Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
gerichtet: „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Das ist meine Partnerin, Detective Riggio. Wir sind dienstlich hier. Dürfen wir reinkommen?“
„Dienstlich?“, wiederholte sie erschrocken. „Ist Joe … ist ihm etwas passiert?“
„Joe geht es gut“, versicherte Kitt ihr rasch. „Können wir …?“
„Oh ja, natürlich.“ Valerie trat einen Schritt nach hinten.
Kitt ging vor, M.C. folgte ihr und sah sich unauffällig um. Das Haus war gemütlich eingerichtet und trug eine eindeutig weibliche Handschrift. Tami saß im Schneidersitz auf dem Boden, vor ihr auf dem flachen Wohnzimmertisch lagen Buntstifte und ein Malblock. Die Kleine sah nicht mal auf, als die beiden eintraten.
„Geht es auch dort?“, fragte Valerie und deutete auf die Küche, die sie vom Flur aus sehen konnten. „Ich bin im Augenblick mit dem Abendessen beschäftigt.“
Sie waren einverstanden und folgten ihr in die Küche. Es sah so aus, als gebe es zum Abendessen in der Pfanne aufgewärmte Spaghetti vom Vortag und einen Salat. Valerie griff nach dem Messer und schnitt weiter die Zutaten für den Salat klein.
„Sie arbeiten im Hillcrest Hospital?“, fragte M.C., obwohl die Frage überflüssig war. Immerhin trug die Frau sogar noch ihr Namensschild an der Bluse.
„Ja, auf der Kinderstation.“
„Schon lange?“
„Seit Beginn meiner Berufstätigkeit.“
Kitt räusperte sich. „Sie haben von den jüngsten Morden an den drei Mädchen gehört?“
Valerie hielt in der Bewegung inne, Angst schlich sich in ihren Blick. „Ja.“
„Wir haben Grund zu der Annahme, dass Tami in Gefahr sein könnte.“
Der Frau rutschte das Messer aus der Hand und landete scheppernd auf dem Holzbrett. Wortlos ging sie zur Küchentür, öffnete sie und spähte hinaus, als wolle sie sich vergewissern, dass ihre Tochter noch immer nebenan saß und malte.
„Warum … wieso kommen Sie auf diesen Gedanken?“, wollte sie wissen, als sie sich wieder zu den beiden umdrehte.
M.C. überging die Frage mit einer Gegenfrage. „Ist Ihnen in letzter Zeit irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen? Irgendwelche Fremden in der Nachbarschaft? Ihnen unbekannte Fahrzeuge?“
„Nein.“
„Denken Sie noch einmal gründlich nach, Valerie. Irgendein Gesicht, das Sie schon anderswo gesehen haben? Oder bloß das Gefühl, jemand beobachtet Sie oder folgt Ihnen?“
„Ich muss mich erst mal hinsetzen.“ Valerie zog einen der Hocker unter der Frühstückstheke hervor und ließ sich darauf nieder. „Nein, ich glaube nicht“, antwortete sie schließlich. „Ich kann mich an nichts erinnern.“
„Wurden Sie auf der Wohltätigkeitsveranstaltung von einem Clown angesprochen?“
Valerie sah sie verständnislos an. Offenbar versuchte sie nicht nur zu verarbeiten, was sie soeben gehört hatte, sondern auch die Folgen, die das nach sich ziehen würde.
„Er verkaufte Ballons“, fügte Kitt hinzu.
„Tami hatte einen Ballon“, sagte sie. „Einen rosafarbenen. Ich glaube, Joe hatte ihn ihr gekauft.“
M.C. warf ihrer Partnerin einen kurzen Blick zu und stellte beeindruckt fest, dass Kitt sich nicht anmerken ließ, was in diesen Sekunden in ihr vorging.
„Sagen Sie mir doch bitte, wieso Sie glauben, meine Tami könnte in Gefahr sein.“
„Wir haben keine konkreten Hinweise“, erwiderte Kitt besänftigend. „Ich wurde telefonisch von einem Mann bedroht, der von kleinen Mädchen in meinem Leben sprach. Tami ist die Einzige, auf die diese Formulierung zutrifft.“
Entsetzt presste Valerie die Lippen zusammen, auch wenn sie zugleich ein wenig erleichtert wirkte.
„Wir wollen kein Risiko eingehen, Miss Martin. Deshalb möchte ich Sie bitten, von jetzt an besonders vorsichtig zu sein. Lassen Sie Tami nicht allein, vor allem nicht nachts. Ich empfehle, sie bei Ihnen im Schlafzimmer schlafen zu lassen.“Sie nickte und zwinkerte ein paarmal, als kämpfe sie gegen Tränen an. „Das werde ich machen. Danke. Wenn Tami etwas zustoßen würde … das wäre für mich …“ Plötzlich hielt sie inne und sah Kitt an, während sie rot wurde. „Entschuldigen Sie.“
„Ist schon gut“, gab Kitt steif zurück. „Wenn Ihnen noch etwas einfällt oder wenn Sie etwas Ungewöhnliches bemerken, rufen Sie bitte an.“
Die Frau begleitete sie zur Tür. Diesmal sah das Mädchen kurz auf und lächelte den beiden Besucherinnen schüchtern zu. M.C. erwiderte das Lächeln. Die meisten Kinder in Tamis Alter würden vor dem Fernseher sitzen, so wie ihr Neffe. Umso angenehmer war
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