Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
Polizei als Nächstes machen würde.
Andererseits war es nichts Ungewöhnliches, wenn sich ein Serienmörder bestens mit der Polizeiarbeit auskannte. Manche von ihnen hatten sogar den Polizeifunk abgehört, um alles zu erfahren.
Sie nahm sich die zweite Mitschrift vor. Es war das Telefonat, in dem er sie nach dem Ballon und ihrer Laune fragte.
„Und das nach allem, was ich für Sie getan habe?“
„Was denn zum Beispiel? Etwa diese alberne Phantomjagd, auf die Sie mich netterweise geschickt haben? Vielen Dank dafür!“
„Das mag Ihnen so vorgekommen sein, aber Sie müssen Vertrauen haben.“
Vertrauen haben. In ihn? Oder in seine Hinweise, die er gab? Oder in beides?
„Kitt?“ Sie drehte sich um und sah Sal in der Tür stehen. „In mein Büro“, wies er sie mit grimmiger Miene an.
Sie stand auf und folgte ihm. „Schließen Sie bitte die Tür“, sagte er, als sie eingetreten waren. „Wie ist der aktuelle Stand?“
„Wie Sie sicher wissen, hat M.C. Joe herbringen lassen, um ihn zu befragen. Er will seinen Anwalt sprechen, und er behauptet, für den 9. März ein Alibi zu haben. M.C. überprüft das gerade.“
„Der Fall ist ab sofort nicht mehr Ihr Fall.“
„Ja, Sir. Und wenn der Anwalt eintrifft, bevor M.C. zurückkehrt …“
„Sergeant Haas wird sich dazusetzen, notfalls übernehme ich das selbst.“ Seine Miene wurde etwas sanfter. „Tut mir leid, Kitt.“
„Dass Sie mich von dem Fall abziehen?“ Ihr verbitterter Tonfall überraschte sie nicht, wohl aber, dass sie einen Kloß im Hals hatte.
„Nein, weshalb ich Sie abziehe.“
„Er hat mit der Sache nichts zu tun, Sal.“
„Ganz sicher?“
„Ja, ganz sicher. Und das hat nichts mit meiner Beziehung zu ihm zu tun.“
Einen Moment lang sah er ihr in die Augen, dann nickte er langsam, als würde er ihrem Gefühl glauben. „Wenn Joe nicht darin verwickelt ist, bekommen Sie den Fall zurück. Aber bis dahin bleibt mir keine andere Wahl.“
„Ich weiß.“ Sie wandte sich um und ging zur Tür, blieb aber kurz davor stehen. „Geben Sie mir die Erlaubnis, etwas zu untersuchen, was mit dem Fall, aber nicht mit Joe zu tun hat. Die Sachen aus dem Lager.“
„Von mir aus gern. Da würden Sie Ihre Zeit sinnvoll nutzen. Und was Joe angeht … ich hoffe, Sie haben recht.“
Sie dankte ihm und kehrte an ihren Schreibtisch zurück. Dort betrachtete sie die Mitschrift des Telefonats, mit dem sie befasst gewesen war, bevor Sal sie zu sich gerufen hatte. Mit einem Mal fühlte sie sich einsam und verloren. Sie brauchte einen Freund, bei dem sie Trost finden konnte.
Brian. Wenn jemand für sie Verständnis hatte, dann er.
Kurzentschlossen ging sie zu seinem Büro. Die Tür war zu, und Kitt hob die Hand, um anzuklopfen, als sie plötzlich M.C. laut reden hörte – in Brians Büro. „Es reicht! Hör auf, mich zu verfolgen!“
„Ich weiß überhaupt nicht, was du da redest.“
„Erzähl mir doch nichts! Ich habe dich neulich nachts an meinem Haus vorbeifahren sehen. Und davor bist du mir am gleichen Abend nachgefahren. Hör auf damit. Ich habe keine Lust, mich an den Chief wenden zu müssen.“
„Das würdest du dich gar nicht trauen“, konterte Brian mit hämischem Tonfall. „Du willst doch nicht alle hier wissen lassen, dass du dich im Department nach oben geschlafen hast.“
„Das ist eine Lüge, du Drecksack!“, fauchte M.C. ihn daraufhin an.
„Du weißt doch, wie schnell sich hier alles herumspricht, Baby. Lichtgeschwindigkeit ist nichts dagegen.“
Die beiden hatten ein Verhältnis gehabt? Wann war das gewesen? Und hatte Brian wirklich seinen Einfluss geltend gemacht, damit M.C. befördert wurde?
„Willst du’s darauf ankommen lassen?“, rief M.C. „Du würdest es bereuen, das kann ich dir garantieren.“
„Soll das eine Drohung sein, Detective?“
„Das überlasse ich ganz dir. Aber lass mich endlich in Ruhe.“
Der letzte Satz klang fast wie ein Knurren. Kitt ließ die Hand sinken und trat einen Schritt nach hinten. Sie hatte genug gehört, um ihre beiden Kollegen mit einem Mal in einem ganz anderen Licht zu sehen.
Sie machte noch einen Schritt von der Tür weg, als die plötzlich aufgerissen wurde. M.C. kam herausgestürmt, hielt aber mitten in der Bewegung inne, als sie Kitt sah.
„Kitt!“, rief sie aus. Ihr Gesicht war knallrot. „So ein Zufall. Ich war gerade auf dem Weg zu dir.“ Über die Schulter sah sie zu Brians Büro, dann wieder zu Kitt. „Valerie hat Joes Alibi bestätigt.“
„Das habe ich
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