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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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Wagen langsam am Abgrund entlanglenkte, blickte Alexander aus dem Seitenfenster und sah unter sich die verstreuten Reste des explodierten Lancias. Die Vorstellung, dass er um ein Haar auch dort unten gelandet wäre, ließ ihn erschauern.
    «Da vorn links die Lichtung», sagte er, als die Baustelle längst hinter ihnen lag. «Halt da. Vielleicht treibt sich bei der Kirche noch Polizei herum.»
    «Der du nicht erklären möchtest, warum du schon wieder hier bist.»
    Er nickte. «Bazzini und seine Leute würden denken, den Täter zieht es an den Tatort zurück.»
    Als der Fiat so hinter Kirschsträuchern verborgen stand, dass er von der Straße aus nicht zu sehen war, bemerkte Elena: «Das muss die Lichtung sein, auf der auch Borghesis Mörder seinen Wagen abgestellt hat.»
    Sie gingen durch den Wald zur Kirche. Noch immer lag schwerer Brandgeruch in der Luft und beschwor die schrecklichen Bilder des Vortages in Alexander herauf.
    Plötzlich fragte er sich, ob es richtig war, Elena mitzunehmen.
    Jeder in seiner Nähe schien von einem grausigen Tod bedroht.
    Er hätte nicht nur die Kassette, sondern auch eine der erbeuteten Berettas verstecken sollen, statt beide Waffen der Polizei zu übergeben.
    Bevor sie die Kirche erreichten, hörten sie laute Stimmen.
    Vorsichtig schlichen sie durchs Unterholz und versteckten sich am Waldrand zwischen Farn und Buschwerk. Von Santa Maria waren nur noch die rußgeschwärzten Grundmauern übrig. Auch der Glockenturm war eingestürzt. Die schwere Glocke war über den Boden gerollt und lag in der Senke, in der Pater Borghesi gestorben war.
    Mehrere Feuerwehr- und Zivilfahrzeuge standen am Straßenrand. Männer und Frauen stapften durch die Ruinen und schienen sich zu vergewissern, dass es keinerlei Brandherd mehr gab. Einige trugen Feuerwehruniformen, andere Zivil. Ob sich unter Letzteren Polizisten auf Spurensuche befanden, konnte Alexander nicht feststellen.
    Er tippte Elena auf die Schulter und sie zogen sich wieder in den Wald zurück. Sein Ziel war eine alte Steineiche, deren armdicke Wurzeln sich aus dem Boden wölbten. Zwei Wurzeln waren mehrfach ineinander verschlungen wie Liebende, die nicht voneinander lassen wollen. Unter ihnen begann Alexander mit bloßen Händen zu graben. Bald hatte er eine dünne Schicht aus Laub und Erde zur Seite geschoben, und etwas Metallisches kam zum Vorschein. Kurz darauf war das Loch groß genug, dass Alexander die Kassette an ihrem Griff unter den Wurzeln hervorziehen konnte. Er reinigte sie mit seinem Taschentuch so andächtig, als halte er eine kostbare Reliquie in den Händen.
    Und wer konnte schon sagen, ob der unscheinbare Kasten nicht etwas Ähnliches enthielt?
    «Öffnen werden wir sie woanders», sagte Alexander mit einem misstrauischen Seitenblick in Richtung der abgebrannten Kirche. «Ich habe das Ding nicht hier vergraben, damit die Bullen uns dabei über die Schulter gucken.»
    Sie gingen zu Elenas Wagen und fuhren den Weg zurück, den sie gekommen waren. Etwa drei Kilometer hinter der Baustelle hatte die Straße sich ein gutes Stück vom Abhang entfernt. Auf Alexanders Wunsch hin lenkte Elena den Fiat über einen äußerst holprigen Feldweg, der nicht für Autos gedacht war und für ein größeres Fahrzeug auch viel zu schmal gewesen wäre. Immer wieder peitschten die Äste von Erdbeerbäumen, die den Weges-rand säumten, gegen Scheiben und Karosserie. Plötzlich öffnete sich das Buschwerk und Elena konnte gerade noch rechtzeitig bremsen. Der Fiat stand auf einem kleinen Vorsprung direkt am Abhang über dem See. Einen Meter weiter, und der Wagen wäre im wahrsten Wortsinn über das Ziel hinausgeschossen.
    Sie stiegen aus und blickten hinunter in den Talkessel, auf den vom Wind leicht gekräuselten See. Ein einsames Segelboot kreuzte gemächlich auf dem Wasser. Am Ufer, direkt unterhalb des felsigen Vorsprungs, standen ein paar einzelne Gebäude, dem Anschein nach Urlaubs- oder Wochenendhütten. Aus einem Schornstein stieg eine dünne graue Rauchfahne, die sich nach und nach im Wind auflöste. Alexander stellte sich vor, dass Boot und Hütte zusammengehörten und dass, wenn der Segler heimkehrte, ein kräftiger Imbiss auf ihn wartete. Wer auch immer die Menschen da unten waren, sie konnten Alexander und Elena nicht stören. Der Höhenunterschied von mehr als hundertfünfzig Metern war wie eine Kluft zwischen zwei Welten.
    Elena öffnete die Fronthaube des Fiats und kramte eine kleine Werkzeugtasche hervor. «Hier drin müssten wir

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