Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
„Dann bringen wir’s hinter uns. Auf mich wartet ein Bautrupp.“
„Ihre Verlobte ließ uns wissen“, begann Riggio, „Sie hätten sie in dem Krankenhaus kennengelernt, in dem sie als Krankenschwester arbeitet.“
„Ja, stimmt.“
„Was hatten Sie auf der Kinderstation zu suchen, Mr. Lundgren?“
Er runzelte die Stirn. „Hat Valerie das nicht gesagt? Ichführe Zaubertricks für die Kinder vor. Ich hatte einen meiner Auftritte, als ich ihr begegnete.“
„Wann hast du damit angefangen, Joe?“, fragte Kitt.
„Vor ungefähr einem Jahr. Ich war einsam … Sadie fehlte mir …“ Er musste sich räuspern. „Ich hatte viel Leerlauf, und da begann ich, an meinen Zaubertricks zu arbeiten. Mir war in Erinnerung, wie sehr sich die Kinder im Krankenhaus darüber gefreut hatten. Also fragte ich bei der Krankenhausleitung an, ob ich alle paar Wochen mit einer Zaubershow auftreten könne.“
„Machst du das nur im Highcrest Hospital?“
„Nein, ich gehe auch zum Ronald McDonald House und ins Children’s Hospital. Ich war sogar schon in einigen Pflegeheimen.“
Kitt sah, dass M.C. etwas notierte. Sie würde später überprüfen, ob es darüber eine Verbindung zu einem der anderen Opfer gab.
„So viel Menschenliebe dürfte aber eine stattliche Menge Arbeitszeit kosten, nicht wahr?“, kommentierte M.C. seine Ausführungen.
„Die Arbeit ist nicht alles, Detective. Im Leben geht es auch darum, anderen etwas zu geben.“
„Was würden Sie antworten, wenn wir Ihnen sagen, dass Sie einem der Mädchen begegnet sind, die in letzter Zeit ermordet wurden?“
Er sah kurz zu Kitt, dann wieder zu M.C. „Dann würde ich antworten, dass Sie sich irren.“
„Julie Entzel. Sie sah eine Ihrer Zaubershows.“
„Im Highcrest Hospital“, fügte Kitt an.
„Das wusste ich nicht“, antwortete er und wurde kreidebleich. „Ich sah das Foto in der Zeitung, aber … ich habe sienicht wiedererkannt … ich wusste nicht, dass sie …“ Er verstummte, ohne den Satz zu Ende zu führen.
Kitt erinnerte sich noch gut daran, wie er ihr gesagt hatte, das Mädchen bedeute ihm nichts, und er kenne Julie nicht mal.
Joe blickte drein, als sei ihm übel.
„Reden wir mal über Buddy Brown“, wechselte M.C. abrupt das Thema, was er mit einem stummen Nicken kommentierte. „Wie kam es, dass er für Sie gearbeitet hat?“
„Er nahm Kontakt mit mir auf, er hatte Erfahrung. Also habe ich ihn eingestellt.“
„Aus seiner Vergangenheit machte er keinen Hehl?“
„Nein.“
„Und Sie hatten damit kein Problem?“
„Irgendjemand muss diesen Jungs einen Job geben. Wie sollen sie ein ehrliches Leben führen, wenn sie kein Einkommen haben?“
„Dann betrachten Sie das als eine Bürgerpflicht?“
Nach kurzem Nachdenken antwortete er: „So würde ich das nicht ausdrücken. Ich erwarte von den Leuten, dass sie die Arbeit machen, für die ich sie bezahle.“
„Wo waren Sie am 6., 9. und 16. März abends?“
„Kann ich das in meinem Terminplan nachsehen?“
M.C. nickte kurz, und er zog seinen Palm Pilot aus der Tasche. Nach ein paar Augenblicken sagte er: „Die Nacht vom 9. auf den 10. habe ich bei Valerie verbracht.“
„Die ganze Nacht?“
Obwohl sie am liebsten weggeschaut hätte, gelang es ihr nicht. So sah sie, wie er auf seinem Stuhl hin und her rutschte. Offenbar fühlte er sich sehr unbehaglich. „Normalerweise mache ich das nicht. Aber Tami verbrachte dieNacht bei ihrer Großmutter.“
„Und die beiden anderen Daten?“
„Am 6. gingen Valerie, Tami und ich essen. Und am 16. war ich bei einem Treffen des Hauseigentümervereins.“
„Um wie viel Uhr waren Sie zu Hause?“
„An beiden Abenden um zehn Uhr, auf keinen Fall später.“ Joe sah Kitt an. „Brauche ich einen Anwalt?“
Bevor sie antworten konnte, kam Riggio ihr zuvor, was einmal mehr bewies, dass ihre Partnerin ihr nicht vertraute. „Sie haben natürlich das Recht auf einen Anwalt. Ob Sie einen brauchen, können nur Sie beurteilen.“
Ein gängiger Trick, um einem Verdächtigen das Gefühl zu geben, sich erst recht zu belasten, wenn er nach einem Anwalt verlangte. Sie selbst hatte ihn oft genug angewandt.
Warum aber kam es ihr in diesem Augenblick so verkehrt vor?
M.C. stand auf. „Würden Sie uns für ein paar Minuten entschuldigen?“
Frustriert sah er auf seine Armbanduhr. „Wie lange wird das noch dauern?“
„Nicht mehr lange.“
Wieder sah er Kitt an, als erhoffe er sich von ihr ein paar aufbauende Worte. Doch so gern sie ihm
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