Der Engelspapst
nur einen Dolch unter meinem Umhang versteckt, denn das offene Tragen von Waffen war in Venedig untersagt. Die finsteren Gesellen umkreisten mich lauernd, die Waffen vorgereckt, siegessicher aufgrund ihrer Übermacht. Ich stand mit dem Rücken an der Wand und wusste, dass nur ein schneller Ausfall mich noch retten konnte.
Mit gezücktem Dolch sprang ich dem Mann entgegen, der seine Schwertklinge vor mir kreisen ließ. Mit der Linken streifte ich den Umhang ab und warf ihn über seinen Kopf. Während er den schweren Stoff abzuschütteln suchte, fuhr mein Dolch auf sein Schwert nieder, und mit einer der zur Spitze gebogenen Parierstangen erfasste ich die Schwertklinge. Ich drehte meine Dolchhand, versetzte ihm einen kräftigen Tritt in den Leib und vermochte ihn so zu entwaffnen. Noch immer in meinen Umhang verstrickt, fiel er rücklings zu Boden. Rasch wechselte ich den Dolch in die linke Hand und hob mit der Rechten das Schwert auf. Nun war mir wohler.
Doch schon war der nächste Gegner heran, und er hielt in jeder Hand einen Dolch. Ich wirbelte herum und rammte ihm die Spitze des erbeuteten Schwerts in den Hals. Einen Blutschwall ausspuckend, ging er vor mir auf die Knie.
Der dritte Angreifer war schneller. Ich konnte nur noch den linken Arm hochreißen, um dem Schlag mit dem stählernen Streitkolben die Wucht zu nehmen. Statt meines Kopfes traf er meine Schulter – mit solcher Kraft, dass ich zu Boden ging. Ein heftiger Schmerz raste wie ein Feuer durch meine linke Körperseite, die gleich darauf wie gelähmt war.
Zwei Feinde standen über mir, der Mann mit dem Streitkolben und eine zweite Gestalt mit gezücktem Dolch. Ich erkannte das Gesicht, und Entsetzen packte mich. Es war Caterina, die Verräterin und bald wohl auch meine Mörderin!
Seltsamerweise zögerte der Kerl mit dem Streitkolben.
Caterina dagegen kannte kein Zaudern. Tief rammte sie die Dolchklinge in die Brust meines Widersachers.
Ich schämte mich meines Trugschlusses. Für einen Augenblick, den ich mir niemals würde vergeben können, hatte ich Cellini geglaubt und Caterina misstraut.
Der Mann, dessen Schwert ich an mich gerissen hatte, war inzwischen wieder auf die Füße gekommen und starrte zu uns herüber. Als er seine Gefährten fallen und mich unerwarteten Beistand erhalten sah, rannte er in eine der krummen Gassen, deren Schatten ihn rasch verschluckten.
Mit Caterinas Hilfe stand ich auf und biss die Zähne zusammen. Jede Bewegung meines linken Arms bereitete mir Höllenqualen. Ich zwang mich zu einem tapferen Lächeln und bedankte mich bei meiner Retterin.
«Ist es sehr schlimm?», fragte sie besorgt. «Bei der heiligen Maria Magdalena, was bin ich froh, dass ich noch rechtzeitig gekommen bin!»
«Ich auch», stöhnte ich und fragte, vielleicht einen Rest von Zweifel im Herzen: «Wie konntet Ihr von dem Anschlag wissen?»
«Als Ihr vor drei Tagen das Speicherhaus mit Cellini verlassen habt, bemerkte ich, dass eine Gondel der Euren folgte. Vor zwei Tagen desgleichen. Nun folgten Euch zwei Gondeln. In der zweiten saß ich, um Eure Verfolger auszuspähen. Sie verloren Eure Spur, nachdem Ihr mehrere Male die Gondel gewechselt hattet, und legten an. Ich musste an ihnen vorbeifahren, wollte ich nicht ihr Misstrauen wecken. So verlor ich sie aus den Augen. Gestern war es das gleiche Spiel. Erst heute folgten die Fremden Euch bis hierher – also auch ich.»
«Und weshalb habt Ihr uns nicht eher gewarnt?», rief ich erbost.
«Weil ich neugierig war und hinter Eure Heimlichtuerei kommen wollte. Ich hätte Euch sicher gewarnt, hätte ich geahnt, dass Eure Verfolger derart gefährlich sind. Das war sehr dumm.
Verzeiht mir!»
Natürlich verzieh ich ihr. Sie hatte mir das Leben gerettet und
– man denke an Plutarch.
Die beiden Angreifer, die unsere Klingen geschmeckt hatten, waren tot, der dritte spurlos verschwunden.
«Waren es nur diese drei, die Ihr verfolgt habt?», fragte ich Caterina.
«Ja.»
«Trotzdem könnten sie Helfer haben», überlegte ich.
«Geheimnis hin oder her, wir müssen zu Cellini!»
Also betraten wir das Haus, vor dem er mich jeden Tag warten ließ. Anfangs dachte ich schon, es sei unbewohnt. Niemand ließ sich blicken, nichts war zu hören. Bis wir auf einem langen Flur stehen blieben und angestrengt lauschten. Aus einem Raum am Ende des Ganges drangen leise Stimmen zu uns. Wir fanden die Tür von innen verriegelt und ich klopfte laut. Als sie endlich einen Spalt weit aufsprang, erblickte ich Cellini mit
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