fertig angezogen war, machte sie ein Dose Pfefferspray am Gürtel fest, außerdem legte sie das Halfter am Unterschenkel an. Sie würde kein Risiko eingehen, schließlich wusste sie nicht, ob dieser Verrückte sie womöglich auf Schritt und Tritt verfolgte.
    Drei Häuserblocks entfernt gab es an der Highschool eine hell erleuchtete Laufbahn. Der Weg dorthin war ebenfalls gut beleuchtet, und fast immer waren Leute unterwegs. Sie nahm den Schlüsselbund und verließ das Haus.
    Das Laufen raubte ihr die Kraft und ließ ihr Herz so sehr rasen, dass es Kitt vorkam, als müsse es jeden Moment explodieren. Sie erreichte nie den Punkt, an dem die Endorphine ausgeschüttet wurden und man den Schmerz vergaß. Beine und Kreuz taten ihr höllisch weh, sie war außer Atem und völlig verschwitzt.
    Sie versuchte sich Mary Catherine Riggios Gesichtsausdruck vorzustellen, wenn die sie sehen könnte. Oder einervon ihren anderen Kollegen. Die Witze würde sie noch wochenlang zu hören bekommen.
    Zum Glück war es längst dunkel, als sie den Heimweg antrat, um ihr verletztes Ego zu pflegen. Morgen würde sie in den Trainingsraum gehen. Und der Schießstand war auch nicht zu verachten.
    Als sie sich ihrem Haus näherte, fiel ihr auf, dass etwas an der Tür festgemacht war. Eine Notiz.
    Sie ging die Stufen hinauf, blieb stehen und las.
    Habe Sie im Fernsehen gesehen. Braves Mädchen. Ich melde mich.
    Alles Liebe. Peanut

15. KAPITEL
    Freitag, 10. März 2006
    0:30 Uhr
    Der Engel schlief nun. Das goldene Haar lag auf dem Kissen ausgebreitet, das Nachthemd mit den Rüschen war sorgfältig drapiert worden. Genauso sollte es sein.
    Das Mädchen schlief – aber nicht so schön und so perfekt wie die anderen. Die blauen Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen, der wundervoll geformte Mund war verzerrt, als wollte ein Heulen

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